Leserfragen an Dania Schiftan«Wie führt man eine Fernbeziehung richtig?»

Der Freund muss beruflich für ein Jahr nach Asien. Und jetzt? Therapeutin Dania Schiftan verrät, welche Abmachungen getroffen werden müssen und warum eine Fernbeziehung auch eine Chance sein kann.

«Wie führt man eine Fernbeziehung richtig?»

Liebe Dania

Mein Freund muss in zwei Monaten für ein Jahr wegziehen – beruflich. Leider nicht in ein schnell erreichbares Nachbarland, sondern nach Asien, weshalb wir uns zwischendurch nur an Weihnachten sehen werden und dazu noch sechs Stunden Zeitverschiebung haben. Wir führen seit drei Jahren eine recht glückliche Beziehung und wohnen seit einem Jahr zusammen. Aber nun habe ich Angst, dass die Beziehung an der Distanz scheitern wird.

Ich bin etwas eifersüchtig und mache mir jetzt schon Gedanken, dass er sich mit der Zeit vielleicht nach anderen Frauen umsieht und wir uns auseinanderleben (körperlich und emotional). Wie führt man eine Fernbeziehung richtig? Welche Abmachungen müssen wir im Voraus treffen? Und wie schaffe ich es, nicht zu viel über ihn zu grübeln? Danke für deine Hilfe!

Seraina, 29

Über Dania Schiftan

Dania Schiftan beantwortet Leserfragen

Als Psychotherapeutin (FSP, Eidg. anerkannt) mit eigener Praxis in Zürich arbeitet Dania Schiftan seit 2008 als selbständige Psychotherapeutin. Nebst ihrer Praxistätigkeit bietet Dania Schiftan seit einigen Jahren auch eine Online Therapie an. Hier geht es zu Dania Schiftans Webseite.

Liebe Seraina

Das ist natürlich gar keine einfache Situation. Im Gegenteil! Es ist eine sehr grosse Herausforderung, denn es kommt einiges zusammen: Nicht nur die Distanz wird ein Thema sein, sondern auch die grosse Zeitverschiebung und die unterschiedlichen Lebenssituationen, in welchen ihr euch befinden werdet. Du machst dir aber bereits jetzt einige Gedanken zum Kommenden – und wenn ihr zusammen gewisse Abmachungen treffen könnt, dann wird das die beste Voraussetzung dafür sein, dass alles gut kommt.

Ganz wichtig: Bevor es um konkrete Abmachungen geht, solltest du dich entscheiden, ob du Frieden schliessen willst damit, dass er geht. Egal, ob dieses berufliche Wegziehen gemeinsam entschieden wurde oder ob es sein eigener Beschluss war, du eigentlich ziemlich sauer bist auf ihn und ihm diese Entscheidung immer wieder vorhalten möchtest. Das ist total wichtig, auch für alles weitere, was ich dir raten werde.

In einem nächsten Schritt könnt ihr dann konkrete Vereinbarungen für eure Fernbeziehung treffen. Es gibt natürlich Punkte, welche ihr erst besprechen könnt, wenn es soweit ist und ihr die Rahmenbedingungen besser kennt. Einiges kann aber bereits im Vorfeld besprochen werden.

Als erstes lohnt es sich zu diskutieren, auf welche Art ihr während der Fernbeziehung miteinander Kontakt haben möchtet. Es gibt durchaus Leute, die gar nicht gut oder gerne telefonieren und skypen. Sollte dies bei einem von euch der Fall sein, solltet ihr euch mögliche Alternativen überlegen – sei dies Briefe schreiben, Sprachnachrichten schicken oder Fotos versenden.

Bevor es um konkrete Abmachungen geht, solltest du dich entscheiden, ob du Frieden schliessen willst damit, dass er geht.

Dann gilt es auch zu besprechen, wann ihr miteinander sprecht. Bei sechs Stunden Zeitverschiebung könnt ihr euch nicht abends in Ruhe hören und austauschen, sondern bei der einen Person ist Nacht und bei der anderen schon wieder Morgen – kompliziert! Kommt dazu, dass man zu solch unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten selten endlos Zeit hat, um miteinander zu reden und ihr in gänzlich anderen Stimmungen sein werdet.

Auch das Thema Verfügbarkeit sollte im Vorfeld der Fernbeziehung besprochen werden. Ihr müsst euch unbedingt bewusst sein, dass der andere nicht immer und sofort springen kann, wenn man von Sorgen geplagt wird – nur schon aufgrund der unterschiedlichen Schlaf- und Arbeitszeiten ist so etwas schlicht nicht möglich. Auch die Punkte, wie schnell man sich zurückmelden oder wie intensiv man am Leben des anderen teilnehmen muss, solltet ihr abmachen.

«Wie führt man eine Fernbeziehung richtig?»

Für dich ganz wichtig zu wissen: Dein Partner wird ganz viel Neues lernen und erleben. Er wird viele neue Kontakte schliessen und Erfahrungen sammeln, was für ihn elementar ist. Du wirst lernen müssen auszuhalten, dass er ganz viel Spannendes ohne dich erlebt und du nicht an allem teilhaben kannst – und das ist auch gut so! Wenn du ihm nun diesen Raum lässt, sich dort zu integrieren und an den Gewohnheiten, die dort herrschen, teilzunehmen, werdet ihr euch später wieder viel mehr und vor allem Neues erzählen können.

In diesem Zusammenhang möchte ich das Thema Eifersucht kurz ansprechen. Eifersucht ist in der Theorie nur ein Gefühl. Und gegen dieses Gefühl kannst du nichts machen. Du hast aber sehr wohl in der Hand, wie du auf dieses Gefühl reagieren möchtest. Du kannst im Stillen mit Tellern um dich werfen, deinem Freund haltlose Vorwürfe machen, oder aber das Gefühl auszuhalten versuchen – dafür muss du selber einen Weg finden. Du musst dir also überlegen, was für dich in Ordnung ist und was nicht.

Dazu gehört auch, mit deinem Freund auszuhandeln, was euer Beziehungs-Rahmenvertrag ist: was bedeutet Treue, wo fängt Untreue an, und was wollt ihr im Zweifelsfall unternehmen? Auch in körperlicher Hinsicht kann man übrigens trotz Distanz sehr viel miteinander machen: Schreibt euch heisse Nachrichten, telefoniert während ihr selbst Hand anlegt, filmt Szenen und sendet euch die Fotos oder Videos. Das kann sehr aufregend und lustvoll sein! Seid einfach vorsichtig: zeigt auf Filmen und Fotos nie das Gesicht gleichzeitig mit einem unbekleideten Körperteil – schliesslich weiss man nie, wo so etwas landet...

Man muss also lernen, auszuprobieren und sich zu öffnen. Man kann einander durch die Distanz sogar näher kommen, sowohl körperlich als auch emotional. Und zwar indem man es schafft, Sachen miteinander zu teilen, sich von einer Seite zu zeigen, die man in einer gewöhnlichen Beziehung eigentlich nicht präsentieren würde. Und so kann eine Fernbeziehung doch eine grosse Chance sein, um sich zu festigen. Für immer.

Bilder: MissTuni/iStock

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