Bikram Yoga im TestOhne Schweiss kein Preis

Lady Gaga und Madonna tun es bei über 40 Grad: Klassisches Yoga war gestern, heute schwitzt man bei Bikram Yoga. Yoga unter extremen Bedingungen ist en vogue, aber ist der Hype berechtigt? Wir wollten es genau wissen und haben unsere Redakteurin Nina Grünberger zum Schwitzen geschickt.

Experiment Bikram Yoga: Wunderwaffe oder Hype?

Wenn ich erzähle, dass ich jetzt Bikram Yoga mache, kommt immer die gleiche Reaktion. Die, denen Bikram Yoga ein Begriff ist, sehen mich voller Entsetzen und Mitleid an. Die, denen Bikram Yoga nichts sagt und denen ich erkläre, dass ich bei bis zu 40 Grad Raumtemperatur freiwillig zum Baum oder Pfeil werde, reagieren genauso.

Bikram Yoga oder Hot Yoga ist der neue Fitness-Trend, dem auch Stars wie Madonna oder Lady Gaga verfallen sind. Es klingt aber auch zu verlockend: Angeblich verbrennt man in einer Einheit bis zu 1000 Kalorien und innerhalb kürzester Zeit soll sich der Körper sichtbar verändern – das behaupten zumindest glühende Anhänger.

Bikram Yoga wurde von dem indischen Yogameister Bikram Choudhury ins Leben gerufen und beinhaltet 26 Übungen (Asanas), die 90 Minuten bei einer Raumtemperatur von bis zu 40 Grad praktiziert werden. Durch die hohe Temperatur soll der Körper geschmeidiger und durch das starke Schwitzen entgiftet werden. Aber was ist wirklich dran am neuen Trend? Kritiker sehen hier viel Hype um nichts. Ich will mir selbst ein Bild machen und habe den Trend bei «Bikram Yoga Zürich» ausprobiert.

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Bikram Yoga: Der Tag davor

«Mir wurde schwindelig und schwarz vor Augen» oder «Nach 20 Minuten habe ich mich gefragt, warum ich mir das antue», heisst es in den Internet-Foren. Ich muss zugeben, ich habe ein bisschen Angst und befürchte, dass man mich nach zehn Minuten aus dem Raum tragen muss. Als blutige Yoga-Anfängerin 90 Minuten bei einer Raumtemperatur von über 40 Grad zu schwitzen, klingt furchteinflössend. Trotzdem. Da muss ich jetzt durch. Die begeisterten Anhänger sind sich nämlich einig: Bikram Yoga hat ihr Leben verändert! Mit meinem Leben bin ich soweit ganz zufrieden, mit Bauch-Beine-Po weniger. Da darf Bikram gerne ran.

Bikram Yoga: Erste Stunde

«Dein heutiges Ziel ist im Raum zu bleiben». Stefan Tanner, Geschäftsführer von Bikram Yoga Zürich, strahlt mich an und mir vergeht das Lachen. Er drückt mir eine Yoga-Matte in die Hand und wünscht mir viel Spass.

Da ist sie also. Die Tür zur Hölle. So male ich es mir zumindest aus. In bequemer Trainingskleidung, mit Yoga-Matte, Handtuch und einer grossen Wasserflasche betrete ich den Raum. Ja, warm ist es. Ich lege mich in die letzte Reihe, denn ein Schild weist an: «3.Reihe: Anfänger, Schwangere oder Yogis mit schlechtem Tag». Die Stunde beginnt in zwanzig Minuten, trotzdem bin ich nicht die Erste im Raum. Die Yogis liegen mit geschlossenen Augen auf ihren Matten, die offenen Handflächen zur Decke gewandt. Ich tue es ihnen gleich und versuche ruhig zu atmen. Nach 15 Minuten ist die Hitze kein Problem mehr – aber noch habe ich mich ja nicht bewegt.

Sonia betritt den Raum und strahlt. Mit ruhiger Stimme führt sie uns in die ersten Übungen ein. Ich bemühe mich ihren Anweisungen zu folgen und orientiere mich an meinem Vordermann – ein Yoga-Profi, schliesslich schwitzt er in der ersten Reihe. Nach zwanzig Minuten wird mir schwindelig. Oha, denke ich. Zu meiner Wasserflasche darf ich nicht greifen, denn in den ersten 25 Minuten ist das Trinken verboten. Also bleibe ich stehen, konzentriere mich auf meine Atmung und lasse die anderen Yogis ohne mich Baum sein. Dann die erste Pause, ich greife zum Wasser und merke wie der Schwindel vergeht.

Die restliche Stunde habe ich keine Kreislaufprobleme mehr und kann den meisten Übungen gut folgen. Ich fühle mich sehr wohl und die Zeit vergeht wie im Flug. Als die Stunde zu Ende ist, wanke ich mich mit hochrotem Kopf und klitschnasser Kleidung zu den Duschen, trotzdem fühle ich mich nicht müde. Erschöpft ja, aber auch sehr zufrieden. Den restlichen Tag geht es mir grossartig. Bikram Yoga – ich liebe dich!

Bikram Yoga: Zweite Stunde

Zwei Tage später bin ich wieder da. Hochmotiviert und voller Vorfreude. Sonia ist heute aber nicht da, wir haben eine andere Lehrerin. «Wenn ihr jetzt schon so dreinschaut, was macht ihr in 30 Minuten?», ruft sie in den Raum. Heute weht ein anderer Wind. Nach zehn Minuten möchte ich sterben. Die Raumtemperatur ist heute wesentlich höher, ich blinzle in Richtung Thermometer: 50 Grad. Die junge Frau neben mir übersteht die ersten 15 Minuten nicht, sie verlässt den Raum. Der Mehrheit ist das Martyrium ins Gesicht geschrieben, nur in der ersten Reihe turnen zwei Grazien als gäbe es kein Morgen. «Denk an nichts, trinke nicht, atme nur» – von wegen, meine Trinkpausen lasse ich mir nicht nehmen!

