ReisekniggeHast du dich schon mal blamiert?
Endlich Ferien! Der Koffer ist gepackt, Sonnenbrille und Bikini warten auf ihren Einsatz. Sie sind vorbereitet! Aber abgesehen vom perfekten Strandoutfit – kennen Sie eigentlich die unausgesprochenen Regeln Ihres Urlaubslandes? Damit die Ferien nicht zur Blamage werden, zeigen wir in unserem Reise-Knigge DOs und DON’Ts.
Sie schneiden das Baguette, trinken den Kaffee mit Milch und geniessen im Park gern mal ein kühles Bier? Dann haben Sie sich bereits nichtsahnend in Frankreich, Italien und den USA mitten ins Fettnäpfchen gesetzt. Wir zeigen Ihnen mit unserem Reise-Knigge, wie Sie in den Ferien Stolperfallen und entsetzte Blicke von Einheimischen vermeiden können.
Reise-Knigge für Griechenland: Zeit ist relativ
Die Schweizer sind zurückhaltend, ruhig und besonnen. Die Griechen nicht. Sie reden gerne und viel und dabei gilt: Je lauter, desto besser. Als Fremder muss man nun aber keine Angst haben, nicht zu Wort zu kommen. Griechen zeigen meistens reges Interesse an ihrem Gegenüber und sparen nicht mit Fragen. Schliesslich möchte man ja wissen, mit wem man hier Ouzu trinkt! Was viele Schweizer als aufdringlich empfinden, meint der Grieche also ganz anders. Für ihn wäre fehlendes Interesse am Leben, der politischen Einstellung und den Trinkvorlieben des Fremden geradezu ein Zeichen von Unhöflichkeit! Darum gilt für die Ferien auf der Halbinsel: Wer nicht unhöflich sein möchte, der plaudert angeregt mit und darf das auch gerne lauter als zuhause in der Schweiz. Die Schweizer und die Griechen unterscheiden sich aber nicht nur hinsichtlich ihres Kommunikationsbedürfnisses.
Eine geradezu gigantische Kluft tut sich beim Thema «Pünktlichkeit» auf. Diese ist den Griechen nämlich fremd. Termine? Zusagen? Vereinbarungen zu einer bestimmten Zeit? Ach, wer wird sich denn schon festnageln lassen. Was für den Schweizer undenkbar wäre – zu Terminen zu spät zu kommen oder gar nicht zu erscheinen – ist in Griechenland gang und gäbe. Darum: Viel Zeit, Geduld und immer einen Plan B mitbringen.
Action oder Entspannung: Welcher Urlaubstyp sind Sie?
Ferienorte gibt es wie Sand am Meer. Ärgerlich nur, wenn die langersehnte Reise dann nicht den Erwartungen entspricht. Natur oder Kultur, Rummel oder Ruhe – welcher Urlaubstyp sind Sie?
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Reise-Knigge für Italien: Purer Kaffee-Genuss
Eine Situation, die jeder kennt, der öfters in Italien ist oder italienische Freunde hat: Nach einem gelungenen und schönen Essen bestellt man sich zum Abschluss noch einen Kaffee. Genauer: einen Cappuccino. Und erntet von den italienischen Sitznachbarn prompt entsetzte Blicke. Der Italiener trinkt nach dem Essen grundsätzlich Espresso, Kaffee mit Milch gibt es allerhöchstens zum Frühstück. Wer sich also nicht blamieren will, verzichtet nach dem Essen auf seine Schale und probiert sich mal am puren Kafi-Genuss.
Reise-Knigge für England: «Sorry, are you standing in the queue?»
Bohnen, Würstchen, Speck und Ei. Nicht jedem sagt das Frühstück der Briten zu. Und manche tun sich auch beim Mittag- und Abendessen schwer. Sollte das zutreffen, darf man es aber keinesfalls kundtun. Denn wem Fish and Chips, Yorkshire Pudding oder Cottage Pie zu fettig, deftig und schwer verdaulich sind, sollte sich keinesfalls dazu verleiten lassen, über die englische Küche zu meckern. Auch wenn diese den Ruf hat, einfallslos und langweilig zu sein - die Engländer sehen das definitiv anders. Ähnlich verhält es sich mit dem «Queuing», welches auf der Insel gang und gäbe ist. «Sorry, are you waiting in the line?». Diesen Satz werden Sie während Ihren Englandferien vermutlich öfter hören. Ob Bushaltestelle, Ticketschalter oder Restaurant: Die Engländer reihen sich überall ein und bilden Warteschlangen. Das geschieht mit solch einem Selbstverständnis, dass Fremde gerne scherzen, dass in England auch schon zwei Personen als vollwertige Schlange gelten. Gegensätzliches Verhalten sorgt jedenfalls für Unruhe und Drängler werden mit verächtlichen Blicken gestraft. Darum: Einreihen, Mindestabstand einhalten und warten.
