Mama & BabyMein Baby stillen – oder nicht?

Sein Baby zu stillen oder eben nicht, ist ein sehr persönliches Thema. Und doch scheint jeder seine Meinung dazu zu haben. Redaktorin Linda Freutel über ihre Erfahrungen und die Vor- und Nachteile des Stillens.

Femelle Logo

Ich habe mein Baby nicht gestillt. Es tat einfach zu sehr weh, als ich es versuchte. Zudem wollte ich nach der Geburt bald wieder arbeiten – so hielt ich es für sinnvoll, das Fläschchen zu geben. Diese und andere Gründe genügten den meisten Menschen in meinem Umfeld aber nicht. Ich würde euch gerne von meinen Erfahrungen erzählen und von ein paar Vor- und Nachteilen, die ich mit dem Stillen verbinde. 

Stillen oder Fläschchengeben. Wieso beides richtig ist.

Früh war ich der Meinung, mich bei diesem Thema nicht rechtfertigen zu müssen. Mir ging es mit der Entscheidung, nicht zu stillen, gut. Meinem Kind auch, meinem Mann ebenfalls und bis heute sind wir alle gesund und glücklich. Und dennoch: Das Einzige, was am Nicht-Stillen wirklich richtig gestört hat, war meine Umwelt. Entsetzte Blicke, unnötige Kommentare und teilweise sogar heftige Diskussionen, braucht man als frisch gebackene Mama meiner Meinung nach nun wirklich nicht. 

"Vielleicht sind deine Brüste einfach zu klein, um zu stillen." Whaaat? Oder "Du weisst schon, dass Stillen das Beste für dein Kind ist, oder?". Aha! Eine Krankenschwester wollte mir dann noch einreden, Flaschenkinder neigen im Erwachsenenalter zu Übergewicht. Fakt ist: Ich bin selbst nicht gestillt worden und trage trotzdem ein gesundes Gewicht. Meine Geschwister ebenfalls.

Wir dealen nicht mit Drogen. Wir füttern unsere Kinder.

Die Welt steht mit einem Säugling ohnehin Kopf. Nicht stillende Frauen dann noch mit Verurteilung und Verunsicherung zu beschweren, ist weder förderlich, noch auch nur in irgendeiner Weise angemessen. Übrigens gilt dies nicht nur für nicht stillende Mütter: Auch Mamas, die ihren Kindern die Brust geben, werden mit Vorurteilen konfrontiert. Ewiges Stigma: Stillen gehört sich nicht in der Öffentlichkeit. Warum denn nicht? Wenn Stillen doch das Allerbeste für unsere lieben Kleinen ist, dann muss man sich dabei doch wohl nicht verstecken, oder? Wir dealen nicht mit Drogen. Wir füttern unsere Kinder. Das ist das Natürlichste der Welt.

Bis heute bin ich empört über all jene Menschen, die sich eine Meinung in Fragen fremder Familien- und Frauenangelegenheiten anmassen. Denn wenn ich eines aus dem Leben als Mama gelernt habe, dann ist es eins: Es gibt weder richtig noch falsch. Es gibt nur das Baby, seine Eltern und eine Form der Liebe und des Umgangs, die jede Familie besonders und einzigartig macht. Zum Thema Stillen gibt es daher zwar einen Haufen von Fakten, Erfahrungen und sogar eine Empfehlung von der Weltgesundheitsorganisation, es gibt aber auch einen persönlichen Rat von mir: Für Muttermilch gibt es einen Ersatz. Für eure Herzenswärme nicht. Also, liebe Mamas, entscheidet aus dem Bauch und wenn ihr mögt, anhand dieser Fakten, ob euer Baby die Brust oder das Fläschchen bekommen soll. Beides ist richtig, solange es euch dabei gut geht.

Stillen: Vorteile für Baby und Mama

  • Stillen ist natürlich und praktisch: Muttermilch ist kostenlos, muss nicht zubereitet werden und kann dem Baby immer und überall gegeben werden. Stillen ist das natürlichste der Welt. Selbst die WHO empfiehlt es wegen der unten genannten Gründe.
  • Mutter-Kind-Bindung: Durch den intensiven Körperkontakt, produzieren die Körper von Mutter und Kind das Wohlfühl- und Bindungshormon Oxytocin, welches Vertrauen und Nähe schafft.
  • Stillen hält gesund: Über die Muttermilch werden dem Baby nicht nur wichtige Fette, Eiweisse und Zucker zugeführt, sondern auch Immunstoffe. Abwehrkörper der Mutter gehen auf das Kind über. Dadurch ist das junge Immunsystem des Babys deutlich gestärkt.
  • Stillen fördert die Rückbildung: Durch das Stillen erfährt der mütterliche Körper hormonelle Impulse, die den Rückbildungsprozess nach der Geburt unterstützen. Die Straffung sämtlichen Gewebes, die hormonelle Umstellung sowie die Regeneration der Gebärmutter, werden gefördert. Das Gerücht, durch Stillen würde der Busen „ausleiern“, stimmt übrigens nicht. Das Bindegewebe ist sehr dehnfähig und kann sich nach dem Abstillen wieder auf ein Normalmass zurückbilden. Besagte Hormone, die durch das Stillen ausgeschüttet werden, helfen bei diesem Prozess.
  • Ruhigerer Schlaf: Das Anlegen der Brust läuft schnell und früher oder später routiniert und komplikationslos ab. Mütter berichten, dass das Stillen den Schlafrhythmus vor allem nachts weniger stört, als das Zubereiten einer Flasche.

Nachteile und Risiken beim Stillen

  • Nicht jede Frau kann stillen: Auch wenn es das Natürlichste der Welt ist, kann nicht jede Frau stillen. Zwar hilft in vielen Fällen Ruhe, Zeit und Geduld (Tipp: Auch das Arbeiten mit so genannten Stillhütchen hilft vielen Müttern beim Stillen), dennoch können geringer Milchfluss oder starke Schmerzen Mamas am Stillen hindern.
  • Mütter haben keine Unterstützung: Der Papa, grosse Geschwister oder die Grosseltern können dem Baby die Flasche geben und der Mama damit einen Moment der Ruhe ermöglichen. Diese Art der Entlastung und Einbindung gibt es beim Stillen nicht. Einzige Möglichkeit: Stillende Mamas können hin und wieder Milch abpumpen und auf Vorrat einfrieren.
  • Komplikationen: Beim Stillen kann es zu Entzündungen der Brust, Milchstau oder anderen schmerzenden Komplikationen kommen. In den meisten Fällen sind diese gut behandelbar. Dennoch sollten sich Frauen darüber bewusst sein, dass es zu solchen Beschwerden kommen kann.
  • (Berufliche) Flexibilität: Stillende Mutter, die bald nach der Geburt wieder arbeiten wollen oder müssen, stehen oft vor einer grossen Herausforderung. Genügt die Menge abgepumpter Milch nicht aus, um das Kind während der mütterlichen Abwesenheit zu sättigen, müssen sie entweder zufüttern oder abstillen.

Zu stillen ist eine Bauchentscheidung

Abschliessend ist diese Abwägung der Vor- und Nachteile übrigens nicht. Für jeden spielen noch individuelle Gründe und Gefühle bei der Entscheidung des Stillens oder Nichts-Stillens eine Rolle. Fakt ist daher letztlich nur eines: Zu stillen ist keine Kopfsache, sondern eine Bauchentscheidung. Lasst euch dabei so wenig wie möglich beeinflussen – dann könnt ihr gar nichts falsch machen.

Titelbild: Unsplash

Mehr dazu