JA, OUI, SIAber kannst du auch Nein sagen?

Es gibt Situationen, in denen Frauen durchaus Nein sagen können, aber gerade wenn es um Verpflichtungen geht, fällt es ihnen schwer. Die Unternehmensberaterin und analytische Psychologin Elisabeth Mlasko erklärt, warum es für unsere Gesundheit so wichtig ist, das «Nein» zu üben.

Frau in den 50er Jahren spült Geschirr ab.

Wer ständig zu allem «Ja» sagt, läuft mehr Gefahr, in ein Burnout zu geraten als jemand, der auch «Nein» sagen kann. Protestiert deine innere Stimme gegen diese Aussage oder nickst du intuitiv? Personen mit denklassischen Mehrfachbelastungen (Beruf, Familie, Kinder, Pflege von Angehörigen) erkranken dadurch öfter an Krankheiten wie Burnout oder Depression. Grenzen setzen muss aber gelernt sein.

Es genügt nicht, Nein sagen zu lernen. Du musst es laut, deutlich und mit grosser innerer Überzeugung vermitteln, sonst wird es überhört oder nicht ernst genommen.

Nein sagen fällt vor allem Personen schwer, die wollen, dass man sie mag. Und dieses Gemocht werden erkauft man sich unter anderem indem man den Wünschen anderer dauernd gerecht werden. Nein sagen beinhaltet generell die Fähigkeit sich abzugrenzen, einen Standpunkt einzunehmen und diesen im Zweifelsfall durchzusetzen. Sätze wie «Sei nicht so empfindlich» darf man dann mit bösen Blicken quittieren. Sei ruhig empfindlich und sprich aus, was dich triggert.

Bist du zu gutmütig?

In meinen Beratungen stosse ich häufig auf zweifelndes Stirnrunzeln von meinem Umkreis, wenn ich frage: «Warum hast du denn nicht nein gesagt?» Oft haben Klient*innen diese Möglichkeit erst gar nicht in Betracht gezogen. Egal, ob ihre Partner*innen, Berufskolleg*innen oder die Kinder sie um etwas bitten, ist die Reaktion meist einreflexartiges Ja. Die Bitte muss dann schon unmöglich zu erfüllen sein, um Nein zu sagen. Häufig erst noch verbrämt mit schlechtem Gewissen. Ich höre dann Sätze wie: «Ich bin halt zu gutmütig.» «Es fällt mir schwer, jemandem eine Bitte abzuschlagen.» Oder «Ja, wenn ich es irgendwie noch unterbringe, mache ich es natürlich.»

Tappe nicht in die Komplimentefalle!

Es mag klischeehaft sein aber in der heutigen Gesellschaft sind es sind häufig die männlichen Chefs und Arbeitskollegen, die diese Seltenheit des weiblichen Neins ausnützen. Geht man doch gerne den Weg des geringsten Widerstandes. Wenn die Aufforderungen noch mit einem (scheinheiligen) Lob kombiniert werden, ist einem die weibliche Zustimmung so gut wie sicher. Ein Klassiker: Es findet ein Brainstorming statt und jemand wird zum Mitschreiben am Flipchart gesucht. Dann heisst es von männlicher Seite: «Ah, könntest du das machen, du hast eine so schöne Schrift.» 

Frauen wollen gut ankommen und zahlen dafür einen hohen Preis. Einerseits natürlich in Form von Zeit und Energie, andererseits nehmen sie sich die Möglichkeit selber zu punkten. Denn während die Kollegen ihr mehr oder weniger brillante Ideen zurufen, die sie getreulich aufschreibt, kann sie selber kaum eigene einbringen. Das schadet auf Dauer dem Image.

Know your worth

Menschen, die nicht Nein sagen, verkaufen sich so unter ihrem Wert. Grenzen müssen klar gesetzt sein. Mit ständiger Bereitschaft signalisierst du ein schlechtes Selbstwertgefühl. Und wenn du schon den Ruf hast, erfordert es umso mehr Arbeit, im Nachhinein Grenzen zu setzen.

Sag auch mal Nein, ohne lange Begründung. Eine allgemein bekannte Tatsache besagt, dass Begründungen meist nach Rechtfertigungen tönen. Du solltest kein schlechtes Gewissen haben, denn das bietet Raum zum Widerspruch.

Sieben Strategien, wie du lernst Nein zu sagen

Baue eine Gedankenschleife ein, bevor du Ja sagst. Prüfe, ob du wirklich tun willst, was von dir gewünscht wird. Ziehe immer in Erwägung, dass du auch ablehnen kannst.

Nehme dir ein Beispiel an anderen. Schau, ob es in deiner Umgebung Menschen gibt, die es immer irgendwie vermeiden können, sich Zusatzjobs aufhalsen zu lassen, beobachte deren Taktiken und übe für dich selbst.

Übernehme zuerst Verantwortung für dich selbst. Niemand dankt dir, wenn du mit einem Burnout ausfällst. Achte daher auf deine Grenzen. Du bist immer der erste Mensch, für den du die Verantwortung trägst, dann erst kommen die anderen. Nicht umgekehrt.

Vertröste nicht, denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Vermeide die Antwort: «Jetzt geht es nicht», denn dann kommt sicher die Frage, wann dann? Überlasse den anderen zu insistieren und mach es ihnen schwerer, nicht leichter, indem du nicht auf später vertröstest.

Gehe nicht davon aus, dass die anderen so rücksichtsvoll sind wie du selbst. Gutmütigkeit stärkt deine Position nicht wirklich, im übelsten Fall wird sie als Dummheit ausgelegt.

Übe das Rückfragen. «Wieso machst du es nicht selber?» Auf Dauer wird deine Umgebung lernen, dass du keine leichte Beute bist.

Zeig, dass du die Komplimentefalle durchschaust: «Ich glaube kaum, dass ich hier die einzige mit einer leserlichen Schrift bin.»

Zur Person: Elisabeth Mlasko

Elisabeth Mlasko berät Einzelpersonen, Paare, Teams und Organisationen. Einer ihrer Schwerpunkte ist die Persönlichkeitsentwicklung, um beruflich wie privat das Spektrum von Handlungsoptionen zu erweitern. Sie hat jahrelang in grossen Konzernen gearbeitet und diese in Folge als Marketing- und Kommunikationsberaterin beraten. Als analytische Psychologin reicht ihr Beratungskompetenz von der äusseren zur inneren Bühne.

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