I got a Story to tellWieso Hip-Hop mehr als frauenfeindlicher Gangster-Rap ist

Der Beginn des Musik Genres Hip-Hop ist auf die Entstehung einer Kultur zurückzuführen. Wenn man den Begriff «Hip-Hop» hört, denkt man entweder an Rap oder den vermainstreamten Tanzstil. Dabei übersieht man eine ganze Bewegung, welche vielen Menschen während den 70ern und 80ern sowohl als auch heute hilft über Probleme zu sprechen, von organisierter Kriminalität fern zu bleiben und sich selbst auszudrücken. Eine Erklärung, wieso Hip-Hop so viel mehr als nur Gangster-Rap und die negative Konnotation einer Kultur ist.

Hip-Hop: Warum die Kultur sehr viel mehr ist als Ganster-Rap

Hip-Hop ist in den 70ern in armen, vorwiegend afro-amerikanischen Vierteln in New York City, genauer gesagt der Bronx entstanden. Die Bewegung setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen, die 4 Grundpfeiler wären Rap/MCing, DJing, B-Boying/Breakdance und Graffiti.

Rap/MCing

Der eigentliche lyrische Stil des Raps stammt vom MCing ab. MC’s (Masters of Ceremonies) sind eigentlich einfach erklärt Hype-Men welche während Auftritten von DJ’s die Menge animieren sollten. Von einfachen Rufen bis zu ausgefeilten Versen standen sie den DJ’s zur Seite, um auch jede Party unvergesslich zu machen. Nach und nach wurde die anfängliche Aufmerksamkeit der DJ’s auf MC’s gelenkt. MC-Battles bei welchen es darum geht den gegnerischen MC mit den eigens gefeilten Versen zu «schlagen», wurden mit der Zeit populärer und nahmen so eine enorm grosse Rolle in der Hip-Hop-Kultur ein. MC’s sind die eigentlichen Wegbereiter der heutigen Rapper*innen. In der Rap-Kultur selbst haben sich verschiedenste Subgenres entwickelt und es kommen stetig neue dazu.

Was aber anzumerken ist: Rap-Lieder (ein extrem vager Begriff da es verschiedene Stile des Musikgenres gibt) waren zu Beginn ein Mittel, um auf eine lyrisch ausgetüftelte Art und Weise über soziale Missstände zu berichten. Wenn wir uns die Texte von grossen oldschool Rappern wie Tupac oder Biggie Smalls durchlesen wird schnell klar wie tiefgründig die Hip-Hop-Szene doch eigentlich ist.

Tupac: Keep Ya Head Up

[…]

Some say the blacker the berry, the sweeter the juice
I say the darker the flesh then the deeper the roots
I give a holler to my sisters on welfare
Tupac cares, if don't nobody else care
And uh, I know they like to beat ya down a lot
When you come around the block brothas clown a lot
But please don't cry, dry your eyes, never let up
Forgive but don't forget, girl keep your head up
And when he tells you you ain't nuttin' don't believe him
And if he can't learn to love you, you should leave him
'Cause sista you don't need him
And I ain't tryin' to gas ya up, I just call 'em how I see 'em
You know it makes me unhappy (What's that)
When brothas make babies, and leave a young mother to be a pappy
And since we all came from a woman
Got our name from a woman and our game from a woman
I wonder why we take from our women
Why we rape our women, do we hate our women?
I think it's time to kill for our women
Time to heal our women, be real to our women
And if we don't we'll have a race of babies
That will hate the ladies, that make the babies
And since a man can't make one
He has no right to tell a woman when and where to create one
So will the real men get up
I know you're fed up ladies, but keep your head up

[…]

DJing

Wo während den Anfängen der Kultur das DJing im Vordergrund stand und die MC’s eigentlich nur Nebendarsteller waren, verloren die DJ’s das Ansehen mit der Zeit als der Fokus auf das Lyrische rückte. Trotzdem: die Beats und eindeutigen Hip-Hop Strukturen verdanken wir den wegweisenden DJ’s wie Kool DJ Herc oder Funkmaster Flex. Sie funktionierten herkömmliche Plattenspieler um, um neue Musik zu schaffen. Die Kunst des DJing ist auch heute wichtig, nicht nur im Hip-Hop Genre sondern in allen Musikstilen. Ein guter DJ ist ausschlaggebend für eine gute Stimmung in Clubs und an Parties.

