Halb Mann, halb Frau, halb DrachenBond Girl Bérénice Marlohe im Interview

Bond Girl Bérénice Marlohe liebt das Spiel mit Klischees. Mann, Frau, Drachen, am liebsten alles auf einmal. Im Interview vor der Skyfall-Premiere in Zürich erzählt sie, wie sie Daniel Craig die Hosen runter zog und warum trotzdem Bad Guy Javier Bardem ihr Traummann ist.

Allen habe Daniel Craig am Set Scherze gespielt, nur ihr nicht. Für die Sexszene unter der Dusche habe sie ihn sogar dazu überreden müssen, sich ganz auszuziehen. Und sie sei eigentlich auch kein Bond Girl, sondern eine Bond Woman. Starke Sprüche im Vorfeld der Premiere des neuen Bondstreifens von einer Schauspielerin, die bis zu ihrem knapp 15min-Auftritt als Casino-Dame Sévérine kaum einer kannte.

Die 33-jährige Bérénice Marlohe war bislang nur im französischen Fernsehen zu sehen, bevor sie Star-Regisseur Sam Mendes («American Beauty») zum Bond Girl machte. Doch als Bérénice Marlohe zum Interview erscheint, lässt sie keinen Zweifel daran, dass sich das nun ändern wird. Alles andere jedoch, hält die charmant-verrückte Französin mit dem Killerakzent kokett in der Schwebe. Hat sie es tatsächlich gesagt? Sind es alles nur Gerüchte? Oder war es nur ein Scherz? Man möchte mit dieser Frau wahrlich nicht pokern, wenn einem der Einsatz teuer ist. Aber man möchte sie trotzdem gerne ansehen.

Bérénice, deine erste grosse Rolle und dann gleich das. Wie ist es das Bond Girl zu sein?

Es ist fantastisch! Ich habe nie davon geträumt ein Bond Girl zu sein, aber ich wollte schon immer eines Tages in einem Bondfilm mitspielen. Und das ist natürlich eine brillante Entschuldigung dafür. Ich habe immer schon intensiv gespürt, dass es in dieser Filmwelt von James Bond viele Freiheiten gibt, weil sie viel von einer Fantasiewelt hat. Also glaubte ich, ich könnte dort eine Menge Spass haben, Dinge zu erschaffen und zu erfinden. Und dank Sam Mendes, ist genau das wahr geworden.

Es geht das Gerücht um, dass du 6 Monate vor dem Bond-Casting davon geträumt haben sollst neben Javier Bardem (spielt den Gegenspieler von James Bond, Anm. d. Red.) zu spielen.

Es war eine schöne, menschliche und sehr lange Reise, die mich zu dieser Bond-Erfahrung führte. Irgendwie hatte ich so viele Verbindungen zu diesem Universum. Und eine davon war dieser Traum. Ein Jahr bevor die Dreharbeiten begannen, liess ich Frankreich zurück, weil es einfach keine Rollen für mich gab. Ich ging in die Staaten und fragte mich, wie ich zu Vorsprechen eingeladen werde könnte. Und dann hatte ich diesen Traum mit Javier Bardem. Das war seltsam, weil ich normalerweise nie von Schauspielern träume und ich kannte ihn eigentlich nicht.

Was ging in deinem Kopf vor, als du plötzlich gemerkt hast, das dein Traum wahr wurde?

Das war wirklich sehr lustig. Während des zweiten Vorsprechens erzählte man mir, dass ich mit Javier Bardem arbeiten würde. Es war alles ein Zufall und gleichzeitig waren da so viele Puzzleteile, die in diesem Moment einfach zusammenpassten. Und ich dachte nur: Yeah, gut gemacht! Weil, das war wirklich cool! Manchmal platzt einfach der Knoten und die Dinge gehen ihren Weg. Und du hast das Gefühl, du bist mit dir selbst vollkommen im Reinen.

Das Bond Girl ist eine Filmlegende. «Skyfall» ist dazu ein besonderer Film, weil er auf den 50sten Geburtstag der Filmreihe fällt. Wie bist du mit diesen riesigen Erwartungen umgegangen?

Ich habe nie über das 50-jährige Jubiläum nachgedacht, weil es mich nur noch zusätzlich unter Druck gesetzt hätte. Das Bond Girl ist ein schöner Titel, aber zu abstrakt, nichts mit dem man arbeiten kann. Ich wollte das alles ausblenden und eine menschliche Figur erschaffen, einen echten Charakter in einer einzigartigen Filmgeschichte. Und ich wollte mit den wunderbaren Klischees spielen, die zum Bond Girl gehören. Wenn ich an das Bond Girl denke, denke ich an ein Wesen zwischen Mann, Frau und Tier. Und in diesem Fall, wollte ich dass sie auch etwas von einem Fabelwesen hat, einem Drachen, eine Figur mit sehr vielen Farben.

Keine kleine Herausforderung für eine Figur die nur etwa 15min auf der Leinwand zur Verfügung hat.

