Mode Suisse x femelleVerbotene Denim-Phantasien

Die Mode Suisse ist während ihrer 18. Edition bei femelle zu Gast und gewährt Einblicke in ihr Adressbüchlein: Jede Woche werfen wir bei angesagten Schweizer Designerinnen und Designern einen Blick über die Schultern. Diese Woche mit Designer Mikael Vilchez von Forbidden Denimeries.

Designer Mikael Vilchez

Eine Welt aus verbotenem Material, in der Latino-Popkultur Ikonen wie Jennifer Lopez Inspirationsquellen sind: «Forbidden Denimeries treibt den Jeansstoff an seine Grenzen – Labelgründer Mikael Vilchez verformt ihn zu voluminösen Jacken und pompösen Kleidern sowie zu Hosen, die von der Röhrlijeans direkt in Schlaghosen übergehen», sagt Claudia Schmid, Jurymitglied und Redaktorin beim Tages-Anzeiger und Züritipp. «Das ist übertrieben, cool und sexy.»

Der HEAD – Genève Alumni weiss die Grenzen heteronormativer Rollenbildern aufzubrechen: Seine Liaison mit dem Denim bringen Kreationen hervor, die im Sommer 19 männliche Models in Mermaid-Röcken über den Laufsteg schickten. In Italien hergestellt, will Vilchez zudem Produktionsketten offenlegen. Und so kommt sein Jeansstoff her, wo er einst erfunden wurde, aus Italien. Früher in der Gegend von Genua hergestellt – französisch Gènes – und von Nîmes in die USA verschifft, ist die veramerikanisierte «Denim Jeans» heute das neu interpretierte Forbidden Denimeries aus der Schweiz. 

Du hast dich voll und ganz auf das Material Denim eingelassen – warum und woher die Faszination?

Das geht zurück bis 2015, dem Jahr, in dem ich in Paris bei Balenciaga gearbeitet habe. Meine erste Levis-Denim-Jacke kaufte ich in einem Second-Hand-Laden. Sie war breit an den Schultern, und dank der Straffungslaschen konnte ich sie an der Taille festbinden. Es war ein ziemlich helles stonewashed Blau, aber nicht zu hell. Als ich sie zum ersten Mal anzog, fühlte es sich an, als trüge ich eine Rüstung, die mich gleichzeitig sexy, stilvoll und unbesiegbar machte. Seitdem ist die Jeansjacke zu einer Obsession geworden.

Deine Mode kann man als genderfluid bezeichnen. Was bedeutet für dich Genderfluidität?

Für mich steht im Kontext der Mode Genderfluidität für die Emanzipation der Geschlechtergrenzen, die zwischen einem Damen- und einem Herrenkleidungsstück gezogen werden. Es geht aber nicht darum, das Männliche oder das Weibliche durch eine unisexuelle Sichtweise auszulöschen, sondern darum, das Kleidungsstück als das zu umarmen, was es ist: Ein Objekt, das völlig unabhängig des jeweiligen Geschlechts von einer Person getragen werden kann. In der geschlechtsspezifischen Fluidität sind männliche oder weibliche Codes also frei verwendbar – für Männer wie Frauen.

Du warst im Sommer 19 mit von der Partie, als die Mode Suisse während der New York Fashion Week mit Swiss Touch Presents im Big Apple war – wie konntest du von der Modeszene in New York profitieren?

Meine Erfahrung in New York war einfach magisch. Ich lernte durch das Projekt eine Kundschaft kennen, die ganz anders ist, als die der Schweiz. Diese Stadt strahlt sehr starke Energien aus und ich spürte eine Mode-Euphorie, die den Wunsch nach Neuheit und Originalität mit sich zog.

Nach deiner ersten grossen Kollektion letzten Sommer setzt du nun auf weniger Pieces - warum dieser verkleinernde Schritt?

Auf der Seite des Marktes wurde mir nach und nach klar, dass sich die Jacken und Accessoires am besten verkaufen und dass meine Entwürfe Frauen mehr ansprechen als Männer. Auf der kreativen Seite erlaubt mir das reduzierte Konzept, mich besser auf die Jacke zu konzentrieren, die im Grunde genommen mein Lieblingskleidungsstück ist. So kann ich das Design durch einen verstärkten Kreativitätsprozess steigern. Die Präsentation meiner Arbeit in Form von Einzelanfertigungen statt in Form von saisonalen Kollektionen gewährt mir Unabhängigkeit und ich freue mich sehr darauf, dieses neue Gesicht der Marke zu präsentieren - Denim ist zeitlos!

Glaubst du noch an das Konzept Fashion Week?

Die Tatsache, dass der Kalender der Modewochen so starr ist, passt meiner Meinung nach nicht zum Konzept, das ich neuerdings verfolge und das auf Direktverkäufen und einem Produktionsrythmuses ausserhalb der Saison basiert. Ich produziere weniger, fertige dafür mehr Massanfertigungen an und biete meinen Kunden damit den Luxus, spontan eine neues Kleidungsstück von Dauer zu erwerben.

Was wirst du an der 19. Edition der Mode Suisse im Februar präsentieren?

Ich plane, die erste Ausgabe 20.1 im Dezember online zu lancieren, weil die 18. Edition der Mode Suisse in Genf wegen Covid-19 leider abgesagt werden musste. Ich werde daher sicherlich eine neue Ausgabe für die nächste Mode Suisse präsentieren!

Forbidden Denimeries ist vom 11.12.2020 bis 11.4.2021 in der Ausstellung Wild Thing – Modeszene Schweiz im Museum für Gestaltung Zürich vertreten, an der auch die Mode Suisse in freundlicher Partnerschaft teilnehmen wird. 

Die 18. Edition der Mode Suisse startete am 7. September 2020 in Zürich und endet am 21. November 2020 in Genf. Mehr Informationen auf modesuisse.com.  

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