LiposuktionBitte einmal alles absaugen, Frau Doktor!

INTERVIEW Schön wäre es! Und tatsächlich legen sich die Schweizer für keine andere Schönheits-OP häufiger hin. Dabei ist eine Liposuktion für die Gewichtsreduktion gar nicht geeignet. Die plastische Chirurgin Cynthia Wolfensberger erklärt, wann Fettabsaugen Sinn macht, wie eine gute Behandlung abläuft und mit welche Kosten und Komplikationen man rechnen muss.

Wann eine Liposuktion sinnvoll ist und mit welchen Kosten und Nebenwirkungen man rechnen muss.

Liposuktionen sind die häufigsten Schönheitsoperationen in der Schweiz. Warum ist das so?

Nach einer Liposuktion sehen die Menschen nicht, was gemacht wurde, sondern nur die äussere Narbe. Weil es nur drei, vier Millimeter lange Einstiche gibt, haben sie das Gefühl, es sei ein winziger Eingriff für viel Erfolg. Was natürlich Quatsch ist, weil unter der Haut viel Heilung stattfinden muss.

Wieso halten so viele die Liposuktion für harmlos, wenn sie es gar nicht ist?

Sie sehen im Fernsehen zusammengeschnittene Filme von Menschen, die sich bei einer Lokalanästhesie Fett absaugen lassen - und dann Schnitt, alles ist wunderbar. Die Zeit danach, in der die Patienten heilen müssen, in der der Körper vielleicht blau ist und sie Schmerzen haben, die sieht man im Fernsehen nicht.

Die Liposuktion ist eine Möglichkeit zur Formoptimierung - und nur zur Formoptimierung.

Sind Patienten heute schneller bereit zu einer OP?

Ich weiss nicht, ob die Patienten heute schneller bereit dazu sind, aber es gibt mehr Menschen, die sich eine Schönheitsoperation leisten können und es gibt auch sehr viele mehr Anbieter für plastische Chirurgie. Deshalb denkt man vielleicht häufiger über einen Eingriff nach. Aber wenn die Patienten ehrlich aufgeklärt werden, dann sind sie nicht schneller bereit als früher.

Vielleicht nimmt die Zahl an Liposuktionen auch zu, weil Schlanksein als erstrebenswertes Schönheitsideal gilt. Kann man mit einer Liposuktion sein Gewicht reduzieren?

Nein, die Liposuktion ist eine Möglichkeit zur Formoptimierung - und nur zur Formoptimierung. Die reduzierte Kilomenge ist immer sehr bescheiden. Viele werden enttäuscht sein, wenn sie ihr Glück in der Zahl auf der Waage suchen.

Vor allem Frauen lassen Liposuktionen machen.

Alle Schönheits-OPs machen mehr Frauen als Männer. Weil Frauen in unserer Gesellschaft stärker auf ihre Hülle reduziert werden und auch stärker darauf achten. Männer, die etwas machen lassen, möchten oft beruflich aufsteigen und meinen, dass sie zum Beispiel zu müde aussehen. Sie möchten sich durch eine OP Wettbewerbsvorteile verschaffen. Wer den Aufstieg dagegen schon erreicht hat, den interessieren Schönheitsoperationen meistens nicht. Im höheren Kadern - das sieht man ja auch an Frau Merkel - ist das Aussehen egal.

Über Dr. med Cynthia Wolfensberger

Dr. med. Cynthia Wolfensberger in ihrer Praxis für aesthetische und plastische ChirurgieDr. med. Cynthia Wolfensberger ist Fachärztin für plastische und wiederherstellende Chirurgie. Nach dem sie sowohl am Universitätsspital Zürich als auch in Langnau und Basel verschiedene Oberarztstellen inne hatte und an der Universität unterrichtete, zog es sie in die private Praxis nach Zürich. Dort berät sie Ihre Patienten zur ästhetischen und plastischen Eingriffsmöglichkeiten von Kopf bis Fuss und führt sämtliche Operationen selbst durch.

doctorcynthia.ch

Für welche Patienten ist eine Liposuktion sinnvoll?

Eine Liposuktion eignet sich dann für einen Patientin, wenn sie eine diätresistente Problemzone hat. Wenn die Wurst unter dem Bauchnabel oder die Reserve an den Reiterhosen nicht weg will, egal wie viel sie abnimmt, aber die Problemzone bleibt - dann ist Fettabsaugung eine Möglichkeit.

