Shared Love Das solltest du über Polyamorie wissen

Immer häufiger entscheiden sich Menschen und Paare dafür, ihre Liebe mit mehr als einer Person zu teilen. Dennoch stossen sie damit in der Gesellschaft nach wie vor auf viel Ablehnung. Wieso ist das so und sollten wir unser Bild von der «perfekten Beziehung» überdenken? Was du über Polyamorie wissen musst.

Drei Personen stehen in der Stube nebeneinander. In der Mitte steht eine Frau, links und rechts davon je eine männlich gelesene Person, die ihre Köpfe auf die Schulter der weiblich gelesenen Person legen.
Was du über polyamouröse Beziehungen wissen musst. © FG Trage / E+

«Share your Love» – ein vielzitierter Satz, der uns sowohl in Liedern wie auch in Werbungen immer wieder begegnet. Doch auch in der Gesellschaft teilen Menschen ihre Liebe immer öfter mit mehreren Menschen gleichzeitig. Genannt wird das Beziehungsmodell der geteilten Liebe Polyamorie.

In der breiten Bevölkerung herrschen jedoch noch immer viele Vorurteile gegenüber Menschen, die sich bewusst gegen Monogamie als ihr Beziehungsmodell entscheiden. Polyamorie scheint auch heute noch nicht dem Bild der «perfekten Beziehung» zu entsprechen. Wir zeigen dir, was Polyamorie bedeutet und welchen Herausforderungen sich polyamourös Liebende konfrontiert sehen.

Definition: Was bedeutet Polyamorie?

Polyamorie ist ein Kunstbegriff, der gegen Ende der 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts erfunden wurde. Er setzt sich aus den beiden Wörtern «poly» (viel, mehr) und «amor» (Liebe) zusammen. Unter polyamourösen Beziehungen versteht man also jegliche Art von Liebesbeziehungen mit mehr als einer Person. 

Die Beziehungen können aus drei oder mehr Personen bestehen, wobei nicht alle Partner:innen polyamourös leben müssen. Es kann also gut sein, dass nur jemand eine Beziehung mit mehreren anderen Personen gleichzeitig führt und die Partner:innen eine monogame Beziehung führen. Sprich: Wenn dein:e Partner:in polyamourös lebt, heisst das nicht, dass du auch mehrere Partner:innen haben musst.

Es ist zudem wichtig, polyamouröse Beziehungen von offenen und polygamen Beziehungen zu unterscheiden. Im Zentrum von polyamourös lebenden Menschen stehen die Gefühle und die Zuneigung, die sie gegenüber ihren Partner:innen empfinden.

Was ist der Unterschied zwischen Polyamorie und Polygamie?

Als Polygamie wird die Viel-Ehe bezeichnet. Diese ist in gewissen Ländern und Kulturkreisen erlaubt, in der Schweiz jedoch verboten. Polygamie kann jedoch auch bedeuten, verschiedene Partner:innen im Bett zu haben.

Sind polyamouröse und offene Beziehungen das Gleiche?

Die Gefühle gegenüber den Partner:innen stehen im Zentrum der Beziehung polyamourös lebender Menschen. Im Gegensatz dazu geht es in offenen Beziehungen vor allem darum, die Lust auszuleben. Was beiden Beziehungsmodellen gemein ist, ist die Einvernehmlichkeit. Es handelt sich weder bei offenen noch bei polyamourösen Beziehungen um Fremdgehen, da alle beteiligten Partner:innen wissen, dass körperliche Intimitäten mit anderen Personen möglich ist.

Polyamorie in der Schweiz

In der Schweiz kümmert sich der Verein für Alternative Beziehungsformen, zu dem auch Polyamorie.ch gehört, um alle Fragen rund um Polyamorie.

Wie gelingt Polyamorie?

Wie in jeder Beziehung braucht es in Poly-Beziehungen gewisse Regeln, die miteinander geklärt werden müssen. Damit eine polyamouröse Beziehung funktioniert, sollten einige Dinge berücksichtigt werden.

  • Kommunikation ist das A und O: Kommunikation ist für jede Art von Beziehung wichtig. Gerade in polyamourösen Beziehungen ist es aber umso wichtiger, miteinander zu sprechen. Specht auch über Dinge, die unter Umständen schmerzhaft oder unangenehm anzusprechen sind.
  • Vertraut einander: Ohne Vertrauen können Beziehungen nicht funktionieren. Da du deine:n Partner:in mit mindestens einer andere Person teilst, ist es wichtig, allen Beteiligten genügend Vertrauen zu schenken. Gerade in alternativen Beziehungsmodellen kann es schnell zu Eifersucht kommen. Sprich diese wenn nötig an und sucht zusammen nach einer passenden Lösung.
  • Seid stets ehrlich zueinander: Wir verändern uns alle mit der Zeit. Das kann sich auch auf unser Leben zu Zweit auswirken. Vielleicht warst du früher glücklich in der Poly-Beziehung, jetzt stimmt es aber nicht mehr. Es ist wichtig, auch solche Angelegenheiten in der Beziehung ansprechen zu können.
  • Definiert gemeinsam Grenzen: Ob im Bett oder bezüglich der involvierten Personen – klar definierte Grenzen können das Zusammenleben in polyamourösen Beziehungen nicht nur vereinfachen, sondern diese gar erst ermöglichen.  
  • Unterstützt euch gegenseitig: In einer Beziehung gilt es, gemeinsam zu wachsen. In Poly-Beziehungen gibt es genügend Platz zum gemeinsamen sowie individuellen Wachsen für alle. Dazu gehört auch der Umgang mit Gefühlen wie Eifersucht. Nimm dich dem an und zeige Verständnis.

Weshalb gilt Monogamie noch immer als das Nonplusultra?

Eigene Meinung: Unsere Gesellschaft ist geprägt von verschiedenen Rollenbildern und hat von einigen Dingen bestimmte Vorstellungen, wie sie zu sein haben oder was als «normal» gilt. Diese Bilder werden unter anderem durch die Filmindustrie, Werbungen und Social Media gestützt. Hier sind monogame Beziehungen deutlich präsenter und vor allem positiver dargestellt. Oder kennst du einen Film, in dem eine polyamoräse Beziehung in gutem Licht dargestellt wird? Ich nicht. Ich finde es wichtig, verschiedene Beziehungsmodelle auch in den Medien zu repräsentieren, um dafür ein Bewusstsein zu schaffen. Dabei sollte es nicht um die Bewertung der einen gegenüber der anderen Beziehungsform gehen. Vielmehr sollte eine Awareness für die vielen möglichen Beziehungen geschafft werden. Ohne «normal» und ohne Moral.

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