living togetherGemeinsame Wohnung – bist du bereit?

Der Traum von der ersten gemeinsamen Wohnung ist schön, aber nicht immer realistisch. Offene Zahnpastatuben, Barthaare im Waschbecken oder Stofftiere im Bett: Neue Konflikte ziehen mit ein. Trotzdem müssen Sie sich bei einer funktionierenden Beziehung keine Sorgen machen, sondern vor allem Kompromisse.

Die erste gemeinsame Wohnung bedeutet viel Neues und Schönes, aber auch viel Alltag.

Die erste gemeinsame Wohnung ändert scheinbar alles. Der Mann, der Sie neulich noch mit seiner unwiderstehlich dezenten Parfum-Note und der charmanten Tür-Öffner-Geste ins Restaurant eingeladen und mit liebevollen Komplimenten um den Verstand gebracht hat, hat nämlich auch eine andere Seite. Die hat er bisher nur immer zuhause gelassen.

Dummerweise teilen Sie diesen Bereich nun mit ihm. Denn die erste gemeinsame Wohnung kennt kaum Tabus, dafür jede Menge intime Details. Und dazu zählen auch unschöne Bremsspuren, stehen gelassene Teller mit angetrockneten Ketchupresten, hässliche Möbel, die unbedingt mit umziehen mussten und natürlich seine Freunde, die ihrer Leidenschaft für Fussball oder Playstation am liebsten in Ihrem Wohnzimmer mit Dosenbier und machomässigen Männersprüchen nachgehen. Männer sind eben auch nur Menschen. Und das wird einem in der ersten gemeinsamen Wohnung besonders schnell deutlich.

Aber auch Sie werden nicht lange verbergen können, dass Sie nicht aus Porzellan und Rosen gebaut sind. Denn vielleicht sind Sie ja diejenige, die es mit der Ordnung eher kreativ hält und ihr Partner bügelt dagegen seine Hemden auf DIN A4 Format. Und plötzlich streiten sie darüber, ob Ihr Teddy Hans-Bär wirklich auf der Couch mit Platz nehmen muss und ob Nägel im Schlafzimmer lackieren eine gute Idee ist... Aber keine Angst, wer bereit ist Tisch und Bett mit seinem Herzbuben zu teilen, muss einfach nur lernen, wie Sie das Zusammenleben gestalten können. Und das geht am besten mit ein paar Reality-Checks - und Ausprobieren.

Zusammenziehen: Eine Wohnung, zwei Innenarchitekten

Quadratisch, praktisch, gut. Männer sind in der Regel eher funktional veranlagt und mögen Möbel, die ebenso ticken wie sie. Form follows function. Das ist gerade im puncto Einrichten nicht immer schön, aber änderbar. Es ist nämlich nicht so, dass Männer es ungern sehen, wenn die gemeinsame Wohnung hübsch und gemütlich eingerichtet ist, sie haben nur oft einfach kein Händchen für wohnliche Deko und schöne Details. Und noch wichtiger: Männer wollen sich beim Einrichten nicht übergangen fühlen. Die Lösung liegt in einem geschickten Kompromiss. Schlagen Sie ihm vor, dass er sich um alle typischen Männersachen, wie TV- und Musikanlage, Beleuchtung und ggf. Anbringen und Auswahl von Bildern und Tapeten kümmern darf, während Sie die Vorschläge für die restliche Einrichtung übernehmen, natürlich sollte er auch immer ein Mitspracherecht haben. Und dass eine gemeinsame Wohnung keine pinken Plüschkissen duldet, ist natürlich auch klar, denn das hier auch ein Mann mit einer eigenen Persönlichkeit wohnt, sollten Sie ihm zugestehen und auch zeigen.

Und sollten Sie einen besonders stilsicheren Kandidaten an Ihrer Seite haben, erfreuen Sie sich an ihrem neuen gemeinsamen Möbel-Mixen. Eine Mischung aus detailverliebten, farbenfrohen Einrichtungsstücken und schlichten Designer-Möbeln kann einen durchaus gekonnter Stilbruch sein – und vor allem den Gedanken der Gemeinsamkeit unterstreichen.

