Leserfragen an Dania Schiftan«Bin ich asexuell?»

Unsere Leserin verspürt nur selten Lust auf Sex. Auch das allgemeine Interesse dafür hält sich in Grenzen. Doch ist sie deshalb gleich asexuell? Sexologin Dania Schiftan klärt auf.

Bin ich asexuell?

Liebe Dania

Seit längerem lebe ich in einer offenen Beziehung. Viel Sex miteinander haben wir nicht, und auch sonst bin ich sexuell nicht besonders aktiv. Im Gespräch mit meinen Freundinnen fällt mir immer wieder auf, dass ich mich eigentlich auch gar nicht wirklich dafür interessiere und den Sex auch nicht vermisse. Manchmal habe ich wirklich das Gefühl ich ticke in dieser Hinsicht nicht ganz normal. Kann es sein, dass ich asexuell bin? Oder habe ich vielleicht einfach zu viel anderes im Kopf oder noch zu wenig Erfahrung?

Anonym, 23

Über Dania Schiftan

Dania Schiftan beantwortet Leserfragen

Als Dr. in Sexologie (USA) und Psychotherapeutin (FSP, Eidg. anerkannt) mit eigener Praxis in Zürich arbeitet Dania Schiftan seit 2008 als selbständige Sexual- und Psychotherapeutin.

Nebst ihrer Praxistätigkeit bietet Dania Schiftan seit einigen Jahren auch eine Online Therapie an.

Hier geht es zu Dania Schiftans Webseite.

Liebe anonyme Fragende

Du hast ganz viele Vermutungen, jedoch erzählst du nur sehr wenig über dich, was es mir ein wenig schwierig macht zu beurteilen, was wirklich los kein könnte.

Was ich aber aus deinen Formulierungen hauptsächlich herauslese ist, dass du nicht zu leiden scheinst. Du hast mit deinem Partner eine Lösung gefunden, es stimmt für euch.

Das Thema scheint dich mehr zu beschäftigen, respektive weniger zu interessieren, wenn du in deinem Freundeskreis Vergleiche anstellst basierend auf absoluten Zahlen.

Der Grund für dein mangelndes Interesse kann sehr vielfältig sein.

Es kann sein, dass du noch zu wenige sexuelle Erfahrungen gesammelt hast, oder dass du zu wenig profitierst von der Sexualität – aber auch deine eigens angestellten Vermutungen sind möglich.

Ob du asexuell bist oder nicht, finde ich allerdings eine sehr schwierige Frage.

Ich verstehe, dass du gerne einen Namen hättest für dein Gefühl, oder eine Kategorie, in welche du dein Verhalten einteilen könntest, um dich sicherer zu fühlen.

Aber insbesondere das Thema Asexualität braucht ganz viel Abklärung, denn es ist wie mit allen anderen Diagnosen: es gibt sehr viele verschiedene Formen.

Aber insbesondere das Thema Asexualität braucht ganz viel Abklärung, denn es ist wie mit allen anderen Diagnosen: es gibt sehr viele verschiedene Formen. Es gibt klinisch diagnostizierte Menschen, die einfach nicht so ein grosses Bedürfnis haben bis hin zu Menschen, die überhaupt keine Art von Intimität ertragen.

Spontan möchte ich dir vorgeschlagen: Solange du keinen Leidensdruck verspürst und es für alle gut ist so, wie es ist, dann lass die fünf gerade stehen. Falls du aber merken solltest, dass es von deiner Seite her einen (Leidens-)druck gibt, etwas zu ändern, oder dass du nicht glücklich bist mit deinem Leben so wie es ist, du unbedingt etwas einordnen können oder sogar etwas verändern möchtest, dann lohnt es sich, in eine Beratung zu gehen, um die Hintergründe zu erfahren und Abklärungen zu treffen.

Wenn du aber zufrieden bist mit deinem Leben, zumindest im Moment, kannst du auch einfach ganz getrost sein, dass Menschen total unterschiedlich sind, die einen extro-, die anderen introvertiert, die einen blond, die anderen dunkelhaarig, die einen sexuell sehr aktiv, die anderen weniger. Du darfst sagen, dass es dir wohl ist so, wie es ist, und dass du dein Leben geniesst.

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Wir wählen einige eurer Fragen aus und lassen Sie von Sexologin und Therapeutin Dania Schiftan beantworten. Wie lang oder kurz du dich fasst, ist dir selber überlassen. Wenn du magst, kannst du uns deinen Vornamen und dein Alter verraten – das ist natürlich freiwillig.

Alle Leserfragen an Dania Schiftan:

Titelbild: Ömürden Cengiz/Unsplash

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