Stop the Stigma Wie Menschen mit HIV in der Schweiz stigmatisiert werden
Menschen mit HIV oder Aids haben in der Schweiz auch heute noch mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Als wäre der Kampf gegen die unheilbare Krankheit nicht genug, führen sie einen stetigen Kampf gegen Vorurteile, die sich seit den 80er-Jahren in die Köpfe der Gesellschaft eingebrannt haben. Zum Welt-Aids-Tag haben wir uns mit der Aids-Hilfe Schweiz unterhalten und möchten aufzeigen, was wir alle gegen die Stigmatisierung machen können.
Zu Beginn der 1980er-Jahre sorgte ein neuartiges Virus weltweit für Schlagzeilen: HIV. Unzählige Menschen erlagen den Folgen der STI. Da sich unter den Todesopfern sehr viele queere Menschen befanden, wurde die Krankheit auch nach der Identifizierung des Virus im Jahr 1985 oft «Schwulenpest» oder «Schwulenseuche» genannt.
Die schrecklichen Bilder von damals scheinen tief in unserer Gesellschaft verankert zu sein. Denn auch heute noch sehen sich HIV-positive Menschen und Aids-Erkrankte mit den unterschiedlichsten Vorurteilen konfrontiert. Wir haben uns mit der Aids-Hilfe Schweiz über dieses Stigma unterhalten und darüber, was wir dagegen tun können..
Was ist das HIV-Stigma?
Stigma bezeichnet die Diskriminierung von einer bestimmten Menschengruppe aufgrund von Vorurteilen, die eigentlich widerlegt sind. Bei Menschen mit HIV oder Aids zeigt sich dies auf unterschiedliche Weise. Ob bei der Arbeit, im Gesundheitswesen oder im Alltag – die Stigmatisierung dieser Menschen ist auch heute noch weit verbreitet.
Informationen über HIV
HIV ist ein übertragbares Virus, das zu einer Aids-Erkrankung führen kann. Eine Heilung ist (noch) nicht möglich. Dank des medizinischen Fortschritts und der Forschung kann das Virus heute aber unter Kontrolle gebracht werden, wenn es erkannt wurde. Regelmässig eingenommen, verhindern die Medikamente eine Weitergabe des Virus. Betroffene können so ein ganz normales Leben führen und intim werden, ohne dabei ihre Partner:innen anzustecken.
Wie verbreitet ist das HIV-Stigma in der Schweiz?
Auch in der Schweiz werden HIV-positive Menschen und Personen mit Aids diskriminiert. Darüber haben wir mit der Aids-Hilfe Schweiz gesprochen: «Alleine im Jahr 2022 wurden der Aids-Hilfe Schweiz über 106 Fälle von Diskriminierungen und Datenschutzverletzungen gemeldet.» Diese Zahl sei jedoch mit Vorsicht zu geniessen, denn die Dunkelziffer dürfte gemäss aids.ch noch viel höher liegen.
Wie zeigt sich das HIV-Stigma in der Schweiz?
Das HIV-Stigma kann sich auf ganz verschiedene Art und Weise bemerkbar machen. Laut der AIDS-Hilfe fallen die Diskriminierungen und Datenschutzverletzungen aufgrund einer HIV-Infektion oder einer AIDS-Erkrankung vor allen in den folgenden Bereichen:
- Versicherung
- Erwerbstätigkeit
- Einreise/Aufenthalt
- Strafrecht
- Gesundheitswesen
Am häufigsten würden Menschen mit HIV Diskriminierung im Gesundheitswesen erfahren. Fast ein Drittel der gemeldeten Diskriminierungsfälle betreffen diesen Sektor. «Vorurteile und die falsche Angst vor Ansteckung führen mitunter zur Verweigerung von Behandlungen, zu unnötigen Hygienemassnahmen oder zur widerrechtlichen Weitergabe sensibler Daten», so die Aids-Hilfe.
Was kann gegen das HIV-Stigma unternommen werden?
Um das HIV-Stigma zu bekämpfen, sind wir alle gefordert. Die Aids-Hilfe Schweiz habe sich zum Ziel gesetzt, die breite Bevölkerung dafür zu sensibilisieren, dass Menschen mit HIV unter erfolgreicher Therapie das Virus nicht übertragen können. Dazu sagt die Aids-Hilfe Schweiz: «Wir sind die eidgenössische Meldestelle für Diskriminierungen und Datenschutzverletzungen und unterstützen betroffene Personen auch mittels rechtlicher Beratung. Doch wenn es um Stigmatisierung und Diskriminierung geht, sind alle Menschen in der Verantwortung.»
Man müsse sich immer wieder selbst kritisch hinterfragen, ob man selbst Vorurteile hat. Und wenn jemand Stigmatisierung und Diskriminierung beobachtet, solle man dies ansprechen und intervenieren.
Auch die Politik ist gefragt
Damit sich für Menschen mit HIV nachhaltig etwas verändert, ist aber auch die Politik gefordert. Laut Aids-Hilfe müsse insbesondere die Prävention intensiviert werden. Das ist nicht nur im Interesse der Betroffenen, sondern der gesamten Bevölkerung. So können sowohl die Krankheitslast für Menschen mit HIV wie auch die Behandlungskosten für die Allgemeinheit gesenkt werden.
«Das Public Health-Ziel kann nicht auf die Verantwortung von Einzelnen abgewälzt werden. Test und Beratung für besonders betroffene Gruppen müssen besser finanziert und verfügbar gemacht werden und das ist nicht zuletzt die Verantwortung der Politik.»
Was tut die Aids-Hilfe, um das HIV-Stigma in der Schweiz aufzulösen?
Wie uns die Aids-Hilfe mitgeteilt hat, werden Menschen mit HIV am häufigsten im Gesundheitssektor diskriminiert. Aus diesem Grund richtet sich die Botschaft am Welt-Aids-Tag 2022 an Fachpersonen im Gesundheitswesen: Entspannt. Menschen mit HIV unter erfolgreicher Therapie übertragen das Virus nicht.
«Dank Kooperationen mit den wichtigsten Organisationen im Gesundheitswesen wie dem Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte (VSAO), der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft (SSO) oder dem Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK), gelangt diese Botschaft direkt ans Gesundheitspersonal: Über 100’000 Fachpersonen aus dem Gesundheitswesen werden schweizweit direkt angeschrieben und sensibilisiert.»
Über die Aids-Hilfe Schweiz
Die Aids-Hilfe Schweiz ist der Dachverband von über 40 Organisationen, die in diesem Bereich tätig sind. Sie plant und koordiniert Präventionsprojekte und setzt sich für die Anliegen von Menschen mit HIV ein, wobei deren Bedürfnisse, Rechte und Gleichstellung in der Gesellschaft von zentraler Bedeutung sind.