Deins ist Meins und Meins ist Meins

Kommst du zu mir oder ich zu dir? Darüber haben Sie sich sicherlich schon vor der gemeinsamen Wohnung soft gestritten, nachher ist es kaum anders, wenn Sie sich entscheiden gemeinsam in eine ihrer jetzigen Wohnungen zu ziehen. Denn kleine Machtproben kündigen sich schon vorher an. Darf er seine Schalplattensammlung in Ihrem alten Revier ausbreiten und lassen Sie noch etwas Platz für Ihn im Kleiderschrank? Umgekehrt, dürfen Sie in seinen heiligen Hobbyraum? Und dürfen Ihre Mädels genauso oft und geren zum Kaffeekränzchen vorbei kommen wie seine Jungs? Wenn Sie eine ihrer vorigen Wohnungen zur ersten gemeinsamen erklären, stellen Sie alles am besten auf Null, so als hätte keiner von Ihnen vorher hier gewohnt. Dadurch vermeiden Sie Konfliktfallen, die Sie ihn eigentlich überkommenen Kategorien wie meine oder deine Wohnung denken und handeln lassen. Das ist nämlich ab sofort ihre gemeinsame Wohnung!

Gemeinsam Duschen, gemeinsam Putzen

Im Badezimmer darf der Mensch noch Mensch sein. Nur leider möchte man das von seinem Partner nicht immer wissen. Intime Details sind nun mal nicht unbedingt attraktiv. Offene Zahnpastatuben und benutzte Handtücher auf dem Boden sind dabei noch das geringste Übel, genügen aber oft als Anlass, den Haussegen schief hängen zu lassen. Wer die erste gemeinsame Wohnung mit seinem Partner bezieht, sollte sich zuvor das bisherige Badezimmerverhalten seines Liebsten genau ansehen und überlegen, ob man damit leben kann. Denn eines ist gewiss: Sehr viel ordentlicher wird’s nicht! Üben Sie sich in Toleranz und nehmen Sie zur Not den Putzlappen selbst in die Hand. Das ist nicht traurig, ärgerlich oder gar unemanzipiert, sondern der schnellste und stressfreiste Weg, um Ordnung im Bad zu haben. Punkt!

Haushaltsführung in der gemeinsamen Wohnung

Männer sind anders. Die Chromleisten ihrer Felgen polieren sie mit der Sensitiv-Zahnbürste, doch die angetrockneten Geschirrstapel in der Spüle und dicken Wollmäuse im Wohnzimmer nehmen sie optisch nicht mal wahr. Aber auch Frauen haben Hang zur chaotischen Ordnung, zum Beispiel breiten Sie im Badezimmer gerne ein Meer aus Beautyprodukten aus, lagern halbleere Joghurtbecher zur Käsezüchtung im Kühlschrank und tun sich generell schwer die Modezeitschrift von 2008 wegzuwerfen. Sich zu ärgern ändert in diesem Fall für Sie beide nichts, geregelte Strukturen zu schaffen hingegen schon. Teilen Sie die Aufgaben im Haushalt genau ein, um erst gar keine Streitigkeiten entstehen zu lassen. Putz- und Aufgabenpläne, die schriftlich fixiert werden, geben zwar auch keine absolute Garantie, bieten aber immerhin Orientierung. Wichtig hierbei: Legen Sie unbedingt auch fest, was passiert, wenn sich einer von Ihnen nicht an die Regeln hält. Für jeden Verstoss könnte beispielsweise in eine Haushaltskasse eingezahlt werden. Von dem Erlös gehen Sie dann in ein elegantes Restaurant oder Shoppen in den Ferien. Noch besser: Wer es sich leisten kann, gönnt sich den Luxus einer Haushaltshilfe. Dieses Geld ist gut investiert. Schliesslich spart man nicht nur Arbeit, sondern auch Nerven und Ballast für die Beziehung.

Geld und Liebe: Gemeinsamer Haushalt = gemeinsame Konten?

Eine gemeinsame Wohnung mit dem Partner zu beziehen bringt in finanzieller Sicht zunächst Vorteile mit sich: Die Mietkosten halbieren sich, ebenso wie die Kosten der Haushaltsführung. Soweit, so gut. Problematisch kann es lediglich bei der Frage werden, wer in welcher Höhe Zahlungen übernehmen soll und wie die Finanzen verwaltet werden sollen. Zahlt derjenige, der mehr verdient auch mehr Miete? Trennt man die Konten oder führt man ein gemeinsames Haushaltskonto? Haben beide das gleiche Verständnis über die Summe, die für Möbel oder Lebensmittel ausgegeben werden sollen? All das sind potentielle Konfliktpunkte, die im Vorfeld besprochen werden sollten. Pauschalaussagen, welche Regelungen das Zusammenleben erleichtern, gibt es nicht, sondern sollten von den Vorstellungen und der finanziellen Situation jedes Paares individuell abhängig gemacht werden.

