MYTHOS HIGH HEELS«Schatz, lass die Schuhe an»

Sie sind unbequem, in guter Qualität nicht wirklich günstig und eigentlich total unpraktisch. Trotzdem tragen wir sie. Was macht High Heels sexy und umstritten zugleich? Auf den Spuren einer ehrlichen Hassliebe. 

Warum High Heels sexy sind

«Ich weiss nicht wer die High Heels erfunden hat, aber alle Frauen schulden ihm eine Menge». Glaubt man Marilyn Monroe, kann diese eigentlich absolut unpraktische Sache nur dem Kopf eines Mannes entsprungen sein. Sie quälen uns, aber wir lieben Sie, weil sie uns in nur wenigen Sekunden verändern können, wie Schuhdesigner Manolo Blahnik weiss.

Ob Stilettos, Wedges oder Blockabsätze, hohe Hacken erhöhen die weibliche Lebensqualität, optisch jedenfalls. Die Beine wirken in sexy High Heels sofort viel länger und schlanker. Die dazu gewonnene Höhe beeinflussen auch den Rest der Erscheinung: Das Becken kippt vor, der Rücken fällt leicht ins Hohlkreuz und streckt den Po heraus. Der Gang mutet schwingender und femininer an. Die Schritte werden kleiner und vorsichtiger. Und die Blicke der Männer deutlich offensiver.

Fakt ist: Kein Schuh hat so viel Sexappeal wie der High Heel. Männer können von den Stöckeln gar nicht genug bekommen. Nicht mal – oder gerade nicht – im Bett. Inzwischen hat sich sogar eine neue Vokabel für die männliche Faszination am Damenabsatzschuh etabliert: «Shouldershoes» nennen sich die heissen Treter, die Frauen beim Sex nicht ablegen und Männer dafür so richtig anmachen sollen.

Ob es nun am Beschützerinstinkt liegt, der durch den unsicheren Trippelgang der Ladies auf zehn Zentimetern beim Mann geweckt wird oder am Lustzentrum im Gehirn, das laut Neurologe Vilayanur S. Ramachandran unmittelbar neben dem Zentrum, das für die Füsse zuständig ist, sitzt und beim Anblickt von nackten Füssen auf hohen Hacken zu versehentlichen Reizüberschneidungen animiert wird oder ob es einfach nur die reizvolle Körperhaltung der Damen ist, die Männer um den Verstand bringt, ist der Wissenschaft noch nicht ganz klar; aber letztlich auch egal. So oder so: High Heels machen Männer heiss. Und Frauen wissen darum.

Freude mit Schmerz

Das ist aber nicht die einzige reizvolle Tatsache rund ums Thema High Heels. Wahr ist, dass High Heels zwar gut aussehen, aber auch, dass sie keinesfalls immer gut tun. Jedenfalls nicht der Gesundheit ihrer Trägerin. Sogar der Schuhgott himself, Mr. Christian Louboutin, gibt zu: «High Heels sind Freude und Schmerz zugleich». Vielleicht macht es dieses Wissen, dass High Heels zu tragen einen bewussten Entscheid für die Schönheit zu leiden bedeutet, sich die schmerzenden Füsse aber nicht anmerken zu lassen, einen Grossteil ihrer Faszinationskraft aus. Gute Mädchen gehen mit leisen Sohlen durch die Welt, böse stöckeln überall hin.

Denn jeden Zentimeter, den Frau dem Himmel näher sein möchte, bestraft der liebe Gott sofort. Mit bösen Blasen, Schwielen, Hühneraugen & Co. Schlimmer noch: Je höher der Absatz, desto stärker ist die Belastung der Fussmuskulatur und Zehengelenke. Die Gesamtmuskulatur der Fusssohle wird stark gedehnt und die kleinen Grundgelenke der Zehen werden gestaucht, was unter Umständen sogar zu Entzündungen führen kann. Durch die Beckenkippung sind auch Rückenschmerzen quasi vorprogrammiert. Schuh-Liebhaberin Carrie Bradshaw aka Sarah Jessica Parker soll vom Arzt sogar High-Heels-Verbot verordnet bekommen haben. Und das alles für ein paar Zentimeter mehr Bein-Illusion? Oder gar für die Sexfantasien fuss-verrückter Männer?