Sollte eine Liposuktion deshalb am besten nach dem Abnehmen gemacht werden?

Ja, oder wenn man schon weiss, dass sich mit einer Diät an der Problemzone nichts ändern wird.

Stimmt es, dass wenn man nach einer Liposuktion stark zunimmt, der Körper unförmig werden kann?

Die Fettzellen die weg sind, sind weg. Nur wenn man sehr stark zunimmt, bildet der Körper neue Fettzellen nach. In der Regel werden beim Zunehmen die bestehenden Fettzellen grösser. Wenn man nach einer Fettabsaugung zunimmt, dann werden deshalb die Areale die nicht behandelt worden sind, stärker zunehmen als das abgesaugte Areal. Denn dort gibt es ja nun weniger Fettzellen. Wenn jemand an einer Stelle sehr viel Fett abgesaugt hatte, dann ist es möglich, dass das Areal schlanker aussieht als der Rest. Zum Beispiel bei einer Reiterhose kann das komisch ausssehen. Wenn man die abgesaugt hat und dann zunimmt, nimmt man nur am Bauch und am Po zu, aber nicht dazwischen.

Ob das Ergebnis von Dauer ist, hängt also auch vom Verhalten des Patienten ab.

Ja, aber das ist mit vielen Schönheits-OPs so. Wenn man ein beständiges Resultat haben möchte, egal bei welcher Operation, dann sollte man darauf achten, dass möglichst viele Einflussfaktoren nach der Operation gleich bleiben.

Wie entscheiden Sie, wo und wie viel Fett abgesaugt wird?

Wo entscheidet die Kundin. Sie sagt, was sie stört. Es kommen Frauen zu mir, die Kleidergrösse 32 haben, aber für Hosen 34 kaufen müssen, weil sie solche Reiterhosen haben. Das sind dann 50, vielleicht 100 Gramm Fett, die pro Seite abgesaugt werden. Und dann kommen Leute, weil sie ihr Bauch stört - das sind dann 2 Liter.

Wo am Körper kann man Fett absaugen?

Eigentlich überall. Typisch sind Bauch und Oberschenkel. Etwas seltener sind «Man Boobs». Dabei erzielt man meist ziemlich gute Ergebnisse. Ein sehr beliebter Ort zum Absaugen sind auch die so genannten «Love Handels», die «Pirelli-Schwimmreifen» an der Hüfte.

Fettabsaugen ist wie Staubsaugen auf einem Flokatiteppich.

Man kann aber nicht unbegrenzt Fett absaugen. Wo liegt die Obergrenze?

Ambulant - also so, dass man am gleichen Tag wieder nach Hause kann - wird in aller Regel nicht mehr als 3 Liter abgesaugt. Schönheitsoperationen, bei denen man das Risiko eingeht, dass die Patienten danach auf einer Intensivstation betreut werden müssen, sind ohnehin pervertiert. Das würde ich nie tun. Aber es gibt Kollegen, die das machen.

Wieso kommt überhaupt zu einer solchen Gefährdung? Der Körper braucht das überschüssige Fett doch nicht?

Je mehr man absaugt, umso mehr Flüssigkeit braucht man und umso stärker wird der Elektrolythaushalt gestört. Wenn der Elektrolythaushalt zu stark durcheinander gebracht wird, schlägt das auf das Herz und kann zu einem Organversagen führen. Dann muss man die Organe intensiv überwachen. Ich sehe aber nicht ein, dass man dieses Risiko ohne gesundheitliche Gründe eingeht.

Fett absaugen: die plastische Chirurgin Cynthia Wolfensberger über die Behandlungserfahrung, Preise, Komplikationen

Voher-Nachher-Bilder von Fettabsaugungen sind in der Schweiz zwar erlaubt: Cynthia Wolfensberger lehnt sie trotzdem ab, weil viel geschönt werde und falsche Erwartungen geweckt werden. Bild: iStock

Wenn ich mich zu einer Liposuktion entscheide, wie läuft der Eingriff ab?

