Tattoo MotiveMode, die unter die Haut geht
Tattoos sind ein Trend, der für die Ewigkeit hält. Aber deshalb muss er noch lange nicht für immer angesagt sein. Im Gegenteil: Zeitlos sind nur die wenigsten Tattoo Motive. Manche Designs sind bereits Schnee von gestern, andere noch immer der letzte Schrei. Wir zeigen was heute gefragt, morgen gestochen und übermorgen noch immer gefragt ist.
Auf Tattoo Conventions, den internationalen Messen der Tätowierer, entdeckt man an manchen Ständen Schilder, auf denen ein durchgestrichener Stern zu sehen ist. In Österreich gründete sich sogar eine Initiative, die unter sternfrei.at gegen den Kommerz auf dem Tattoo-Markt, insbesondere gegen Tattoo-Motive, wie «Sterne, chinesische Schriftzeichen und andere einfallslose Tätowierungen» kämpft. Denn auch die Entscheidung für ein lebenslang bleibendes Tattoo-Motiv ist nicht frei von Trends.
Für Tätowierer die sich als blosse Dienstleister verstehen, sei es natürlich kein Problem das 500. Sterne Tattoo zu stechen, doch für Tätowierer, die sich als Künstler begreifen, seien diese Hypes um einzelne Tattoo-Motive ein Graus, erklärt Dirk-Boris Rödel, Chefredakteur des Tätowiermagazins, und spricht damit wohl so manchem Tattoo-Liebhaber aus der Seele.
Denn Tattoos sind in den letzten Jahren zwar erfreulicherweise immer gesellschaftsfähiger, aber leider auch immer leidenschaftsloser geworden. Schade, denn ein Tattoo-Motiv, das für ewig hält, soll zwar gerne dem Zeitgeist entsprechen, aber dabei einzigartig und zeitlos mit dem Träger in Verbindung stehen können.
Arschgeweih & Co: Tattoo-Motive in den 90ern
Die Tattoo-Welle kam vor allem in der Mitte der 90er Jahre ins Rollen. Damals waren die heute als «Arschgeweih» in Verruf geratene Tribal-Tattoos, die oberhalb des Steissbeins gezeichnet wurden, unter Frauen absolut gefragt. Die Tattoos über dem Steissbein waren vor allem deshalb so beliebt, weil sie eine Körperstellen zierten, die sich im Alltag gut verstecken liessen. Heute ist man über diese Tattoo-Vertuschungsmöglichkeit noch immer erfreut. Allerdings nicht mehr unbedingt, weil man seine Körperkunst aus gesellschaftlichem Anstandsgefühl nicht zeigen darf, sondern weil es als peinlich gilt. Wer traut sich heute schon, öffentlich zur Schau zu stellen, dass er Opfer des Tribal-Trends geworden ist? Die Tribal-Motive auf Steiss und Schulter sind inzwischen zum absoluten No-Go geworden, ähnlich wie der Girlie-Look mit Kunstfaserblumen, Frottee-Shirts oder das Tamagotchi. Was nicht heisst, dass das Arschgeweih für immer in den 90ern bleibt, schliesslich tragen wir heute wieder selbstverständlich Neonfarben und Plateauschuhe.
Sterne, Schmetterlinge und Schriftzeichen: Typische Tattoo-Motive von heute
Die Tribal-Welle der 90er ist aber nicht die einzige, gestochene Massenbewegung, die sich in der Tattoo-Szene breit gemacht hat. Im Gegenteil: Nachdem die Tribal-Mania für Tattoo-Liebhaber eine gesellschaftliche Lanze gebrochen und gezeigt hat, dass man auch ohne Vorstrafen der gestochenen Körperkunst frönen kann, wurden die Massen mutiger, deshalb aber nicht unbedingt kreativer.
Typische Trend-Tattoos für Frauen seit der 00er Jahre sind chinesische Schriftzeichen, Herzen, Sterne oder Schmetterlinge, die an immer besser sichtbaren Körperstellen (Unterarm, Handgelenk, Nacken, Hals oder Schlüsselbein) thronen. Dass Tattoos im Alltag und teilweise sogar im Geschäftsleben immer besser zu sehen sind, wird von Tattoo-Künstlern begrüsst. Die Tatsache, dass sich die Motive ständig wiederholen, fassen Herzblut-Tätowierer hingegen als Hohn auf. Es ist höchste Zeit, dass Tattoos wieder individueller werden.
Die Entscheidung für ein Tattoo-Motiv: Eine Frage der Persönlichkeit
Als Antibewegung zu nichts-sagenden Mainstream-Motiven, haben sich aber auch wieder Tattoo-Motive durchgesetzt, die einen besonders persönlichen Touch haben. Wie so oft kamen die Vorreiter hierfür aus Hollywood: Stars wie Angelina Jolie, Victoria oder David Beckham, aber auch Heidi Klum setzten einen Tattoo-Trend, den zwar viele nachstechen lassen, der aber niemals zur Massenbewegung wird. Ein Schriftzug mit dem Namen des Liebsten, der Kinder oder der Eltern, der die eigene Haut verziert, spricht aus der eigenen Seele – und die kann von niemandem kopiert werden.