High Heels: Emanzipation mit Füssen getreten

Das gesundheitliche Risiko sei aber längst nicht alles, was Wolkenkratzerabsätze an Gefahren mit sich bringen. Manche Hardcore-Feministinnen sehen nicht nur die weibliche Gesundheit, sondern vor allem die Emanzipation bedroht. Denn hohe Hacken symbolisierten das Gegenteil von reizvoller Stimulation, nämlich ein Sinnbild der sexuellen Unterdrückung der Frau. Das unbequeme und ungesunde Schuhwerk raube Frauen nicht nur die Trittsicherheit, sondern auch ihren Stellenwert. High Heels würden körperliche Sexualreize in den Vorder- und innere Attribute in den Hintergrund drängen. Ganz schön schwere Vorwürfe – gegen einen Schuh! Was ist dran? Hindern hohe Hacken Frauen wirklich daran, grosse Schritte zu machen – durch die Welt und letztlich auf der Karriereleiter, wie Alice Schwarzer es einmal sinnbildlich formuliert hat?

Hohe Absätze erhöhen das Selbstbewusstsein

Oder könnte man diesen Spiess nicht vielleicht eher umdrehen? Sind wirklich wir Frauen die Zehn-Zentimeter-Opfer? Oder sind wir insgeheim nicht vielleicht eher Täter auf Trippel-Werkzeugen? Denn hohe Hacken schenken uns schliesslich genau die zehn Zentimeter, die eine Durchschnittsfrau auf Augenhöhe mit dem Durchschnittsmann wachsen lässt. Und rein mental vielleicht sogar noch höher. Wer einmal auf Wolkenkratzerabsätzen durchs Leben geschritten ist, weiss was gemeint ist: Der Gang auf hohen Hacken beflügelt das Selbstbewusstsein. Man sieht besser aus und fühlt sich auch so. Der Auftritt sieht wackeliger aus, wird mental jedoch fester. Männer haben vielleicht die Hosen an, aber Frauen die Schuhe! Und damit gibt sich jeder Mann geschlagen. Das sehen auch die modernen Feministinnen so, die in hohen Schuhen (übrigens genau wie in Miniröcken und Co.) die Selbstbestimmung sehen, die wir Mädels dringend brauchen. Bock auf hohe Schuhe? Na dann los.

Gesund stöckeln: Tipps für gesundes Gehen auf High Heels

Sexy High Heels richtig gehenTodsünde Trampeln: Je sanfter Sie auftreten, desto eleganter wirkt es und – noch wichtiger – desto gelenkschonender ist es. Die Knie sollten federn und die Gelenke nie vollständig gestreckt sein. Versuchen Sie bewusst den Fuss so leise wie möglich aufzusetzen. Hierfür müssen Sie den restlichen Bewegungsapparat anspannen und kontrollieren, so dass auch die Haltung automatisch anmutiger und aufrechter wird.

Ständiger Wechsel: Wer hoch hinaus will, muss sich hin und wieder Pausen einlegen. Das entspannt den Fuss und gibt ihm Zeit zum Kraft tanken für den grossen Auftritt in höheren Sphären. Achten Sie auch im Alltag darauf, dass sie häufig zwischen Turnschuhen und hohen Hacken wechseln. Je flexibler die Belastung, desto weniger Beschwerden entstehen.

Kein Stillstand: Hohe Hacken drücken die gesamte Körperlast auf die schmalen, empfindlichen Ballen. Beugen Sie Überlastungen lieber vor, indem Sie langes Stehen vermeiden. Dynamische Bewegungen sind entlastender für die Füsse als statisches Stehen.

Reine Trainingsfrage: Regelmässiges Wadentraining (z.B. Heben und Senken der Ferse beim Zähneputzen) verbessert die muskuläre Stabilität und machen den Gang sicherer und sinnlicher.

Fitte Füsse dank Fuss-Gym: Neben den Waden gilt es die Füsse in Form zu bringen: Zehenspreizen und Greifübungen mit einer kleinen Kugel steigern die Beweglichkeit der Zehen, stärken das Fussgewölbe und machen fit für die Wolkenkratzer-Absätze.

Weitere Tipps für den gelungenen Höhenflug mit High Heels finden Sie hier.

Titelbild: iStock

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