GEHEN UM ZU BLEIBENRettet eine Beziehungspause die Liebe?

Es ist ja nicht für immer, sagt Simone. Eine Trennung auf Zeit hat ein Ende. Oder sie ist gerade der Anfang vom Ende, glaubt Martin. Tatsächlich gibt es mit der Auszeit keinen Garantieschein für die Beziehung. Über die Chancen und Risiken einer Beziehungspause.

Trennung auf Zeit: Chancen und Risiken

Martin kann es nicht fassen, was Simone ihm sagt. Sie will eine Trennung auf Zeit. Die Koffer sind schon gepackt. In einer Stunde holte sie ihre beste Freundin ab. Dort wird Sie auch wohnen, vorerst, sagt sie. Simone beteuert, sie liebe Martin. Immer noch. Nach acht treuen Jahren. Würden sie sich nicht nur ständig über jeden Krimskrams streiten. Über ihre gebrauchte Slipsammlung auf dem Badezimmerflur, über sein Fussballspiel an jedem Sonntag, über seine Mutter, die sich ständig einmischt und unangemeldet vorbei kommt.

Und ehrlich gesagt, ist es auch ziemlich langweilig geworden. Wenn Martin Tatort schaut, kann er nachts nicht gut schlafen, auch wenn er das nicht zugibt. Das Brot muss immer ein Tag alt sein, sonst bekommt er Bauchschmerzen. Schnell zusammen ins Bett hilft, um ihn vom Sofa zu lotsen und für den Ausgang zu überzeugen. Wenn er morgens noch müde ist, macht er eine kleine süsse Stirnfalte. Er sagt dann immer, er muss nachdenken, aber eigentlich ist er nur morgengrimmg. Martin ist ihr vertraut bis auf die Knochen. Das ist schön, aber nicht mehr aufregend.

Die Luft ist irgendwie raus. Und Simone fühlt sich, wie aus der Puste. Sie hat keine Kraft mehr für die Beziehung und sieht, dass auch Martin erschöpft ist. Eine Trennung auf Zeit soll Erholung bringen. Quasi wie Urlaub. Ist ja nur für ein paar Wochen, beteuert Simone.

Trennung auf Zeit: Schlechte Nachrichten häppchenweise

Das sind jedenfalls die Hoffnungen, die Simone an die Trennung auf Zeit stellt. Martin glaubt das nicht. Er fühlt sich vor den Kopf gestossen. Simone hat sich allein dafür entschieden. Wird es jetzt immer so sein, dass sie wichtige Entscheidungen nicht mehr gemeinsam treffen?

Martin denkt das. Eine Trennung auf Zeit sei nichts anderes wie ein Ende auf Raten. Erstmal soll das Singleleben geübt werden, bevor die Trennung kommt. Martin will aber keine Stützräder. Er will kein Wechselbad der Gefühle. So einen halbgaren Schwebezustand zwischen Hoffnung und Abschied. Seine Kumpel hat mit seiner Exfrau was ähnliches erlebt. Nur sie hatten schon ein Kind. Und sie ist jetzt mit jemand anderem zusammen.

Martin wirft Simone vor, in einer schwierigen Phasen einfach abzuhauen, statt sie gemeinsam durchzustehen. So war sie schon immer, wenn es kompliziert wurde. Mit Freundinnen, mit dem Job, sogar die Wohnung hatten sie gewechselt, weil sie keine Lust hatte auf Stress mit dem Vermieter. Nur jetzt trifft es ihn.  

Beziehungspause: Chance für die Liebe?

Dabei ist für Martin klar, dass sich Simone in die eigene Tasche lügt und den Entschluss, die Beziehung zu beenden bereits gefasst hat. Aber noch ist sie zu feige, die Wahrheit auszusprechen. Den Gefallen wird er ihr aber nicht tun, für Sie Schluss zu machen. Im Gegenteil, er wird es ihr schwer machen, weil er sie liebt, weil sie überhaupt die einzige ist mit der Martin alt werden will. In einer Grauzone einer Pseudo-Trennung kann man schliesslich keine Farbe bekennen, sagt Martin. Und was ist überhaupt mit anderen Partnern? Ist das jetzt der Freifahrtsschein für seine Freundin den platonischen Langzeitflirt mit dem Arbeitskollegen endlich lebendig werden zu lassen. Führen sie jetzt praktisch also eine offene Beziehung?

