JobcoachWie du einen Job findest, der wirklich zu dir passt

Hundert Bewerbungen, hundert Absagen. Wie kann das sein? Meist scheitert die Stellensuche schon, bevor sie überhaupt angefangen hat, weiss Coach Crista Henggeler. Denn der Erfolg einer Bewerbung hängt nicht nur davon ab wie sondern auch wo und worauf du dich bewirbst.

Frau trinkt einen Espresso und arbeitet am Laptop.

Berufs- oder Hochschulabschluss locker in der Tasche, Arbeitszeugnisse, die deine Leistungen über den Klee loben und Social Skills en Masse: Eigentlich sollte dich jedes Unternehmen mit Handkuss nehmen - und trotzdem hagelt es immer wieder Absagen. Das kann doch nicht an dir liegen, schliesslich bringst du alle Voraussetzungen mit. Tatsächlich aber, liegt der Hund meist schon begraben, bevor die Bewerbungsmappe überhaupt abgeschickt wurde. Denn oft verwechseln wir bei der engagierten Jobsuche Quantität mit Qualität.

Nach dem Motto irgendein Körnchen wird schon Früchte treiben, bewerben wir uns häufig nach dem Giesskannenprinzip. Das ist verständlich, schliesslich scheint der Erfolg bei der Jobsuche wahrscheinlicher, wenn wir unsere Bewerbungen möglichst weit streuen. Geschulte Personaler merken es allerdings sofort, wenn du in deiner Standardbewerbung einfach nur die Anschrift und den Ansprechpartner austauschst. Und selbst wenn es dir gelingt, den Arbeitgeber von dir zu überzeugen, musst du dir der Frage stellen, ob auch du überzeugt bist.

Besser bewerben: 7 Fragen an Jobcoach Crista Henggeler

Absagefloskeln kennen wir zu Genüge, warum wir aber für einen Job nicht in Frage kommen, bleibt meist im Dunkeln. Welche Bewerbungen werden von Personalern zuerst aussortiert?

Ein absolutes NoGo sind viel zu lange CVs, überhaupt Unterlagen, die schlecht strukturiert sind. Personaler wünschen sich verständlicherweise übersichtliche, kurze und prägnante Bewerbungen. Und wer sich schon mal die Mühe gemacht hat, seinen Lebenslauf genau auf das Stellenprofil zuzuschneiden, weiss, dass kurz und prägnant zu bleiben, nicht schneller geht, als einfach alles wahllos aufzuzählen. Sei mutig und mach den Cut da, wo es aufhört für den Job wesentlich zu sein.

Auch Unternehmen machen Fehler. Wie kann ich vermeiden, dass meine Bewerbung irrtümlich ganz unten im Stapel landet?

Unternehmen haben grundsätzlich wenig Zeit. Und nicht immer ist eine fundierte Expertise bei den Rekrutern vorhanden, um die Profile richtig einzuordnen. Je fachspezifischer das Berufsbild ist, desto wichtiger ist es, dass du dein Bewerberprofil prägnant präsentieren. Denn leider kannst du nicht erwarten, dass sich jeder Personaler die Arbeit macht, den wesentlichen Kern herauszuschälen. Der erste Eindruck zählt, Meinungen werden meist schon in den ersten Sekunden gefasst. Ich empfehle deshalb unbedingt Zeit in ein ordentliches Layout zu investieren.

Trotz perfekter Form, landet der Grossteil der Bewerbungen im Altpapier. Zuviel Konkurrenz oder bewerben wir uns auf die falschen Stellen?

Ich habe in meiner Zeit im HR-Bereich oft erlebt, dass die Bewerber nicht die nötige Vorarbeit geleistet haben. Daraus entstehen in der Regel viele Probleme und Missverständnisse beim Bewerbungsprozess. Bevor ich mich bewerbe, sollte ich mich fragen: Was passt zu mir? Wo will ich hin? Oft erlebt man opportunistisches Handeln. Ich brauche einen Job, also bewerbe ich mich gleichzeitig bei sehr vielen Unternehmen in der Annahme, dass viel eben viel hilft. Ich würde dagegen immer dazu raten, zielorientiert vorzugehen. Denn der entscheidende Punkt ist die Identifikation. Je besser der Job zu dir und deinen Vorstellungen passt, desto wahrscheinlicher ist es, dass du Erfolg hast - und ihn auch geniessen kannst.

Crista Henggeler, Professional Coaching

Über Christa Henggeler

Die auf Personalentwicklung und Rekrutierungsfragen spezialisierte Arbeits- und Organisationspsychologin Crista Henggeler kennt die Tücken bei der Jobsuche. Als Professional Coach in Zürich berät Sie Unternehmen und Privatpersonen. Auf Femelle steht sie jeden Monat Rede und Antwort rund um den erfolgreichen Bewerbungsprozess und die berufliche Karriere. www.henggelercoaching.ch

Wie sagt man so schön: Beruf kommt von Berufung. Wie finde ich heraus, was meine berufliche Bestimmung ist?