Definitiv. Ich wusste natürlich bereits vor den Dreharbeiten, dass sie irgendwann plötzlich aus dem Film verschwindet. Ich habe versucht diese wenige Zeit zu nutzen, indem ich in die Rolle umso mehr Komplexität und Substanz hieneinlegte. Ich wollte eine menschliche Figur erschaffen, mit all den Kämpfen, die sie hat, mit all den Facetten, die sie hat und ich wollte mit den wunderschönen Klischees spielen. Denn was ich wirklich an den James Bond Filmen liebe, ist das die Charaktere immer etwas über der Realität schweben. Sie haben etwas Theatralisches. Die Kombination daraus ist spannend und war das Futter um damit zu arbeiten. Ich hoffe das Bond Girl lebt!

Die Figur von James Bond hat sich spätestens mit «Skyfall» sehr stark weiterentwickelt. Man sieht Bond, gespielt von Daniel Craig, verletzlicher und emotionaler als jemals zuvor. Verändert sich auch die Rolle des Bond Girls?

Ich glaube Daniel wollte eine Rolle schaffen, die ebenso komplex wie interessant zu spielen ist. Genauso sehe ich das auch mit meiner Figur. Ich habe das Bond Girl einfach vergessen und versucht der Figur soviel Fleisch und Substanz wie möglich geben, denn das ist das Aufregendste. Und ich denke, für das Publikum ist es interessanter zu sehen wie reales Leben mit Fiktion verschmilzt. Zumindest hoffe ich das.

Du sollst gesagt haben, dass man dich nicht Bond Girl, sondern Bond Woman nennen soll.

Ich habe das nie gesagt. Das Ganze fing damit an, dass Sam Mendes mich auf der ersten Pressekonferenz in London die Bond Lady nannte. Und einige Journalisten haben dann geschrieben: «Sie möchte nicht das Bond Girl genannt werden». Und plötzlich waren alle erstaunt. Aber habe ich das je gesagt? Nein, ich habe das nicht gesagt. Und ehrlich gesagt, Bond Girl, Bond Lady, Bond Woman…es geht nicht um Namen, sondern was du daraus machst, was du hinein geben willst, was du über den Charakter denkst und was dich inspiriert. Deshalb habe ich auch kein Problem mit irgendeinem dieser Namen.

Wie war es mit Sam Mendes zu arbeiten?

Sam Mendes ist grossartig. Er ist ein absolut wunderbarer und talentierter Regisseur, der ganz genau weiss, was er und mit wem er arbeiten will. Wir hatten eigentlich nie eine richtige Probe. Wir waren einfach in einem Raum, mit ihm, Daniel und dem Drehbuchautor und haben über die Szenen nachgedacht, meine zum Beispiel. Sam Mendes war sehr respektvoll zu uns Schauspielern und gab uns die Freiheit Dinge auszuprobieren. Und das ist meiner Meinung nach die beste Art zu arbeiten. Denn wenn du das Gefühl hast, dass es keine Grenzen gibt, dann kann hoffentlich etwas Grossartiges passieren.

So wie in der Duschszene von Bond Girl Sévérine und James Bond. Du sollst Daniel während der Dreharbeiten gesagt haben, er soll nicht schüchtern sein und seine Unterhose ausziehen.

 (Bérénice Marlohe lacht lauthals.)

Und er solle sich entspannen, während er nackt mit dir in der Dusche steht.

Was? (Bérénice lacht noch lauter.) Es ist möglich, dass ich das gesagt habe, aber ich habe wahrscheinlich nur gescherzt.

War er denn entspannt?

Ja, ich habe ihn angeschrieen: Zieh dich sofort aus, Daniel! Entspanne dich jetzt! (lacht...)

Wie war es diese Szene mit Daniel zu spielen?

Daniel ist ein wundervoller Mensch. So nett und mit einem fantastischen Sinn für Humor. Und das hilft wirklich, weil wir vorher sehr ernsthaft miteinander gearbeitet haben. Aber dann must du dich entspannen und Spass haben, du must eine Verbindung schaffen, damit du sich frei und sicher fühlst Dinge auszuprobieren. Wir hatten sehr viel Spass. Er ist ein sehr witziger Mann.

Mit dem Mann deiner Träume, Javier Bardem, hattest du weniger schöne Szenen. Er versucht dich zu töten.

Ich hätte mich beschweren solllen. Javier, ist das dein Ernst? Was tust du mir an? Willst du meine Karriere ruinieren oder was? (lacht)

Béréenice, noch eine Frage, die uns Frauen besonders interessiert. Konntest du in diesem atemberaubenden Kleid, dass du in der Casino-Szene getragen hast eigentlich sitzen?

Es hat wirklich schrecklich lange gedauert, das Kleid anzuziehen, aber wenn man einmal drin ist, ist es tatsächlich ganz okay. Es fühlte sich an wie eine zweite Haut, eine Schlangenhaut. Das half mir meinen Charakter zu spüren, weil ich wollte, dass Sévérine ein Tier in sich hat. Auch die Nägel liebe ich. Sie passen sehr gut zu der Vorstellung eines Drachens in ihr. Sie machen sie gefährlich, geben ihr eine dunkle Seite.

Der neue James Bond «Skyfall» läuft ab 1. November in den Schweizer Kinos.

Interview: Nathalie Türk, 29.10.2012

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