Leserfragen an Dania Schiftan«Können Männer einen Orgasmus vortäuschen?»
Frauen sind Spezialisten, wenn es ums Orgasmus faken geht – leider. Aber wie sieht es eigentlich bei den Männern aus? Können Männer einen Orgasmus vortäuschen? Sexologin Dania Schiftan weiss die Antwort, auf die berechtigte Frage unserer Leserin.

Liebe Dania
Ich hatte letztens ein Date, das bei mir Zuhause im Bett endete. Wir hatten einen super lustigen Abend und danach beide ziemlich Lust auf Sex. Den hatten wir dann auch und es war, meiner Meinung nach, sehr schön.
Allerdings hatte ich irgendwie das komische Gefühl, dass er mir einen Orgasmus vortäuschte. Das passierte mir noch nie und können das Männer überhaupt, beziehungsweise machen sie das? Ich traute mich nicht ihn darauf anzusprechen und fühlte mich irgendwie doof nach dem Sex.
Anonym, 21
Über Dania Schiftan
Als Dr. in Sexologie (USA) und Psychotherapeutin (FSP, Eidg. anerkannt) mit eigener Praxis in Zürich arbeitet Dania Schiftan seit 2008 als selbständige Sexual- und Psychotherapeutin.
Nebst ihrer Praxistätigkeit bietet Dania Schiftan seit einigen Jahren auch eine Online Therapie an.
Liebe anonyme Fragende
Zu dieser Frage gibt es nur eine richtige Antwort: Ja, auch Männer können einen Orgasmus vortäuschen. Was für viele Frauen als sehr üblich und mitunter selbstverständlich ist, so ist dies für einige Männer eben auch.
Es gibt nicht wenige Männer, die den Orgasmus faken. Viele Männer haben sehr Mühe damit, in einer Frau zu ejakulieren. Sie werden mit der Zeit auch sehr geschickt darin, das fehlende Sperma zu erklären.
Die Gründe können vielseitig sein: Sie merken, sie kommen – entweder durch die Partnerin oder eben den One-Night-Stand – unter Druck, weil sie dem Bild nachgehen, dass der Mann zu kommen hat. Und merken dann allerdings, dass sie sich mit dem Druck überhaupt nicht mehr erregt fühlen, oder die Erregung während dem Akt verloren haben. Sie tun dann lieber als ob, anstatt dem Gegenüber Rede und Antwort zu stehen.
Was ich an deiner Frage aber viel interessanter finde ist, warum dich das überhaupt beschäftigt. Es scheint mir, als würdest du das in irgendeiner Art persönlich nehmen, und als hättest du das Gefühl, dass es an dir liegt. Als wärst du für seinen Orgasmus verantwortlich. Und genau da beginnt bereits das Problem.
Viele Frauen kennen den fehlenden Orgasmus nämlich von sich selber, geniessen es aber einfach gerade so, wie es ist. Und wenn sie gestresst sind, dann möchten sie dies nicht unbedingt auch noch mit dem Mann thematisieren.
Und genau so geht es auch vielen Männern. Als Mann aber zu sagen, dass es für sie auch in Ordnung ist, keinen Orgasmus zu haben, hat viel mit der Emanzipation der Männer zu tun, einem Lernprozess, vor welchem die Männer stehen.
Es wäre natürlich sehr schön, wenn sowohl Mann wie Frau laufend kommunizieren könnten beim Sex; dass es heute irgendwie nicht klappt, dass sie heute keinen Orgasmus möchte, er heute nicht wirklich viel in den Akt reingeben kann, aber gerne mitmacht, was sie wünscht.
So wie wir heute unterwegs sind, ist es aber oft erst wirklich Usus, so offen miteinander zu reden, wenn zwei Partner bereits länger zusammen sind. Dies führt leider oft zu einem Missverständnis – man traut sich nichts zu sagen, meint, dass man für den anderen einen Orgasmus haben muss, um diesen nicht zu verunsichern.
Mein Tipp an dich: Überlege dir, weshalb du das so persönlich nimmst. Und lerne, deine Gedanken bei deinem Sex-Partner anzusprechen – ohne ihm dabei einen Vorwurf zu machen.
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Titelbild: Fernando @cferdo/Unsplash