Bei tätowierten Schriftzügen arbeitet man heute übrigens mit sehr dünnen Nadeln. Zudem verdünnt man die Tinte oft mit etwas Wasser, so dass die Schrift insgesamt feingliedrig und nicht zu dunkel wirkt. Noch mehr Persönlichkeit bekommt das Tattoo übrigens, wenn man die Schrift nicht von einem Tattoo-Künstler entwerfen lässt, sondern selbst zeichnet. Immer moderner werden übrigens auch bildliche Verewigungen seiner Liebsten. Gezeichnete Portraits der Kinder, des Geliebten, von berühmten Persönlichkeiten oder sogar der Haustiere sind derzeit gefragter denn je.
Rosen, Anker & Schwalben: Das Revival der Oldschool-Tattoos
Ebenfalls zu beobachten ist ein Tattoo-Trend, der zurück zu den Wurzeln der haltbaren Körperkunst geht. Klassische Motive aus der Seefahrt, wie Anker oder Windrosen, sowie Schwalben und rote Rosen waren einst nur harten Seebären vorbehalten, heute sind sie vor allem bei Herzblut-Tattoo-Fans gefragt. Sie gelten als eine Art Abgrenzung zum Tattoo-Mainstream der breiten Masse und als Bekenntnis zur ursprünglichen Tattoo-Kunst. Auch gestochene Totenköpfe, Herzen, über die ein Schriftzug prangt oder Spielkarten zählen zu den angesagten Retro-Tattoo-Trends.
Nicht nur das Motiv, auch die Tattoo-Stellen wechseln mit dem Zeitgeist
Aber nicht nur einzelne Trend-Motive wechseln sich, sondern auch die beliebtesten Körperstellen. Nach dem das Arm-Tattoo lange als Knast-Tattoo verschrien war, gilt es gerade heute wieder wegen seiner Rohheit vielen Männern als Wunschstelle. Besonders beliebt bei Frauen sind jedoch nachwie vor zierliche Körperstellen, wie Hand- und Fussgelenke, der Nacken sowie auf dem Schulterblatt, rund um den Schlüsselbeinknochen oder die seitliche Bauchregion.
Auch Tätowierungen, die aus unterschiedlichen Motiven den ganzen Körper abdecken oder die den ganzen Arm bedecken, sogenannte «full sleeves» sind nicht mehr allein den «Freaks» vorbehalten. Wichtig bei den Ganzkörper Tattoos ist, dass man hierfür wirklich einen Spezialisten aufsucht. Das Gute, sie haben nochmal Zeit über ihr individuelles Wunschmotiv gründlich nachzudenken. Denn die Wartezeiten betragen teilweise bis zu einem Jahr.
Tattoo-Studio: So finden Sie das Richtige
Beim Tätowieren geht es neben der Auswahl eines passenden Motives, vor allem auch um die Wahl des passenden Tätowierers. Und hierbei zählt ein gesundes Bauchgefühl. Sie müssen sich bei Ihrem Tattoo-Künstler wohl fühlen und ihm vertrauen.Darüber hinaus sollten Sie darauf achten, dass die Räumlichkeiten stets gründlich desinfiziert werden, mit sterilen Nadeln gearbeitet wird und Farben verwendet werden, die auf hohen Qualitätsstandards beruhen.
Beobachten Sie als Hinweis auf die Qualität des Tattoo-Studios auch darauf, wie generell gearbeitet wird: Eine etwas rockige Atmosphäre ist normal und gehört zum Kult, achten Sie jedoch trotzdem darauf, ob in den Räumlichkeiten viel geraucht oder gegessen wird oder vielleicht Hunde anwesend sind. Solche Indikatoren sollten Sie anregen, die weiteren Standards gründlich zu hinterfragen.
Ansonsten gilt nur: Trauen Sie sich. Es tut nur kurz weh. Und falsch machen können Sie ohnehin nichts. Denn letztlich gibt es nur gute Tattoos. Im Moment des Stechens wollten Sie schliesslich genau dieses Motiv, diese Stelle, zu dieser Zeit und mit diesem Gefühl –mehr zählt nicht! Geniessen und leben Sie den Moment. Er wird sich ewig in Ihre Haut stechen!
Die besten Tattoo-Adressen
Harte Kerle, feine Nadeln: Im Studio Freibeuter-Tattoo in Winterthur kommt Piratenatmosphäre auf.
Hier sticht eine Legende: World’s end Studioinhaber Rock ist eine lebende Kultfigur der Stadt Zürich.
Weil wir Frauen vertrauen: Im Happy Needles in Wien sticht Studio-Inhaberin Monika höchst persönlich.
Kunst und Köstlichkeiten: Die besten Burger und die besten Tattoos der deutschen Hauptstadt treffen hier aufeinander. Im White Trash in Berlin muss jeder mal gewesen sein, gegessen haben und vielleicht sogar etwas stechen lassen.