Sterntaler-SyndromWarum mehr Lohn nicht vom Himmel regnet

Der Salär steigt nicht automatisch mit dem Engagement. Gehaltserhöhungen regnen nicht vom Himmel, sondern erfordern Selbstbewusstsein und Verhandlungsgeschick. Was Frauen beachten müssen, um das Gehalt ihrer Träume zu bekommen.

Lohn und Gehalt richtig verhandeln

Nina sitzt in einem Vorstellungsgespräch. Sie ist aufgeregt, denn es geht um ihren Traumjob: Als Eventmanagerin einer angesagten Agentur könnte sie Züricher Kunstevents organisieren und Kooperationen mit internationalen Galerien starten. Nina hat lange auf diese Chance hingearbeitet. Sie studierte International Business in Basel, danach arbeitete sie als Marketingassistentin in Paris.

Mit ihren 28 Jahren hat sie das passende Knowhow und bringt internationale Berufserfahrung mit. Der Agenturchef ist beeindruckt. Er möchte Nina zum nächstmöglichen Termin einstellen - und fügt in einem Nebensatz hinzu, dass sich der Bruttolohn auf 48 000 CHF beläuft. Nina wird stutzig. 4000 CHF im Monat? Das ist bei diesem Arbeitspensum nicht viel. Doch Nina lässt sich nichts anmerken, bleibt freundlich und sagt zu. Sie ist zuversichtlich: Wenn die Agentur erst einmal sieht, wie engagiert sie arbeitet, wird ihr Lohn mit der Zeit steigen.

Das Bescheidenheits-Gen

Sie würden es auch so machen wie Nina? Dann gehören Sie zu den Frauen, die in die typische Gehaltsfalle tappen. Was nach aussen hin wie eine höfliche Zurückhaltung wirkt, ist einer der Gründe für die Lohnungleichheit zwischen Mann und Frau. Dennviele Frauen verhandeln ihr Gehalt durch ihre bescheidene, scheinbar anständige Haltung falsch. In der Forschung hat dieses Phänomen bereits einen Namen: Das «Bescheidenheits-Gen». In einer Untersuchung der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Ingolstadt gaben 180 Akademikerinnen an, was Ihnen bei der Jobwahl wichtig ist. Das Gehalt rangierte im Durchschnitt auf Platz 26. Das lege, so die Forscher, die Vermutung nahe, dass Frauen wenig Interesse am Geld haben und dementsprechend lasch verhandeln.

Die Aschenputtel-Strategie

Verhaltensexpertin Claudia Kimich kritisierte in der Financial Times, dass Frauen bewusst zu wenig Gehalt verhandeln mit der Annahme, dass sie eine Gehaltserhöhung bekommen, wenn sie fleissig arbeiten. Ganz nach Aschenputtels Motto: sei bescheiden und arbeite, dann kommt das Glück schon von allein. Dabei ist es besser, das Gehalt offensiv zu verhandeln. Und zwar von vorne herein. Dennoch verdienen Frauen in der Privatwirtschaft 18,4 Prozent weniger als Männer, so eine Analyse des Statistischen Bundesamtes, in Kaderstellen sind es sogar 29,1 Prozent. Liegt es also daran, dass Karrierefrauen an Arbeitsmärchen glauben? 

Buchtipp:

In ihrem Karriere-Ratgeber «Wie Aschenputtel Karriere macht» erklärt Cary J. Broussard, wie ein modernes Aschenputtel sich das Königreich strategisch erarbeiten würde. Aber auch Schneewittchen, Dornröschen und Däumelinchen müssten sich heute den Ruhm anders erkämpfen.

Verhandeln macht Frauen unbeliebt

Hinter der Lohnungleichheit verbirgt sich mehr als nur ein Y-Chromosom und das Bescheidenheits-Gen. Zufolge einer Studie von Harvard-Professorin Riley Bowles, seien Frauen schlecht angesehen, wenn Sie um eine Gehaltserhöhung bitten. Männliche Vorgesetzte fänden jene Mitarbeiterinnen weniger nett und ihre Ansprüche oft übertrieben, so Bowles in einem Interview mit dem Karriere-Journal von Monster.