Reise-Knigge für Österreich: Gelassenheit im Kaffeehaus
Das Wichtigste zuerst: Österreich ist nicht Deutschland. Das manifestiert sich unter anderem im Wortschatz der Österreicher, der sich zuweilen erheblich vom Hochdeutschen unterscheidet. Denn wer im Ferienland um eine «Tüte» oder eine «Apfelschorle» bittet, läuft Gefahr, keines von beidem zu bekommen. Wer hingegen nach einem «Sackerl» und «Apfelsaft gspritzt'» fragt, dem wird gerne weitergeholfen.Nun zum Zweitwichtigsten: Die Schweizer sind den Österreichern – nicht nur aufgrund der Sprache – per se sehr symphatisch. Fettnäpfchen lauern bei den Ferien in Österreich höchstens bei zwischenmenschlichen Feinheiten. Der Österreicher ist nämlich sehr gemütlich. Stressen lässt man sich ungern, auch nicht im Kaffeehaus, welches nicht einfach für einen schnellen Kaffee, sondern den ganzen Nachmittag samt Zeitungslektüre besucht wird. Was der Schweizer als unfreundlich empfinden könnte, ist pure Gelassenheit. Der «Herr Ober» in einem echten Wiener Kaffeehaus ist per se ein «bisserl grantig» und erweckt idealerweise den Eindruck, man belästige ihn mit seiner Bestellung. Ereilt einen das Gefühl unerwünscht zu sein, kann man sich sicher sein, in einem echten österreichischen Kaffehaus gelandet zu sein. Dann heisst es: Zur Zeitung greifen, zurücklehnen, entspannen und auf den «Melange» warten.
Reise-Knigge für Frankreich: Brechen, nicht schneiden!
Wer an Frankreich denkt, denkt automatisch an Eiffelturm, Baskenmütze und Baguette. Dass sich die Franzosen nicht gerne diesem Klischee unterwerfen, ist nachvollziehbar, denn die Schweiz besteht ja auch nicht nur aus Bergen, Käse und Schokolade. Was sie aber zugeben müssen: Das Baguette ist aus der französischen Esskultur nicht wegzudenken und wird bei fast jeder Mahlzeit gereicht. Wer sich aber dazu verleiten lässt, sich ein Stück abzuschneiden, leistet sich sogleich einen Fauxpas. Die Franzosen schneiden ihr Baguette nämlich niemals, sie brechen es nur. Wer jetzt auf Deutsch oder Englisch erklären möchte, dass das Schneiden des Brotes in der Schweiz zum guten Ton gehört, stösst vermutlich auf taube Ohren. Franzosen meiden Fremdsprachen, schliesslich spricht man selbst die schönste der Welt! Diese Haltung wird auch von Touristen erwartet. Darum: Wenn Sie einige Phrasen einstudieren und mit einem gewissen Basis-Vokabular auftrumpfen können, haben Sie die Sympathie Ihrer Gastgeber schon halb gewonnen.
Mehr zu Frankreich finden Sie in unseren Tipps von A bis Z.
Reise-Knigge für Spanien: Essen, wenn andere schlafen
Sie sind in Spanien und würden gerne zu Abend essen, stehen aber vor staunenden Kellnern oder verschlossenen Türen? Dann liegt das vermutlich an der Uhrzeit. Denn während es in der Schweiz üblich ist gegen 18 oder 19 Uhr zu essen, machen spanische Küchen frühestens um 21 Uhr auf. Spanier essen meistens zwischen 22 und 23 Uhr, wenn die meisten Touristen bereits über ihren Tellern eingenickt sind. Ist das nicht der Fall, so sollten Sie bei der gepflegten Tischunterhaltung unbedingt ein Thema meiden: den Stierkampf. Wenn Sie Spanier auf das Leid der Tiere und ihren qualvollen Todeskampf ansprechen, ernten Sie Unverständnis. Schliesslich hat das Schauspiel eine lange Tradition und Toreros sind wahre Volkshelden, die im Kampf ihr Leben riskieren. Darum: Besser über die späten Abendessenszeiten plaudern!