Zusätzlich ist heute auch das Producen ein wichtiger Bestandteil des Hip-Hops. Musik zu kreieren um Geschichten zu schreiben gehört zu dieser vielfältigen Kultur.

Ein anderer wichtiger Teil wäre das Sampling. Schon verwendete Musik mit neuen Texten überschreiben und dem Ganzen ein neues Leben geben.

Ein Beispiel wäre J. Coles «1985» wo er über junge Rapper welche mit wenig Inhalt in ihren Songs und fehlendem Bewusstsein für die Culture ihre eigene Zukunft und die Zukunft der Culture aufs Spiel setzen. YBN Cordae, einer dieser jungen Rapper, hat daraufhin mit einem Sample des Liedes, also mit der Musik von J.Cole ein neues Lied veröffentlicht. Auf «Old N*ggas» rappt er über die andere Seite der Hip-Hop-Szene, wo die «alten Rapper» nicht zuverlässig und dementsprechend den Jungen kein gutes Vorbild sind. Mit dem Lied möchte er den old school Rappern die junge Perspektive des Hip-Hops näher bringen.

B-Boying/Breakdance

Der Tanzstil Hip-Hop stammt eigentlich vom Breakdance ab. Im verallgemeinerten Hip-Hop Tanzstil werden meist weniger akrobatische Bewegungen eingesetzt als im Breakdance. Das liegt wahrscheinlich daran, dass der Hip-Hop Tanzstil für die breiten Massen einfacher zu Tanzen ist als Breakdance. Verschiedene Elemente sind im Breakdance wichtig, aber die prägnantesten sind wahrscheinlich die akrobatischen Bodeneinlagen wie Spins oder Freezes. Beim B-Boying ging es ebenfalls um mehr als nur Tanz. Es ging darum sich von Gangs fern zu halten und keinen kriminellen Tätigkeiten nachzugehen, stattdessen konnte man seinen Emotionen zu den Beats der Musik durch Tanz freien Lauf zu lassen.

Graffiti

Eine andere Kunstform der «Culture» ist das Graffiti sprühen. Jeder konnte somit zum Künstler werden, brauchte keine teuren Mal-Utensilien, welche sich wenige in der Bronx leisten konnten. Man konnte mit wenig Geld grosse Flächen schmücken und somit seinen eigenen Fingerprint hinterlassen. Auch in der Graffiti-Szene entwickelten sich verschiedene Sub-Genres, aber es ist wichtig zu wissen, dass auch diese Kunst ein Teil der Hip-Hop-Kultur ist.

So, listen up!

Wenn wir uns Radio-Songs anhören ist die lyrische Raffinesse oft schwer zu finden. Die Texte sind repetitiv und handeln immer von Ähnlichem: Herzschmerz oder dergleichen. Die Beats sind simpel und viele Lieder enthalten den «Money Beat». Klar, wie in jedem Genre gibt es auch tiefgründige Popsongs und nicht jeder Hip-Hop-Song ist einfallsreich. Gute Beispiele für raffinierte Pop-Lieder wären Lo & Leduc’s «Jung verdammt» oder Billie Eilish’s «idontwannabeyouanymore».

Aber wenn wir uns die Dichte der cleveren Hip-Hop-Versen im Vergleich zu den einleuchtenden Pop Lines ansehen, merkt man eben, dass Hip-Hop mehr als «frauenfeindlicher Müll» ist. Und dieses Raffinierte ist eigentlich die Essenz der Hip-Hop-Songs, oder war es zu Beginn, vor den Autos, Bitches und vielen Dollar Scheinen.

Der Begriff Hip-Hop hat teils zu recht eine schlechte Konnotation. Jeder kann etwas publizieren und es «Hip-Hop» nennen. Das ist das Schöne und Tragische am Hip-Hop. Die Kultur diskriminiert nicht nach Kontostand oder Herkunft, jeder ist willkommen etwas zu kreieren. Gleichzeitig lässt dies viel Spielraum für Ruhmsuchende ohne viel Talent.

In der Hip-Hop-Kultur geht es darum eine Geschichte zu erzählen, durch Tanz, Musik und vieles mehr. Sieht man aber über die schlechten Texte und einfachen Beats vereinzelter «Hip-Hop»-Künstlern hinweg sieht man wie schön, mutig und vielfältig diese bunte Kultur doch wahrhaftig ist.

Titelbild: Unsplash

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