Was müssen Frauen also tun, um ihre verdiente Gehaltserhöhung zu bekommen? Mit einer klugen Vorbereitung können sie ein angemessenes Gehalt mit ihrem Arbeitgeber verhandeln.

Gehen Sie mit klaren und begründeten Lohnvorstellungen ins Gespräch

Verhandeln Sie selbstbewusst und sachlich. Dafür ist eine gründliche Vorbereitung auf das Verhandlungsgespräch besonders wichtig. Informieren Sie sich vorher über das übliche Gehalt in Ihrer Branche. So können Sie in der Verhandlung sachlich und souverän argumentieren. Einen Lohnrechner für Ihre Berufssparte stellen das Bundesamt für Statistik und der Schweizerische Gewerkschaftsbund zur Verfügung. Auch wenn Durchschnittslöhne für Frauen und Männer getrennt aufgeführt sind, sollte dies kein Grund für Sie sein sich auf die tieferen Löhne von Frauen zu beziehen. Unterschiedliche Löhne nach Geschlechtern sind schlichtweg ungesetzlich.  Hilfreich: Befragen Sie auch Ihre männlichen Kollegen nach deren Gehalt. Machen Sie sich auf dieser Recherchengrundlage eine klare Gehaltsvorstellung. So können Sie offensiv das angemessene Gehalt verhandeln.

Im Gespräch: klare Ziele setzen

Steigen Sie bei Ihrem Gehaltsvorschlag nicht zu tief ein. Überlegen Sie vorher, wie gross ihre Lohn-Bandbreite ist und setzen oben an. Geben Sie Ihrem Vorgesetzten ein Resümee Ihrer Arbeit: Was sind Ihre Stärken? Welches Knowhow bringen Sie mit? Welche Aufgaben haben Sie erfolgreich gemeistert? In welchen Bereichen wollen Sie sich gerne weiterbilden?

Sollte Ihr Vorgesetzter Ihnen jetzt noch keine Gehaltserhöhung geben, seien Sie nicht enttäuscht. Klären Sie stattdessen ab, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Gehaltserhöhung geplant ist. Wie das Gespräch auch verläuft, setzen Sie stets klare Ziele.        

Buchtipp:

Kommunikations-Trainerin Dr. Cornelia Topf kennt die Selbstsabotage-Strategien von Frauen – aber auch die fiesen Tricks, mit denen Chefs den Frauenlohn runter stufen. In ihrem Ratgeber «Gehaltsverhandlungen für freche Frauen - Fordern Sie, was Sie verdienen - und bekommen Sie, was Sie wollen!» schreibt sie, wie Frauen klüger vorgehen.

Im Falle Lohndiskriminierung

Sollten Sie allerdings vermuten, dass in Ihrem Betrieb Lohndiskriminierung besteht, sammeln Sie erst Beweise. Befragen Sie andere, vor allem männliche Mitarbeiter nach ihrem Gehalt. Der Arbeitgeber darf seinen Mitarbeitern nicht untersagen, über den Lohn zu sprechen - auch wenn diese Regelung in manchen Betriebsordnungen steht. Sollten Sie eine Lohnungleichheit zwischen Kollegen und Kolleginnen feststellen, sprechen Sie ihren Vorgesetzten darauf an. Ausserdem sollten Sie sich umfassend über das Gleichstellunggesetz informieren. 

Eine gute Orientierung bei der Lohnverhandlung bieten Ihnen folgende Broschüren:

Mit einem Klick können sie die Broschüren einfach downloaden.

Rechtliche Massnahmen      

Sollte Ihr Arbeitgeber nichts gegen die Lohndiskriminierung in Ihrem Betrieb unternehmen, können Sie sich an externe Institutionen wenden. Informieren Sie sich, ob es einen Gesamtarbeitsvertrag zwischen Ihrem Arbeitgeber und einer Gewerkschaft gibt. In diesem Fall können Sie sich an die Gewerkschaft wenden. Ansonsten können Sie ein kostenloses Schlichtungsverfahren einleiten. Wie solch ein Verfahren in welchem Kanton abläuft, finden Sie unter gleichstellungsgesetz.ch.  

Lesen Sie zu diesem Thema auch «Zahltag! Verdienen Sie denselben Lohn wie Ihr Kollege?».

Bild: iStock

Mehr dazu