Interview mit Amorelie-Gründerin Lea-Sophie Cramer«Die Schweizer sind sexuell offener als die Deutschen»

Lea-Sophie Cramer ist nicht einmal 30 und hat mit Amorelie bereits den bekanntesten Onlineshop für Sextoys gegründet. Im Interview mit Femelle erzählt sie, auf welche Toys die Schweizer abfahren und welches Sexspielzeug Amorelie nie verkaufen würde.

Amorelie Gründerin Lea-Sophie Cramer

Gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Sebastian Pollok gründete Lea-Sophie Cramer 2013 den Online-Erotikmarkt Amorelie. Ein Jahr später expandierte der Shop in die Schweiz.

Dank Produkttestern und einem Onlinemagazin kommt Amorelie bei weitem lifestyliger daher als die Konkurrenz und fördert einen offeneren Umgang mit Sexspielzeug. Wir haben mit Lea-Sophie über den Onlineshop, dessen Bestseller und über die Wünsche der Schweizer Kunden gesprochen.

Amorelie-Gründerin Lea-Sophie Cramer im Interview

Lea-Sophie, wie seid ihr auf die Idee zu Amorelie gekommen?

Durch den Hype um Sex & the City und 50 Shades of Grey fiel uns ein offenerer Umgang mit dem Thema Liebesleben in der Gesellschaft auf. Die Beate Uhse Aktie stürzte immer weiter in den Keller. So kamen wir ins Grübeln: Scheinbar fehlte ein Ort, an dem man sich in inspirierender Atmosphäre und diskret online über Liebesspielzeug informieren konnte.

Lea-Sophie Cramer ist 29, Mama und gehört nicht nur dank ihres Erfolgs mit Amorelie zu den Vorzeigeunternehmerinnen Deutschlands.

Die Berlinerin setzt sich auch als Business Angel für Start-ups ein.

Dein Ziel war es, Sextoys aus der Schmuddelecke zu holen. Ist dir das gelungen?

2013 gab es keinen Anbieter, der die wachsende Nachfrage, vor allem von Frauen, nach einem ansprechenden und lifestyligen Umfeld bedienen konnte – wir haben diese Lücke gefüllt.

Seitdem hat sich in der Gesellschaft viel getan. Mittlerweile besitzen in Deutschland 45 Prozent der Menschen ein Sextoy, beim Rest können sich über 60 Prozent vorstellen, eins auszuprobieren.

Ihr versteht euch nicht nur als Online-Erotikmarkt, sondern auch als Lifestyle-Plattform. Wo benötigen die Kunden noch den meisten Erklärungsbedarf?

Unerfahrene Kunden schätzen unsere Themenboxen sehr. Wir gehen bei der Beratung auf den Wissensstand der Kunden ein und erklären so auch erst einmal grundsätzliche Dinge, wie den Unterschied zwischen Dildo und Vibrator.

In unserem Onlinemagazin geben zudem das Hintergrundwissen zu den teils recht erklärungsbedürftigen Produkten. Sexstellungen, erogene Zonen und Tipps für die Selbstbefriedigung sind vor allem bei Frauen häufig gesuchte Themen.

Welche Gruppe kauft denn am meisten bei euch ein? Junge Frauen? Paare?

Unsere Kunden sind zu 60 Prozent Frauen und 40 Prozent Männer. Rund 80 Prozent der Kunden kaufen Toys für die Paarbeziehung. Männer käufen vor allem für den Orgasmus der Frau. Der Grossteil davon ist zwischen 25 und 55 Jahren alt. Gerade Toy-Neulinge, die noch wenig oder keine Erfahrung mit Produkten fürs Liebeslebens haben, finden oftmals den Weg zu uns.

Was unterscheidet den Schweizer Sextoy-Markt vom deutschen?

Die Schweiz hat im Allgemeinen eine leichte Präferenz zu analen Liebesspielen. Generell haben wir in unserem Report zum Sex- und Liebesleben der Schweizer herausgefunden, dass sie tendenziell offener mit ihren sexuellen Wünschen und Bedürfnissen umgehen, als beispielsweise die Deutschen. Die Schweizer Frauen fühlen sich in ihrem Körper auch wohler als die Deutschen.

