LiebeskummerWas tun gegen Herzschmerz?

Bei Liebeskummer wechseln sich Angst, Wut, Trauer und Lustlosigkeit ab. Wie man den Herzschmerz nach einer Trennung am besten übersteht, woher dieser kommt und wie lange er dauert, verraten Liebeskummer-Psychologen.

Frau liegt im Bett und schaut traurig.

Eine Trennung ist eine der schwersten Herausforderungen, die der Mensch erlebt. Und doch ist sie so alltäglich und überall. Jeder macht sie in irgendeiner Form durch, die meisten mehrfach. Warum ist der Herzmscherz so schlimm und wie kommt man darüber hinweg? Wir haben uns mit ExpertInnen unterhalten.

Das passiert mit uns bei einer Trennung

Es ist aus. Lara sitzt in ihrem Single-Appartement in Züri-West und kann es kaum glauben. Ein stechender Schmerz zieht durch ihr Herz. It's over, nach Jahren ist die Beziehung auf einmal vorbei. Weg ist die gemeinsame Wohnung. Lara und ihr Freund haben sich getrennt. Dabei waren die letzten Jahre voller Liebe, Humor und Gemeinsamkeit. Jetzt fühlt Lara sich leer und allein.

Sie ruft ihre beste Freundin an, die kann kaum glauben, dass Lara sich nur noch an die «schönen Zeiten» mit ihrem Ex erinnert. Sie erinnert Lara an die schlechten Tage, seine schlechten Angewohnheiten, sein nerviges Verhalten. Jahrelang wollte er sich ändern, hat es aber dennoch nicht gemacht. Die Trennung, sagt ihre Freundin, war die richtige Entscheidung. Der Trennungsschmerz würde vorbeigehen und ein neues Kapitel beginnt.

Das Leben geht weiter – so fühlt sich das für Lara in diesem Moment aber gar nicht an. Sie hat das Gefühl, nie wieder Freude zu spüren. Aber sie beginnt auch an die negativen Seiten der Beziehung zu denken. Reden hilft! Vertrau dich deinen FreundInnen und Verwandten an. Deine Liebsten wollen dich glücklich sehen und werden dir helfen, das Broken-Heart-Syndrom  und den Kummer durchzustehen.

Wut und Trauer. Dann eine Tafel Schokolade.

Lara erinnert sich wieder: seine Unzuverlässigkeit, seine Rücksichtslosigkeit, sein egoistisches Verhalten. Wie konnte sie das nur vergessen? Wut kommt in ihr auf. Da sind noch so viele Dinge, die Lara ihm direkt ins Gesicht brüllen will. Wie in den vielen Streitereien, die die beiden ständig hatten. Die waren heftig. Nur danach nicht, danach war die Versöhnung umso liebevoller. 

Oft machte er den ersten Schritt, klopfte sanft an ihre Tür. In der Hand ihre Lieblingsschokolade. Schokolade. Das ist es, was sie auch jetzt braucht. Lara sitzt Schokolade kauend in ihrem Single-Appartement und kann es wieder nicht fassen. Eigentlich waren es doch so schöne Zeiten. Schliesslich war er doch ihre grosse Liebe, oder nicht? Sie kommt wieder ins Grübeln, erinnert sich an die schöne Zeit und spürt jetzt einen körperlichen Schmerz, wenn sie nur an sein Gesicht denkt.

19 Monate Liebeskummer sind Durchschnitt

Es ist Laras vierter Freund, mit dem eine Beziehung in die Brüche gegangen ist. Mit ihren dreissig Jahren liegt sie damit voll im Durchschnitt. Denn ein Blick auf Liebeskummer-Studien ist ernüchternd: Laut einer PARSHIP-Umfrage unter 2500 Personen brauchen Frauen rund 20 Monate, um den Herzschmerz komplett zu verdauen.

Filmtipp für frische Singles:

Männer haben sich nach 17 Monaten auskuriert. Lara wird also drei Monate länger als ihr Freund brauchen, um mit der morgendlichen Verzweiflung zu ringen, tägliche Angst-Wut-Trauer-Wechselduschen durchzumachen und ihr angeschlagenes Selbstvertrauen zurückzugewinnen. Sie wird die Liebeskummer Phasen in diesen 20 Monaten durchmachen.