Alles schmerzt, die Hitze ist unerträglich. Ich bin so erschöpft, dass ich die Übungen nicht richtig ausführen kann. «Darling, wenn du nicht an dich glaubst – ich tue es», sagt sie. Nach 90 Minuten wanke ich aus dem Raum, Luft! Unter der Dusche unterhalten sich die Grazien aus Reihe eins: «Ich liebe ihren Unterricht, sie ist so taff!». Für eine blutige Yoga-Anfängerin ein bisschen zu taff.

Am Abend hänge ich schlapp auf der Couch und fühle mich krank. Von wegen grossartig und ausgeglichen! Am nächsten Morgen schleppe ich mich aus dem Bett, alles tut weh. Mit dem Fahrrad in die Arbeit fahren? Bitte nicht! Bikram Yoga – ich verfluche dich!

Bikram Yoga: Dritte Stunde

«Freut euch auf die beste Stunde eure Tages!», sagt Luz und strahlt uns an. Ich glaube ihr das nicht so recht, denn nach der letzten Stunde habe ich mich gesträubt wiederzukommen. Eine Woche lang habe ich die Yoga-Matte ignoriert. Doch Luz verspricht, was sie hält. Sie führt uns sanft in die Übungen ein und gibt uns zwischen diesen kurze Pausen um Kraft für die nächste zu tanken. Ich verfalle ihr völlig, als sie nach 25 Minuten fröhlich sagt: „Ihr dürft jetzt Wasser trinken, wann immer ihr wollt».

Inzwischen bereitet mir die Hitze keine Probleme mehr. Auch heute zeigt das Thermometer 50 Grad an, aber Luz dreht hin und wieder kurz die Ventilatoren an. So kann die Hitze zumindest zirkulieren und hängt nicht schwer im Raum. Auch den Übungen kann ich immer besser folgen. Inzwischen gelingen mir sogar Positionen, die ich beim ersten Mal nicht schaffte. Die restliche Stunde vergeht wie im Flug. Luz lobt uns für unsere Leistung und bedankt sich für die gemeinsame Zeit. Sie strahlt und wir auch.

Bikram Yoga: Fazit

Der Körper gewöhnt sich schnell an die extremen Bedingungen und auch die Yoga-Übungen prägt man sich bald ein. Nach der Stunde fühle ich mich ausgeruht und jeglicher Stress ist abgefallen. Schon nach der dritten Stunde sieht man Fortschritte, man wird gelenkiger und schafft Übungen, die in der ersten Einheit unmöglich schienen. Und auch meiner Haut hat das Training gut getan. Kleine Rötungen oder Bibeli verschwinden. Ein Minuspunkt ist allerdings der Preis – denn mit fast 50 Franken pro Einheit bzw. 300 Franken für eine Monatskarte ist das Vergnügen nicht für jeden erschwinglich. Feuer gefangen habe ich trotzdem und wenn schon nicht für Bikram Yoga, dann zumindest für klassisches Yoga – danach kann ich ja noch in die Sauna gehen.

Der neue Fitness-Trend: Bikram Yoga

Stefan Tanner, Geschäftsführer von «Bikram Yoga Zürich», beantwortet die wichtigsten Fragen

Was ist Bikram Yoga? Bikram Yoga wurde nach seinem Erfinder, dem indischen Yogameister Bikram Choudhury, benannt. Bei einer Raumtemperatur von über 40 Grad werden 90 Minuten lang 26 Übungen (Asanas) ausgeführt.

Ist Bikram Yoga besser als klassisches Yoga? «Bikram Yoga ist auch klassisches Hatha Yoga. Wir haben 26 Basisübungen für unseren stets gleichen Ablauf ausgewählt».

Warum ist es so heiss? «Yoga stammt aus Indien und Bikram Yoga kopiert das indische Klima. Aufgrund der Wärme kann sich die Heilwirkung der Positionen optimal entfalten». 

Ist das überhaupt gesund? Viele Einsteiger haben Kreislaufprobleme und müssen das Training abbrechen. Darum sollte man  «nur so viel machen, wie es die eigene Kondition zulässt. Aber schon nach wenigen Besuchen verbessert sich diese und die Yogis können den ganzen Ablauf mitmachen»

Verbrennt man wirklich 500 bis 1000 Kalorien? Angeblich ja. Beim Joggen verbrennt man in 30 Minuten ca. 340 kcal und «durch die Wärme arbeitet der Kreislauf während 90 Minuten wie bei einem leichten Jogging».

Warum ist Bikram Yoga so teuer? Eine 90minütige Einheit kostet zwischen 40 und 50 Franken. «Bikram Yoga ist nicht das teuerste Yoga, aber wir sind im oberen Preissegment angelegt, da wir einen sehr grossen technischen Aufwand mit der Heizung, Dusche und Reinigung haben».

Wann sehe ich die ersten Erfolge? «Das erste Erfolgserlebnis hat man bereits nach der ersten Stunde. Aber natürlich gilt, je öfters und je regelmässiger man Bikram Yoga macht, desto schneller gewinnt man an Beweglichkeit zurück».

Kritiker meinen, das alles wäre nur ein Hype? «Bikram Yoga ist seit mehr als 40 Jahren noch stets im Aufwind und die am schnellsten wachsende Yoga-Art. Sie gilt als perfekter Einstieg ins Yoga».

Bild: iStock

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