Was ist euer Schweizer Bestseller?

Der Schweizer Bestseller: Der Coast Analplug von MOQQA

Unter den Analtoys ist der Coast Analplug von MOQQA (Bild) ein totaler Favorit bei den Schweizern. Insgesamt ist der Womanizer bei den Frauen oder der Rabbit-Vibrator Virgo von VOU ein absoluter Bestseller.

Generell bevorzugen Kunden aus der Schweiz eine hohe Qualität und sind auch bereit, für ein hochwertiges Toy einen höheren Preis zu zahlen.

Gab’s auch mal Flops, von denen ihr euch mehr Anklang am Markt erhofft hattet?

Bei unserer Osterüberraschung haben wir festgestellt, dass das Thema noch in einem sehr klassischen, auf Familien bezogenen Kontext wahrgenommen. Den Kunden war der Bezug zu Lovetoys noch nicht bewusst.

Welches Produkt Lea-Sophie niemals auf Amorelie verkaufen würde, liest du auf Seite 2.


Euer Onlineshop spricht vor allem Anfänger an. Welches Einsteiger-Toy findet bestimmt Anklang?

Das Einsteiger-Toy

Für Frauen ist der Dive G-Punkt Vibrator von MOQQA (Bild) ein beliebtes Einsteiger-Toy und perfekt, um vibrierende Spielzeuge für sich zu entdecken.

Männer greifen häufiger zu Einsteigersets, wie zum Beispiel dem BOLD Starter Kit mit Silikonmasturbator und Gleitgel.

Gibt es Produkte, die ihr – ungeachtet des potenziellen Gewinns – auf keinen Fall verkaufen würdet?

Wir verkaufen keine Fetisch-Produkte oder Artikel, die Schmerzen zufügen oder mit denen man sich oder andere Personen verletzen könnte.

Welche Produkte sind eher für Fortgeschrittene interessant?

Fuer Fortgeschrittene

Die Digitalisierung hält auch in der Lovetoy-Branche Einzug und es entwickelt sich ein immer grösser werdendes Sortiment um Future Sex Toys.

Wir führen etwa ein Paartoy-Set aus Vibrator und Masturbator (Bild), wobei der Vibrator die vaginalen Kontraktionen der Frau mittels WLAN an den Masturbator des Mannes überträgt. Perfekt also für die Fernbeziehung.

Viele eurer Produkte sehen aus wie Designobjekte. Soll man seine Toys heutzutage offen auf dem Nachttisch liegen lassen können? Oder geht es dabei vor allem um die Kundin selbst?

Die Erotikbranche wurde lange von Männer beherrscht und Produkte zielten in ihrer Ästhetik und Design eher auf die Fantasien des männlichen Geschlechts ab.

Mein Mitgründer Sebastian und ich sind unsere eigene Zielgruppe und wir wussten deshalb, dass die meisten Menschen diese Vorstellungen nicht teilten. Bei der Optik und Haptik von Liebesspielzeug vergessen wir nicht plötzlich unser ästhetisches Empfinden.

Auch die Hemmschwelle, ein Sextoy zu benutzen, ist durch die hochwertigen Designs sehr viel geringer. Dazu kommt, dass Männer so im Produkt weniger eine Konkurrenz wahrnehmen.

Du bist erfolgreiche Geschäftsfrau und Mama. Wie schaltest du ab?

Auf einem alten Motorboot, dass ich von meinen Eltern übernommen habe. Wenn wir damit über die Berliner Seen schippern – grossartig!

Was würdest du anderen jungen Gründerinnen raten?

Es hilft sehr, sich frühzeitig ein Netzwerk aufzubauen, um darauf zurückgreifen zu können, wenn man es braucht. Behaltet eure Geschäftsidee ausserdem auf keinen Fall für euch. Redet mit so vielen Freunden, Unternehmern und Investoren wie möglich über eure Idee und holt deren Kritiken und Ratschläge ein. Oftmals ist dabei das negative Feedback am hilfreichsten.

Bilder: zVg Amorelie

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