Reise-Knigge für die USA: «How are you?»
Viele Schweizer zieht es im Zuge einer Fernreise mittlerweile über den Atlantik und nach Amerika, ins Land der unendlichen Möglichkeiten. Kaum angekommen, kann es passieren, dass man von einem freundlichen Amerikaner gefragt wird: «How are you?». Was man wissen sollte: Diese Frage ist keinesfalls ernst gemeint. Vielmehr ist sie eine Floskel, auf die man stets nur eines antwortet: «Fine, thank you!». Wer von der langen Flugreise, dem quengelnden Kind und dem verschollenen Koffer erzählt, macht sich keine Freunde. Der Tipp für den Reise-Knigge lautet also: lächeln und Wohlbefinden bekunden. Auch, wenn dem nicht so ist. Ein weiteres No-Go ist in Amerika der öffentliche Konsum von Alkohol. Ein kühles Bier im Park? Leider nein. Eine Flasche Wein am Fluss mit der Freundin? Besser nicht. Wer das Verbot missachtet, muss mit saftigen Geldbussen rechnen. Und das gilt übrigens nicht nur für den Konsum, sondern auch für das öffentliche Mitführen alkoholischer Getränke. Nicht umsonst werden Bier & Co. sofort in die berühmte braune Papiertüte gesteckt.
Reise-Knigge für die Türkei: Je mehr, desto besser
Die Ferien in der Türkei sind gebucht und Sie packen gerade Ihren Koffer? Dann sollten Sie neben Bikini, kurzen Röcken und engen Tops unbedingt auch Kleidungsstücke mitnehmen, die Ihre Knie und Schultern bedecken und etwas weiter geschnitten sind. Denn was bei einem Aufenthalt im Club oder Ressort in Ordnung geht, ist bei einem Besuch in der Altstadt nicht gern gesehen. Die Türkei ist ein muslimisches Land und Frauen zeigen sich in der Öffentlichkeit nicht aufreizend und körperbetont. Auch bei einem Besuch in einer Moschee sollten die gängigen Regeln akzeptiert werden: Trägertop und Shorts würden an einem solchen Ort fehlenden Respekt bedeuten.
Aber auch wenn Ihnen die Ehre zuteil wird, von einer türkischen Familie zum Essen eingeladen zu werden, drohen Fettnäpfchen. Ziehen Sie beim Betreten der Wohnung unbedingt die Schuhe aus! Was in der Schweiz hin und wieder gängig ist, wäre in der Türkei äusserst unhöflich. Auch beim Essen gilt es gewisse Dinge zu beachten, darunter: Je mehr Sie essen, desto besser. Wenn Sie keinen Nachschlag möchten, wirkt das auf die Gastgeber beleidigend, denn offenbar hat es Ihnen nicht geschmeckt oder die Kochkünste der Gastgeber sagen Ihnen nicht zu. Beschwichtigen Sie dann und beteuern, dass es ausgezeichnet war, wird Ihnen höchstwahrscheinlich noch während Ihrer Ausführungen eine weitere Portion Pilav auf den Teller gehäuft. Türkische Gastfreundschaft ist grenzenlos und Sie sollten sich auf einen Abend mit reichlich Essen einstellen. Am besten am Tag der Einladung auf Frühstück und Mittagessen verzichten.
Reise-Knigge für Schweden: Buttermesser bleibt Buttermesser
Ihnen fehlt ein Messer und bei der Butter liegt ein zusätzliches? Wenn Sie jetzt glauben, dass Sie einfach zugreifen können, schockieren Sie vermutlich Ihre schwedischen Sitznachbarn. Denn das etwas breitere und runde Messer wird ausschliesslich dazu verwendet sich ein Stück Butter abzuschneiden und auf dem Teller zu platzieren. Anschliessend wird das Messer wieder zurückgelegt. Ein böser Fehltritt wäre es, wenn Sie das Messer auf Ihrem Teller liegen lassen oder gar damit Ihr Brot bestreichen. Schliesslich soll verhindert werden, dass die Butter mit Brotkrümmeln, Marmelade oder Käse «beschmutzt» wird. Dasselbe gilt übrigens auch für die kleinen Löffel in Marmelade, Senf oder Ähnlichem: Ein wenig auf den Teller geben und danach den Löffel zurückstecken. Jeder schwedische Gastgeber wird es Ihnen danken.
Text: Nina Grünberger