Leider gibt es dafür kein allgemeingültiges Rezept. Das muss schlussendliche jeder für sich individuell beantworten. Allerdings gibt es Fragen, die uns schneller ans Ziel führen. Herman Hesse hat einmal sinngemäss gesagt, man soll dort hin gehen, wo es einem einfach fällt, gut zu sein. Das heisst natürlich nicht, dass man keine Herausforderungen annimmt, sondern dass man seinen natürlichen Begabungen folgt. Die wichtigste Aufgabe besteht also darin, heraus zu finden, wo meine wirklichen Talente liegen. Natürlich ist das nicht immer einfach, weil wir uns allzu oft Erwartungen von anderen fügen. Ein guter Wegweiser ist da oft die Kindheit, weil man dort einen unverstellten Blick hat. Frage dich, was du als Kind gerne gemacht hast.

Test: Welcher Job passt zu mir?

Beruf kommt von Berufung. Jedenfalls dann, wenn man eine Tätigkeit gefunden hat, die wirklich zu einem passt. Finden auch Sie Ihren Traumjob! Er liegt nur ein paar Fragen entfernt.
...» Hier geht's zum Test.

Leider mussten wir uns als Kind nicht darum kümmern, wer die Miete bezahlt.

Sicherlich müssen wir immer Kompromisse machen. Allerdings sollte man sich nicht völlig verbiegen müssen. Das kostet dich auf Dauer zu viel Energie und wirkt sich früher oder später auch auf deine Lebensfreude aus. Deshalb ist es so bedeutsam, für sich festzulegen, welche Werte einem wichtig sind, um dann im nächsten Schritt herauszufinden, in welcher beruflichen Umgebung du diese honorieren kann. Wenn ich zum Beispiel eine sehr soziale Ader habe oder gerne Menschen zusammenbringe, sollte ich nicht in einem Umfeld arbeiten, indem der Joberfolg allein vom ökonomischen Ergebnis abhängt, sondern dort hin, wo ich einen gewissen sozialen Einfluss ausübe. Ein dritte Frage ist, wo möchte ich eigentlich in fünf oder zehn Jahren stehen? Wenn ich mich für ein Unternehmen entscheide, sollte ich rechtzeitig abklären, ob ich dort auch mittelfristig die Chance habe, mich in die gewünschte Richtung zu entwickeln.

In einer Jobausschreibung finden sich meist nicht alle Infos, die ich brauche, um festzustellen, ob das beschriebene Jobprofil und die Firma wirklich zu mir passen.

Eine gute Quelle für diese Fragen ist meist die Firmenhomepage. Auch wenn Werte inzwischen mehr und mehr einem abgedroschenen Begriff gleichen, ist es wichtig zu wissen, wie das Unternehmen seine Werte kommuniziert. Hilfreich ist es auch, aktuelle Meldungen aus dem Unternehmensgeschehen zu verfolgen. Diese werden dir auch bei deinem Bewerbungsschreiben und deinem Vorstellungsgespräch nützlich sein. Zudem solltest du, wenn möglich, dein privates Netzwerk aktivieren. Frag Leute, die vielleicht Erfahrung mit diesem Unternehmen haben oder ruf im Zweifelsfall direkt den Recruter an. Keine Angst, wenn du wirklich gute Fragen hast, die sich nicht durch gründliches Lesen und die Homepage beantworten lassen, wird dir das nicht zum Nachtteil sein.

Ich weiss was und wo ich arbeiten möchte, aber es gibt keine Stellenausschreibung dazu. Sollte ich mich dann einfach blind bewerben?

Ich habe meine letzte Stelle tatsächlich durch eine Blindbewerbung bekommen. Persönlich habe ich also durchaus positive Erfahrungen damit gemacht. Aber auch hier gilt, sie müssen zielgerichtet sein. Du musst einen guten Grund haben, warum du trotz fehlender Stellenausschreibung unbedingt in dieses Unternehmen willst. Und das ist für mich eine Frage der Positionierung. Wie zeige ich dem Unternehmen, dass es für mich ein wichtiges Anliegen ist. Gleichzeitig muss ich begründen können, warum meine Bewerbung auch für dieses Unternehmen wichtig ist.

Take away

Diese Gedanken solltest du bei der Jobsuche begleiten.

  1. Suche zielorientiert.

Bevor du auf Jobjagd gehst, solltest du dir selbst die Frage stellen, wohin du wirklich willst. Stimmen die Firmenwerte mit deinen eigenen überein? Bietet die Firma Inhalte, die für dich bedeutungsvoll sind? Denk daran: Gelegenheit macht Diebe. Entscheide dich trotzdem nicht für einen Job, nur weil es gerade opportun scheint.

  1. Denke mittelfristig.

Ob der Job dich in eine Sackgasse führt (z.B. keine Aufstiegschancen, keine Weiterbildungsmöglichkeiten, auffällig grosse Fluktuation) lässt sich meist schon sehr früh herausfinden. Bevor du dich also für ein Unternehmen entscheidest, überleg dir welche Entwicklungschancen dir geboten werden.

  1. Setze Prioritäten

Sich zu bewerben, ist auch Übungssache. Bewerbe dich deshalb zuerst bei den Unternehmen, die unten auf deiner Prioritätsliste stehen. Sobald du dich sicher fühlst, solltest du bei deiner Traumfirma anklopfen. Das spart Zeit.

Beruf kommt von Berufung. Mach jetzt unseren Test und finden heraus, welcher Job wirklich zu Ihnen passt.

Interview: Nathalie Türk, 23.01.2013

Titelbild: Anchiy/E+

Mehr dazu