Liebessüchtige auf Entzug

Während sich soziologische Studien einig darüber sind, dass 19 Monate Liebeskummer absolut normal sind, fragen sich die Hirnforscher, warum wir überhaupt Liebesschmerz verspüren: Lara ist chemisch gesehen, ein Liebesjunkie auf Entzug. Die fatale Droge ist «Serotonin». Serotonin ist ein Glücksbotenstoff, der im Gehirn von Verliebten freigesetzt wird.

Glücksbotenstoff:

Serotonin ist ein «Glücksbotenstoff» und wirkt auf die Signalübertragung im Zentralnervensystem. Bei Liebeskummer verringert sich die Menge Serotonin. Die Folge: Trauer, Depressionen und Ängste.

Er erzeugt das zufriedene Gefühl, das Partner in einer gesunden Beziehung haben. Bei einer Trennung verringert sich der Liebesstoff, der Körper versucht dennoch «nachzutanken». Vergeblich. Der Prozess, der dabei ausgelöst wird, ist vergleichbar mit dem Entzug eines Alkohol- oder Kokainabhängigen, so ein Forschungsergebnis von Neurologen aus den USA.

Wenn Lara das Fussballposter ihres Ex-Partners zerknüllt und ihm als Geschenkpaket sendet und sich im nächsten Moment die Augen ausheult, weil sie seinen alten Sportpullover in einem Karton gefunden hat, heisst das für Hirnforscher: Lara ist serotoninabhängig.

Wenn der Schmerz nicht aufhört

Trotz aller Studien tut Liebeskummer weh. Normalerweise ist Lara sonst alles andere als hilflos. Sie steht mitten im Leben, ihre Familie ist für sie da, ihre Freundinnen geben ihr Rat und Beistand, bei ihrer Arbeit steigt sie gerade auf. Und trotzdem fühlt sie diese Stiche im Herz, dieser körperliche Schmerz, Lustlosigkeit und das Gefühl von Leere. Wie soll Lara das die nächsten Monate überstehen? Was, wenn der Liebeskummer nicht aufhört?

Die Phasen der Trennung

Bereits vor der Trennung gibt es eine Phase der Vorahnung. Manchmal unbewusst, manchmal deutlich: dadurch schleichen sich Verlustängste ein. Der Liebeskummer setzt also oft schon vor dem Ende ein.

Dann der Schock, plötzlich ist es vorbei. Es ist die Phase, in der sich Betroffene im Bett verkriechen und die Trennung nicht wahrhaben möchten. Und am nächsten Tag? Immer noch das Gleiche. Nach einer verlorenen Liebe die schönen Dinge im Leben zu erkennen, dauert seine Zeit. Es ist wichtig, sich hier einer nahestehenden Person anzuvertrauen, um so mit der Trauerarbeit zu beginnen. Betroffene haben Angst, die Realität anzunehmen, weil es dann scheinbar kein zurückgibt. Was, wenn er wieder zurückkommt? Das ist eine berechtigte Frage. Zu diesem Zeitpunkt solltest du davon ausgehen, dass es nicht geschieht. Stattdessen solltest du dich auf die wichtigste Person deines Lebens konzentrieren: dich selbst.

Die dritte Phase ist ein Schwanken, zwischen loslassen und festhalten. Du neigst dazu, unvernünftig zu handeln. Rufst ihn an und versuchst, ihn zurückzubekommen, weil du den Verlust nicht wahrhaben kannst. Aber selbst, wenn sich zwei Personen wieder versöhnen, kann nicht einfach alles rückgängig gemacht werden. Es ist wichtig, über deinen oder deine Verflossene hinwegzukommen. Um nicht in Versuchung zu kommen, hilft die 30-Tage Regel. Das bedeutet, dass du keinen Kontakt zu der Person aufnimmst. Bevor ihr euch wieder seht (um beispielsweise die Sachen abzuholen), solltest du Distanz gewinnen. Es ist also nicht kindisch, wenn du eine gute Freundin vorbeischickst statt die Person zu treffen. Es handelt sich um Selbstschutz.