Flaute im Bett

Natürlich ist es schön, jeden Tag miteinander einzuschlafen. Aber wirklich aufregend, verführerisch oder attraktiv ist das irgendwann nicht mehr. Dass die Intimitäten in der ersten gemeinsamen Wohnung etwas routinierter oder sogar seltener werden, ist nichts Unnormales –und damit auch kein Grund zur Sorge. Was hilft? Eine andere Einstellung. Schrauben Sie den Druck und die Erwartungen etwas herunter. Beziehungsglück hängt nämlich nicht von der Quantität, sondern der Qualität Ihrer Liebe ab. Und wer hat überhaupt gesagt, dass es ausschliesslich innerhalb Ihrer gemeinsamen Wohnung passieren muss? Im Freien, in der Hotelsuite oder an sonstigen ungewöhnlichen Orten kann wieder neuen Schwung in die Liebe bringen. Letztlich ist es aber egal, ob es im gemeinsamen Bett oder sonst wo geschehen soll: Ausgelassen und romantisch wird das Liebesspiel immer nur dann, wenn Sie entspannt sind, sich nicht unter Druck setzen und sich nicht durch Alltagsstreitereien aus der Bahn werfen lassen.

Home is, where your Heart is

Die eigenen vier Wände mit einem Partner zu teilen, fordert zwar viel Kompromissbereitschaft und Toleranz, bringt aber auch ein einzigartig gutes Gefühl mit sich. Und zwar das Gefühl, sich mit dem Menschen, den man liebt, verbunden zu haben und gemeinsam etwas Neues entstehen zu lassen. Wer es schafft, die Kleinigkeiten des Alltags gemeinsam zu meistern, erntet eine Verbindung, die so schnell nichts erschüttern kann. Denn letztlich gibt es doch kein schöneres Gefühl, als sich zuhause zu fühlen– und zwar nicht in einer Wohnung, sondern bei Ihrem Partner!

Reality-Check: Erste gemeinsame Wohnung

+  Motive klären: Was bedeutet die erste gemeinsame Wohnung für Sie? Der erste Schritt zum Traualtar? Oder schlichte Kostenersparnis? Klären Sie im Vorfeld, welche Motive Sie und welche Ihren Partner zum gemeinsamen Umzug bewegen, um erst gar keine Missverständnisse aufkommen zu lassen.

+ Rückzugsmöglichkeiten erhalten: Nur weil man eine Wohnung teilt, bedeutet das nicht, dass man zwangsläufig alles miteinander teilen muss. Jeder braucht hin und wieder Zeit für sich und die Möglichkeit allein zu sein. Das ist normal. Besprechen Sie, wie diese Rückzugsmöglichkeiten in der ersten gemeinsamen Wohnung  aussehen könnten? Vielleicht gibt es ein freies Zimmer, das zum Alleinsein genutzt werden kann? Oder Sie vereinbaren feste Abende, an denen jeder etwas mit Freunden unternimmt?

+ Emotionale Distanz durch räumliche Nähe kurieren: Die Beziehung läuft schlecht, schon länger. Nicht selten reagieren Paare damit, indem Sie einfach einen Schritt weiter gehen und momentane Konflikte zu überspringen glauben. Eine gemeinsame Wohnung, eine Hochzeit oder ein Kind können eine kriselnde Beziehung, aber nicht kitten.

+ Vorsichtig in gemeinsames Eigentum Investieren: Drum prüfe, wer sich ewig bindet...Bevor Sie ihr gesamtes Hab und Gut auf die neue gemeinsame Wohnung setzen, halten Sie einen Moment inne. Wagen Sie jetzt lieber noch nicht so grosse finanzielle Investitionen, aus denen Sie nicht mehr aussteigen können, falls es doch schief läuft.

+ Ausbrechen aus dem Alltag: Die Routine, die ein gemeinsamer Hauthalt mit sich bringt kann schön sein und fühlt sich familiär an. Achten Sie jedoch darauf, dass Ihre Beziehung daran nicht erstickt. Erhalten Sie sich Rituale, wie gemeinsame Restaurantbesuche oder denken Sie an kleine Überraschungen, die den Alltag versüssen. Dafür genügt es manchmal schon, wenn Sie die gemütliche Jogginghose gegen ein verführerisches Kleid tauschen.

Text: Linda Freutel

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