Simone tun die Worte von Martin weh. Aber sie lässt sich nicht abbringen. Ihre Freundin hupt vor dem Fenster, so war es geplant. Jetzt nicht einknicken. Bis bald. Ein Kuss auf die Stirn und schon sitzt sie im Auto. Und sie bereut nicht. Eine Trennung auf Zeit fühlt sich richtig an. Sie ist irgendwie erleichtert und traut es sich kaum zu sagen, aber sie freut sich ohne Martin zu sein. Endlich kann sie mal tun, worauf sie Lust hat. Sonntage nicht auf dem Sportplatz, sondern in Cafés mit ihren Theaterfreunden. Überhaupt hat sie jetzt endlich Zeit mal wieder zu malen, in der engen gemeinsamen Wohnung gelang ihr kein Pinselstrich. Sie hofft am Ende der Trennung auf Zeit wieder die Simone zu sein, in die sich Martin vor acht Jahren verliebt hat. Und sie hofft, dass sie Martin bald vermisst.

Schafft Distanz wieder Nähe?

Ob es Simone und Martin schaffen werden? Auch die Psychotherapeutin Dr. Doris Wolf und Autorin des Trennungsratgebers «Wenn der Partner geht» weiss es nicht. In ähnlichen Fällen, nämlich wenn nur einer die Trennung auf Zeit vorschlägt, hält sie beides für möglich. Dass der eine dem anderen die Trennung häppchenweise serviert, damit es leichter wird, aber auch das es eine lohnende Nachdenkpause für beide ist, die gut ausgehen kann, wenn noch genügend Gefühle im Spiel sind.

Aber «dass einfach nur ein Partner auszieht, funktioniert nicht.», glaubt Doris Wolf. Wichtig sei, dass es klare und faire Absprachen für eine Beziehungsauszeit gebe. Wie lange soll die vorübergehende Trennung dauern? Wie wird Kontakt gehalten? Wer trägt die Kosten? Und darf man sich mit anderen treffen? Nur eine Frage sollte nicht schon beantwortet sein, die Entscheidung zu endgültigen Trennung. Diese sollte erst nach der Trennung auf Zeit getroffen werden. Entscheiden sich Simone und Martin, dann für eine Trennung haben sie die wichtigsten Schritte dahin bereits getan, stellen sie aber fest, dass sie immer noch gemeinsame Ziele miteinander und Gefühle füreinander haben, hat die Beziehung eine neue Chance.

Trennung auf Zeit: Die wichtigsten Regeln

+ Dauer: Bei einer Trennung auf Zeit sollte schon zu Beginn das Ende der Auszeit absehbar sein, damit das Fundament der Beziehung nicht aus den Augen verloren wird. Die Zeiträume hierfür gilt es individuell zu vereinbaren. Als Maximum hat sich oft jedoch eine Trennungsdauer von sechs Monaten etabliert, damit die Trennung auf Zeit Wirkung entfalten kann sollte das Paar aber mindestens für sechs Wochen eine Beziehungspause einlegen.

+ Kinder: Sofern Kinder im Spiel sind, ist die Trennung oder Scheidung auf Zeit eine Sache, die nicht nur die Partner, sondern auch die Kinder betrifft und daher mit diesen abgesprochen und vor allem erklärt werden sollte. Diese Gespräche sollten grundsätzlich mit beiden Elternteilen stattfinden. Kindern brauchen feste Regeln, an denen sie Orientierung finden. Vereinbaren Sie unbedingt feste Termine, an denen sich entweder die ganze Familie oder der jeweilige Partner allein mit den Kindern trifft.

+ Finanzen: Eine Trennung auf Zeit kann kostspielig werden. Vor allem, wenn eine doppelte Haushaltsführung ansteht. Treffen Sie auch hier im Vorfeld eine gemeinsame Entscheidung, wie die Finanzen geregelt werden sollen.

+ Praktische Umsetzung: Alltägliche Pflichten bleiben oft trotz der vorübergehenden Auszeit bestehen. Ob das Geburtstage, Elternsprechtage oder das gemeinsame Vereinstreffen ist: Finden Sie hierfür Vereinbarungen, wie Sie solche Angelegenheiten abhandeln wollen.

+ Grenzen: Flirten? Dates? Oder sogar mit anderen intim werden? Was soll erlaubt sein? Dieses sensible Thema braucht wohl die deutlichsten Absprachen, um keine irreparablen Schäden an der Beziehung entstehen zu lassen. Hat ein oder beide Partner eine Affäre, die überhaupt zur Trennung auf Probe geführt hat, sollte auch diese jetzt auf Eis gelegt werden, damit ein Reflexionsprozess einsetzen kann.

Text: Linda Freutel

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