Mompreneur Renate Fischer«Krone richten, wegstecken und weitermachen.»

PORTRÄT Aus Spass an der Handarbeit beginnt Renate Fischer mit ihrer Freundin Nicole Bussmann Kinderkappen für Familie und Freunde zu nähen. Was fünf Jahre später aus ihrer Idee geworden ist, hätten sich die beiden Mompreneurs nie träumen lassen.

Kinder sitzen in den gleichen Mützen auf dem Boden.
 

Alles beginnt mit der Lieblingskappe von Renates Sohn. Ihre Schwägerin hatte sie aus Dänemark mitgebracht. Seitdem möchte der Sohnemann nichts anderes mehr tragen. Als er aus der Kappe hinauswächst, will Renate selbst eine neue nähen und fragt ihre Freundin Nicole Bussmann um Rat. Die Handarbeitslehrerin ist begeistert und näht auch gleich eine für ihren eigenen Sohn.  

«Und plötzlich wollten alle eine haben!» sagt Renate Fischer.  «Es war nicht unsere Absicht, ein so grosses Geschäft zu machen.» Doch bald experimentieren Renate Fischer und Nicole Bussmann mit verschiedenen Stoffen und entwerfen neue Designs.

Zu den Kinderkappen kommen Kappen für Babys und für Erwachsene. Renate und Nicole verkaufen auf Märkten, finden Stammkunden und taufen ihr neues Label «CHappunzel».

Heute betreiben die beiden einen eigenen Onlineshop und verkaufen ihre Produkte schweizweit.

Femelle.ch hat mit Renate über Kinder, Kappen und die Freude an der Selbstständigkeit gesprochen.

Die Mompreneurin Renate Fischer nähte anfangs nur zum Spass Kappen für Kinder.

Was war deine Geschäftsidee, die wir bisher vermisst haben?

Eine praktische, ultimative CHinderCHappe!

Was hast du vor der Selbstständigkeit gemacht?

Bis zur Geburt unseres ersten Sohnes habe ich mit viel Freude als Reise-Dekorationsgestalterin gearbeitet. Danach hatte ich bis zur Geburt des zweiten Kindes ein kleines Pensum im Verkauf. Sonst bin ich COHA (chief of home affairs).

 Was hat sich für dich durch die Selbstständigkeit am meisten verändert?

Dass man nie fertig ist, egal wo, wann und wie! Es gibt immer was zu tun.

Warum hast du den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt?

Das hat sich so ergeben. Immer mehr Kinder wollten unsere Kappen haben, da haben die Chance ergriffen. Wir haben mit nur einem Kappen-Modell klein angefangen. In der Zwischenzeit haben wir eine Kappe für jeden entwickelt, egal ob für Neugeborene oder Senioren – für alle gibt es die passende CHappunzel! 

Wärst du auch ohne Kind Unternehmerin geworden?

Wer weiss? Ich kann nicht ruhig sitzen und brauche viel Action! Ich könnte nicht ohne Arbeit sein. Ich habe zwei Jahre in Hongkong gelebt und auch da hatte ich mein «little business». Ich bin mit meinen Produkten auf den Markt gegangen und habe mir damit ein gutes Sackgeld verdient.

Das Beste an der Selbstständigkeit? 

Ich kann selbst entscheiden, wann und wie viel ich arbeite. Arbeite ich mehr, verkaufe und verdiene ich mehr, so einfach ist das! Und es ist schön, wenn ich mein eigenes Sackgeld habe und mir, ohne schlechtes Gewissen, mal etwas Schönes gönnen kann. Wir würden unsere Kappen gerne noch mehr unter die Leute bringen, doch leider können wir nicht all zu oft an einen Markt gehen. Wir sind aber optimistisch, dass wir mehr Zeit dafür haben werden, wenn unsere Kinder ein bisschen älter sind. Und es macht stolz und Freude, wenn wir sehen, wie beliebt unsere CHappunzel sind. Wenn wir Kinder oder Erwachsene sehen, die unsere Kappen tragen, ist  es das grösste Kompliment!  Das stärkt mich sehr, da mir die Wertschätzung und das Gefühl gebraucht zu werden, doch etwas fehlt, seit ich nicht mehr arbeite und Hausfrau bin.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag für dich aus? 

