PORNO FÜR FRAUENKlicktoris macht Frauen Lust
Vier Schweizer Studentinnen zeigen auf ihrem Blog «klicktoris.ch», was Frauen Lust macht. Ihre Mission: Frauen sollen sich aktiv mit Sex auseinandersetzen und herausfinden, was ihnen persönlich gefällt. Die Bloggerinnen erklären Femelle, warum es höchste Zeit ist, in der Männerdomäne Porno Platz für weibliche Lust zu schaffen.

Was finden Frauen erotisch? Was verschafft ihnen Lust? Eines ist klar: Es ist meistens nicht das, was in gängigen Mainstream-Pornos gezeigt wird. Denn diese richten sich hauptsächlich an Männer. Frauen brauchen mehr. Oder manchmal auch weniger. Je nachdem. Vier Schweizer Studentinnen haben beschlossen diesen Fragen in einem Blog nachzugehen. Sie riefen «klicktoris.ch» ins Leben und sammeln seit etwas mehr als einem Jahr Fotos und Videos, die Frauen Lust auf mehr machen. Mal sind es Nahaufnahmen, mal nur Umrisse. Mal sind sie eindeutig, mal schemenhaft. Aber sie haben immer eines gemeinsam: Sie richten sich explizit an Frauen.
Wir leben in einer Zeit, in der jeder jederzeit Zugang zu Pornographie hat. Warum brauchen wir dann noch klicktoris.ch?
Gerade weil Pornographie heute ein so omnipräsentes Phänomen ist, halten wir es für wichtig, dass sich auch Frauen aktiv damit auseinandersetzen. Durch diese Auseinandersetzung verliert Pornographie ihren abstrakten, möglicherweise einschüchternden Charakter und wird zu etwas, das man sich angeeignet hat, zu dem man selbst Stellung nehmen kann. Im Idealfall findet man dadurch selbst heraus, was einem gefällt oder findet neue Inspirationen.
Wie hatten Sie die Idee zu Ihrem Blog? Bei einer Flasche Wein, einem Mädelsabend oder einem schlechten Porno?
Das war ein langer Prozess und im Nachhinein ist es schwer zu sagen, ab wann diese Idee im Raum stand. Ursprünglich wollten wir ein Porno-Magazin für Frauen machen. Die Idee hierzu hatten wir vom "Jungsheft", einem Pornoheft für Frauen aus Deutschland.
Worin unterscheiden sich denn Pornos für Männer von Pornos von Frauen?
Die klassischen Frauenpornos (z.B. von Petra Joy) unterscheiden sich sicher dahingehend vom "Männerporno", dass sie die Lust der Frau ins Zentrum stellen, die Handlung stärker betonen und dieses Wettrennen hin zu immer extremeren Praktiken nicht mitmachen. Wir haben allerdings gemerkt, dass uns diese experimentellen "Frauenpornos" auch nicht durchwegs überzeugen. Letztlich ist unklar, ob es überhaupt einen Unterschied in den Bedürfnissen von Männern und Frauen hinsichtlich Pornographie gibt. Vermutlich sind die Unterschiede in den Vorlieben innerhalb der Geschlechter grösser als die Differenzen zwischen den Geschlechtern. Wichtig finden wir daher vor allem, dass Frauen herausfinden, was Ihnen persönlich gefällt. Ob das nun die Darstellung von Kuschelsex oder härterer Praktiken ist, soll jede selbst entscheiden.
Was finden Frauen erotisch?
So pauschal kann diese Frage sicher nicht beantwortet werden. Das ist absolut individuell. Das Konzept unseres Blogs ist daher, dass verschiedene Frauen diejenigen Bilder heraufladen, die ihnen gefallen. Dadurch hoffen wir, eine gewisse Spannbreite abzudecken und einen ideologisch-deterministischen Ansatz, à la "das soll Frauen gefallen", zu vermeiden.
Ihre Beiträge geizen weder mit Nah- noch mit Grossaufnahmen. Was machen Sie denn dann anders als Mainstream-Pornographie?
Nahaufnahmen können ja durchaus erotisch sein. Wir haben keine Richtlinien festgelegt, die beispielsweise Nahaufnahmen oder Bilder, auf denen die Frau den Mann befriedigt, ausschliessen würden. Wir zeigen, was uns gefällt.
Ist Mainstream-Pornographie denn per se schlecht?
Nein, nicht per se. Aber Pornographie ist ein Spiegel der Gesellschaft und war folglich lange eine Männerdomäne. Es ist daher wichtig, dass sich Frauen eigene Räume in diesem Feld suchen.
Müssen Pornos eigentlich ästhetisch sein? Ist es nicht gerade das Schmutzige und das Verruchte, was uns antörnt?
Das ist wohl letztlich Geschmacksache. Wir denken aber nicht, dass sich Ästhetik und Verruchtheit per se ausschliessen.
Spezielle Pornos für Frauen finden immer mehr Anklang. Haben wir andere Bedürfnisse als die Frauengenerationen vor uns?
Die Bedürfnisse sind wahrscheinlich dieselben. Wir leben aber wohl in einer Generation, in der Frauen ihre sexuellen Wünsche bereits offener artikulieren können.
In den Foren der Online-Plattformen haben viele Ihre Tätigkeit kritisch kommentiert. Warum erregen vier Frauen, die sich dem Thema Sex nähern, so sehr die Gemüter?
Das haben wir uns auch gefragt. Viele der Kommentare waren doch klar negativ konnotiert. Einige bezeichneten unser Vorhaben als unnötig oder männerdiskriminierend, andere hielten es für "Wichtigtuerei". Manche rieten uns, uns doch besser einen guten Liebhaber zu suchen. Aus einem Grossteil der Kommentare war nicht eindeutig herauszulesen, was Stein des Anstosses ist. Deutlich wurde nur, dass es offenbar einen gibt. Möglicherweise löst die Tatsache, dass wir uns aktiv mit Pornographie und folglich Sexualität auseinandersetzen ein Bedrohungsgefühl aus. Es weckt Ängste, dass neue Ansprüche gestellt werden könnten, dass man nicht mehr genügen könnte. Wir denken aber, dass in einer Partnerschaft letztlich beide davon profitieren, wenn auch die Frau weiss, was ihr gefällt, und Bedürfnisse formulieren kann. Letztlich zeigt doch das Ausmass des Widerstands, dass es noch immer keine Selbstverständlichkeit ist, dass sich Frauen aktiv mit ihrer Sexualität auseinandersetzen. Von daher sehen wir das auch als Motivation. Es zeigt die Notwendigkeit unseres Vorhabens.
Wie ging es Ihnen mit dieser öffentlichen Diskussion?
Einige Kommentare haben uns schon etwas nachdenklich gemacht. Allerdings freuten wir uns auch über die positiven Rückmeldungen und die vielen neuen Besucher.
Sie haben auf Ihrem Blog unzählige Besucher, aber auf Twitter nur 70 Follower. Offenbar stehen nur wenige zu dem Besuch auf klicktoris.ch. Schämen wir uns noch immer für unsere Lust?
Vielleicht liegt das auch einfach daran, dass Twitter noch gar nicht so verbreitet ist. 70 Follower finden wir gar nicht so schlecht. Ausserdem ist es ja auch verständlich, wenn man nicht öffentlich machen möchte, welche Pornoseiten man besucht.
Interview: Nina Grünberger