Filmtipp gegen das gebrochene Herz:

In der vierten Phase bist du wütend und voller Selbstzweifel, Die alltäglichen Aufgaben sind eine echte Herausforderung, du bist wütend auf deinen Ex, du hast Angst, dass du nie wieder Liebe findest. Die Angst vor der Einsamkeit plagt dich. In dieser Phase kannst du dich neu orientieren, viel mit deinen guten Freunden machen, neue Hobbys lernen, reisen und dich verwöhnen. Vielleicht holst du dir eine Dating-App, um wieder mehr Selbstbewusstsein aufzubauen oder meditierst. Du hast zwar ein gebrochenes Herz, aber auch Motivation und Lust, dein Leben zu leben. Geh unter Menschen, du bist nicht allein.

In der letzten Phase bist du grösstenteils über die Liebe hinweg und leidest nicht mehr. Ab und zu tritt noch Wut oder Traurigkeit an die Oberfläche, wenn du an ihn erinnert wirst. Die Trennung bestimmt aber nicht mehr deinen Alltag. Gut gemacht! Du hast es geschafft, über deine Partnerschaft hinwegzukommen. Und ja, du bist auch bereit für eine neue Liebe. 

Eine extreme Zeit, die sich alles andere als normal und durchschnittlich anfühlt.

Tipps: Gegen Liebeskummer ansteuern

1. Ausmisten: 

Für Lara ist zum Zeitpunkt der Trennung vorerst kein Liebeskummer-Ende in Sicht. Anthropologen wie die Amerikanerin Helen Fischer raten daher, bewusst gegenzusteuern, indem man zum Beispiel sämtliche Erinnerungsstücke an die gemeinsame Zeit mit dem Exfreund wegpackt.

Lara sollte also alles, Fotos, Geschenke und CDs mit den «gemeinsamen Liedern» erstmal ausser Sichtweite bringen und ganz bewusst neue Dinge unternehmen – das lenkt ab und erhöht den Glückshormonspiegel. Schon immer wollte sie ihre Lieblingsband auf Tour erleben, mit dem Fahrrad von Emmental nach Luzern fahren und sich in Workcamps für andere Menschen einsetzen.

2. Neuen Hobbys nachgehen

Nimmt sie ihre Ziele  jetzt in Angriff, kann sie sich nicht nur ablenken, sondern auch von ihrem Liebeskummer profitieren. Statt sich gehen zu lassen, sollte Lara Ihrem Körper etwas Gutes tun und öfter mal einen Wellness-Tag einlegen. Auch Sport wie Laufen oder Schwimmen baut Stress ab und belebt Körper und Geist.

3. Kreativität und Inspiration finden

Kreativität macht den Kopf wieder frei. Mit Beschäftigungen wie Malen, Singen oder Theaterspielen kann Lara sich künstlerisch ausleben und ihre Gefühle zum Ausdruck bringen. So verdaut sie nicht nur den Schmerz, sondern bekommt auch neue Inspirationen und lernt, die alltäglichen Dinge zu lieben.

4. Professionelle Hilfe

Sollte der Liebeskummer sich jedoch gesundheitliche Schäden wie Magersucht oder lang anhaltende Migräne hervorrufen, kann eine therapeutische Beratung helfen. Auch, wenn einfach das Gefühl von Hilflosigkeit anhält oder man das Gefühl hat, alleine schaffe ich das nicht, hilft die Therapie. Professionelle Hilfe ist sinnvoll, um die Phasen des Liebeskummers durchzustehen und sich selbst nicht noch mehr weh zu tun.

5. Das Gute im Schmerz erkennen

Doch auch wenn der Weg kein leichter ist, Liebeskummer ist nach Auffassung des Verhaltensforschers Michael Bechinie ein wichtiger Mechanismus, um sich selbst besser einschätzen zu können. Die intensive Auseinandersetzung mit sich selbst, stärkt die eigene Persönlichkeit und entwickelt sie weiter. Lara sollte den positiven Wert dieser Lebensphase nicht unterschätzen.

Buchtipp:

In ihrem Buch «Warum wir lieben: die Chemie der Leidenschaft.» illustriert Helen Fischer humorvoll, warum Verliebtheit wie Sucht ist und wie sich Liebeskummer im Gehirn manifestiert.

Weitere Links:

  • Schweizer Liebeskummerpraxis: liebeskummer-praxis.de
  • Forum für Liebeskummer: liebeskummer.ch

Titelbild: Unsplash 

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