Zuerst zeichne ich im Stehen auf dem Körper ein, welche Fettpolster die Patientin stören und abgesaugt werden sollen. Nach dem Desinfizieren spritze ich ein Medikamentengemisch in das Gebiet. Das Medikamentengemisch besteht aus einem Lokalanästethikum, das das ganze Areal betäubt, und aus viel Wasser und einem Medikament, das die Gefässe verengt. Denn beim Stochern danach werden eben auch Gefässe verletzt. Wenn die zuvor eng gestellt sind, verliert man weniger Blut. Wenn alles wirklich schön taub ist, gehe ich über zwei, drei Stiche mit einer Kanüle hinein und sauge von verschieden Stellen ab. Fettabsaugen ist wie Staubsaugen auf einem Flokatiteppich: Ich fahre nicht nur einmal drüber und habe dann alle Brotbrösel aufgesaugt, sondern ich muss drüber und drüber und drüber, bis alles schön dünn und gleichmässig ist.

Wie lang dauert der gesamte Eingriff?

Das hängt davon ab, wie gross das Areal ist und wie viel Fett man absaugen möchte. Vom Einzeichnen bis zum Anlegen des Kompressionsanzugs nach dem Eingriff vergehen zwei bis drei Stunden. Aber die Liposuktion ist nicht abgeschlossen, wenn die Operation vorüber ist. Die Kompressionswäsche - ähnlich der figurformenden Spandex-Wäsche - trägt der Patient dann noch weitere drei bis sechs Wochen, um das Gewebe wirklich in die Form zu zwingen, in der man es haben möchte.

Viele Patienten berichten, dass die Flüssigkeit, die vor der OP eingespritzt wurde, erst nach dem Eingriff nach und nach wieder austritt. Das klingt unangenehm.

Das stimmt, teilweise tritt die Flüssigkeit erst nach dem Eingriff aus. Ein Teil ist aber schon während der Liposuktion mitabgesaugt worden. Ein weiterer Teil wird über die Niere ausgeschieden. Und der Rest kommt in den ersten 24 Stunden aus den Einstichlöchern wieder raus. Danach sind die Löcher zu, da fliesst dann nichts mehr. Damit aber eben diese Flüssigkeit nicht im Bett landet, lege ich den Patienten nach dem Eingriff einen grossen Saugverband aus einer Art Windelmaterial an. Es gibt aber auch Chirurgen, die sich diesen Saugverband sparen. Dann kann das eine ziemlich feuchte Angelegenheit werden.

Ist auch deshalb die Preisspanne für eine Liposuktion so breit? Es gibt Angebote von 4000 bis 16000 Franken.

Das ist ein Grund dafür, es gibt aber viele weitere Punkte, wo der Chirurg die Kosten senken kann. Der Preis hängt beispielsweise auch davon ab, ob die Kunden die Kompressionswäsche zusätzlich kaufen müssen oder ob sie inbegriffen ist, ob sie danach noch liegen bleiben können und betreut werden oder ob sie gleich heimgehen müssen. Aber auch wenn ein Chirurg ausschliesslich Liposuktionen anbietet, wird es in der Regel günstiger. Letztlich hängt es aber auch vom Arzt selbst ab. Hat ein Arzt sich gleich nach dem Staatsexamen spezialisiert, dann sind auch Weiter- und Ausbildungskosten geringer.

Wie lange fällt man nach einer Liposuktion aus?

Das kann man nicht pauschalisieren. Es gibt Menschen, die gehen noch am gleichen Abend wieder aus, andere können nach zwei Wochen noch nicht wieder arbeiten.

Eine Operation ist kein Friseurbesuch und hat immer Risiken.

Variieren auch die Schmerzen so stark von Patient zu Patient?

Ja, denn auch das Schmerzempfinden ist sehr individuell.

Als Patient will ich doch vorher wissen, worauf ich mich einlasse. Worauf sollten sich Patienten jedenfalls gefasst machen?

Auf einen ziemlichen Muskelkater! Ich liebe den Muskelkater als Vergleich. Muskelkater kann alles sein. Ein Muskelkater kann so stark sein, dass ich morgens nicht mehr aus dem Bett komme oder so, dass man nur immer wieder mal ein leichtes Ziehen spürt und denkt: «Ach ja, da war ja was gestern.»

Welche Komplikationen können bei einer Liposuktion auftreten?