Wir nennen uns «After Eight Team», weil wir es meistens erst nach acht Uhr abends ins «Atelier» schaffen. Aber selbstverständlich gibt es immer wieder Sachen, die zwischendurch erledigt werden müssen: Bestellungen, Materialeinkauf, Sonderwünsche.

Muss man ein besonders mutiger Mensch sein, um sich selbständig zu machen?

Mutig? Eher offen und innovativ. Man muss vom Produkt überzeugt sein und Freude daran haben. Und man sollte auch mal einstecken können. Am Anfang standen wir einen Tag am Markt und haben nur knapp die Standmiete eingenommen. Da muss man schon Power haben: Aufstehen, Krone richten, wegstecken und weitermachen. Inzwischen kennen uns die Leute. Sie kommen an den Markt und wissen, was sie wollen. Wir müssen das Produkt nicht mehr erklären und sind auch schon mal auf dem Spielplatz erkannt worden: «Ah, du besch doch die met de Chappe...!»

Was waren für dich die grössten Herausforderungen?

Familie und CHappunzel unter eine Kappe zu bringen! Das habe ich bis heute noch nicht geschafft. Und der grösste Schock war damals der Schritt ins Internet. Die Kosten für die eigene Website waren höher, als wir uns vorgestellt hatten. Aber im Nachhinein war es doch das Beste, was wir machen konnten. Zum Glück haben wir im privaten Umfeld drei Sponsoren finden können, die uns unterstützen. Wir sind rüudig stolz auf unsere Website mit all den Fotos, und das noch dazu mit uns und unseren eigenen Kids!

Wie organisierst du die Kinderbetreuung?

Leider kann ich nicht auf die Grosseltern zählen. Seit zwei Jahren habe ich eine liebe Tagesmutter, welche einen Morgen die Woche meinen jüngeren Sohn hütet. Das gibt mir Freiraum. Dann nähen wir, was das Zeugs hält. Das ist immer eine schöne Abwechslung. Wir lachen viel und trinken Kaffee.  Und ich habe Freundinnen, die ab und zu mal meine Jungs für ein paar Stunden zu sich nehmen. Das gibt mir dann ein bisschen Luft zum Arbeiten. Im Dorf haben wir ausserdem einen tollen und günstigen Kinderhort, wo man die Kinder vier Vormittage die Woche unterbringen kann. Das nutze ich gerne. Denn wenn die Kids zu Hause, sind kann ich schlecht arbeiten. Aber das geht wohl jedem Mami so.

Vielleicht verrätst du uns was du an Startkapital investieren musstest?

Wir haben beide je 200 Franken für Stoff ins Kässeli gelegt und haben damit die ersten Stoffe gekauft. Eine Nähmaschine hatte Nicole bereits. Mit der Zeit kam immer mehr dazu. Mit den Einnahmen haben wir weiteres Material gekauft wie schöne Verpackungen, Tüten, Stempel, Kleber oder Werbegeschenke.

Kannst du von deinem Unternehmen leben?

Nein, natürlich nicht! Ich könnte keine 4-köpfige Familie ernähren. Aber es gibt ein schönes Sackgeld.

Was rätst du anderen Müttern, die darüber nachdenken, sich selbständig zu machen?

Klein anfangen und nicht zu viele Erwartungen haben. Und etwas Neues, Einzigartiges erfinden!

Welche Tipps und Tricks hast du gelernt, die den Alltag einer selbstständigen Mutter leichter machen?

Da bin ich auch noch auf der Suche.

Renates und Nicoles Kappen für Kinder und Erwachsene findet ihr unter chappunzel.ch.

Bilder: chappunzel.ch

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