Blutergüsse, stärkere Blutungen, Infektionen, Narbenproblematik, verklebende Haut mit der Muskulatur, Assymetrie, Absterben von Haut und von Fettgewebe, allergische Reaktionen auf eine der Komponenten der Medikamente, die man spritzt, Nervenschädigungen durch einen zu engen Verband, Schädigung der Lymphbahnen durch das Absaugen und Lymphstau, wenn man am Bauch absaugt. Wenn aus welchen Gründen auch immer, das Fett zu hart ist und man zu stark gestossen hat, wurden sogar schon Verletzungen des Darms, der Leber, der Milz und der Lunge beschrieben.

Das sind aber wirklich viele. Wie wahrscheinlich sind diese dramatischen Komplikationen?

Sie sind unwahrscheinlich, aber möglich. Eine Operation ist eine Operation ist eine Operation. Eine Operation ist kein Friseurbesuch und hat immer Risiken.

Welche Komplikationen sind dagegen häufig?

Blutergüsse, Dellen und Asymmetrien. Theoretisch können Blutergüsse auch zu Verfärbungen führen oder statt sich aufzulösen  abkapseln, so dass der Körper rundherum Narbengewebe bildet. Das ganze kann sogar verknöchern oder sich daraus eine Kalkschale bilden. Die kann man durch eine Operation wieder entfernen, aber alles, was man zusätzlich machen muss, ist natürlich wieder ein Eingriff und verbunden mit neuen Risiken.

Welche Komplikationen sind bei Ihnen bei einer Liposuktion bisher vorgekommen?

Beim Fettabsaugen habe ich kaum grössere Komplikationen erlebt. Dellen, die man noch nachbehandeln musste, gab es schon, aber keine langdauernde Hämatome oder Nervenschädigungen.

Wenn Sie Patient wären, wie würden Sie einen Arzt aussuchen?

Ich würde mich umhören, wer bei wem schon was gemacht und wie zufrieden er danach war. Ich würde mehr als einen Arzt aufsuchen und mich mit ihnen unterhalten. Ich muss mir sicher sein, dass der Arzt für mich da ist, wenn irgendetwas nicht so läuft, wie es sollte und dann nicht mir die Schuld gibt und mich nicht mehr behandeln will. Denn wenn man in so einer Situation nicht miteinander kommunizieren kann, verliert man Zeit. Zeit, die der Körper dazu verwendet, so zu verheilen, wie wir es eben nicht wollen. Da muss man wirklich schnell reagieren.

Weil nach manchen OPs ein weiterer Eingriff gemacht werden muss?

Ja, wenn ich zum Beispiel das Gefühl habe, dass die Haut mit der Muskulatur verklebt ist und ich warte und warte, dann verklebt das noch stärker und verwächst vielleicht irgendwann. Wenn es nur verklebt ist, kann der Arzt mit einem zweiten Eingriff möglichst bald nach der Liposuktion etwas dazwischen bringen und das korrigieren. Patienten sollten also herausfinden, ob der Arzt jemand ist, mit dem sie sich auch in einer ungemütlichen Situation unterhalten können.

Was war für Sie der längste Zeitraum bis nach einer Liposuktion inklusive Nachbehandlungen alles abgeschlossen war?

Ein halbes Jahr.

Das Beratungszentrum Acredis und auch die SPO Patientenschutz empfehlen Patienten, sich an einen Spezialisten zu wenden, der eine möglichst hohe Zahl an Behandlungen nachweisen kann. Was für eine Zahl ist angemessen?

Wenn jemand etwas nicht kann und es sehr oft macht, wird es nicht besser. Und wenn es eine Operation ist, die nicht oft vorkommt, dann wird niemand grosse Fallzahlen haben. Man kann nachfragen und hoffen, dass man eine ehrliche Antwort bekommt. Aber ich bin nicht davon überzeugt, dass eine Klinik, die sich nur auf Fettabsaugungen spezialisiert, bessere Resultate erzielt als ein Arzt, der vielen verschiedene plastische Operationen macht.

Übung macht beim Fettabsaugen also nicht den Meister?

Wenn man immer das gleiche macht, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man wird wirklich gut darin oder man langweilt sich und macht bei seiner Arbeit deshalb mittelmässig. Wenn ein Chirurg eine OP zwar selten, aber sehr gerne macht, dann kann er auch sehr gute Resultate erzielen, weil es dann eben ein besonderer Leckerbissen für ihn ist. Er gibt sich dann besonders Mühe, weil er es eben nicht tagein tagaus macht und gerade eigentlich viel lieber Golf spielen würde. Komplikationen kann es jedenfalls bei allen Chirurgen geben. Hohe Fallzahlen werden einen davor nicht schützen.

Wie können Patienten unseriöse Angebote erkennen?

Unseriöse Angebote erkennt man, wenn der Arzt im Erstgespräch auf einen schnellen Abschluss drängt und einen unbedingt verpflichten möchte. Wenn man an einen Verkäufer gerät, der die Versprechungen wahnsinnig gross und die Komplikationen wahnsinnig klein redet.

Auf Ihrer Webseite sucht man vergebens nach gängigen Marketing-Begriffen für Fettabsaugung wie Lipoforming oder Bodystyling.

Ich habe keine solchen Begriffe auf meiner Webseite, weil ich nicht dahinter stehen könnte. Ich bin Ärztin, die auch ein Unternehmen führt. Und nicht Unternehmerin, die auch noch Ärztin ist. Mein Fokus liegt auf der Beratung. Meine Erstkonsultationen kosten Geld. Denn meine Patienten sind an meinem Wissen interessiert und das ist mein Gut, das ich verkaufe. Wäre ich Unternehmerin und erst in zweiter Linie Ärztin, wäre die Operation mein Gut. Dann wären meine Erstgespräche Verkaufsgespräche und gratis, weil es darum ginge Operationen zu verkaufen.

Es ist also nicht unbedingt ein Nachteil für den Patienten, für ein Erstgespräch zu bezahlen.

Weil ich einen Preis dafür verlange, kann ich im Erstgespräch in aller Ruhe beraten und informieren, Ich kämpfe nicht mit der Konkurrenz um Marktanteile, weil ich mich nicht auf Liposuktion spezialisiere und viele andere Behandlungen anbiete, bei denen ich viel weniger Konkurrenz habe. Wenn ich nur Liposuktion anbieten würde, müsste ich dagegen sehr genau kalkulieren, um überhaupt konkurrenzfähig zu sein und könnte mir für Beratungen nicht mehr so viel Zeit nehmen. Gerade bei Fettabsaugungen gibt es einen harten Preiskampf, denn es gibt viele Chirurgen, die nichts anderes tun. Diese Ärzte haben eine deutlich schlankere Infrastruktur. Damit kann ich nicht konkurrieren, deshalb versuche ich es erst gar nicht. Das sind auch oft Ärzte, die keine Fachausbildung in plastischer Chirurgie haben, sondern sondern sich sehr schnell nach Abschluss ihres Medizinstudiums dazu entschlossen haben, sich auf Fettabsaugungen zu spezialisieren. Das ist zwar ein gutes Geschäftsmodell, aber nicht meine Art der Arbeit.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der ästhetischen Schönheitschirurgie?

Dass sich Patienten mit Menschen austauschen, die etwas davon verstehen. In Internet-Foren führen die Blinden die Einäugigen. Irgendwelche Frauen schreiben: «Mir hat mein Arzt nur so und so viel abgesaugt, kann das gut kommen?» Dann werden vollkommen unqualifizierte Antworten gegeben und behauptet, man solle dieses oder jenes machen. Einer behauptet sein Arzt habe das gesagt, der andere etwas anderes, und am Ende sind die Patienten nur noch verunsichert. Wenn ich einer Patientin dann im Beratungsgespräch erklären muss, warum diese und jene Halbwahrheit nicht stimmt, wird es wahnsinnig schwierig.

Wo soll man sich denn sonst vor einem Beratungsgespräch informieren?

Man kann das Internet natürlich konsultieren, aber man darf nicht alles für bare Münze nehmen. Es wird viel geschönt. Photoshop ist allgegenwärtig. Darum ist es in Deutschland nicht mehr erlaubt Vorher-Nachher-Bilder ins Netz zu stellen. In der Schweiz ist es nicht verboten, aber ich mache es einfach nicht. Wenn ich zwei Fotos ins Netz stelle, dann kommt die nächste Frau und meint, sie will genauso aussehen, dabei hat sie vielleicht ganz andere Voraussetzungen. Die Bilder wecken eine Erwartungshaltung, die man kaum wieder aus dem Kopf bekommt und das ist überhaupt nicht hilfreich für eine sachliche Diskussion darüber, was wirklich möglich ist.

Titelbild: Fuse; Interview: 07.01.2016

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