Muuah!Warum küssen wir uns eigentlich?

Studien sagen, dass zwei Drittel von uns schon mal einen Partner wegen schlechten Küssen verlassen haben. Und wir fragen uns: Warum ist das Küssen für uns eigentlich so wichtig? Denn biologisch betrachtet ist es überhaupt nicht notwendig.

So schön! Aber warum küssen wir uns eigentlich. das letzte Geheinis der Liebe.

Wie man nicht küssen sollte, wissen wir bestens. Sabbern, Schmatzen und Schlecken geht gar nicht. Zähne, die aneinander schlagen, auch nicht. Zungen, die uns wie Wackelpudding entgegen wanken oder wie Propeller umkreisen, lassen uns mit dem Kopf zurückweichen. Und spitze Münder, die steif zusammengepresst sind, mögen wir auch nicht gewaltsam öffnen.

Wer einen Partner loswerden will, muss eigentlich nichts anders tun, als schlecht zu küssen. Immerhin hat das bereits für zwei Drittel der Befragten einer Studie schon einmal so funktioniert. Und insbesondere das schlecht küssende, männliche Volk lebt eher einsam: 59 Prozent aller Männer und 66 Prozent aller Frauen haben schon einmal eine Beziehung beendet, weil der Partner oder die Partnerin nicht gut küssen konnte. Schlechtes Küssen wäre damit scheinbar einer der wichtigsten Trennungsgründe überhaupt.

Dennoch ein Forschungsergebnis überrascht: Wie oft sich Paare küssen, soll – anders als andere Körperlichkeiten –im direkten Zusammenhang mit dem erlebten Beziehungsglück stehen. Vor allem für Frauen ist das Ausbleiben von Küssen oft der Anfang vom Ende einer Beziehung. Und auch Paartherapeuten fragen ihre Klienten zuerst, wie häufig sie sich denn noch küssen.

Doch warum ist uns Küssen so wichtig? Haben gute Küsser bessere und stabilere Beziehungen?

Küssen ist wichtig, aber nicht überlebenswichtig

Der Mensch ist die einzige Art, die über viele Kulturen konstant küsst. Na fast, aber seltene Bonobo und Schimpansenküsse zählt die Wissenschaft nicht dazu. Und immer, wenn es etwas gibt, dass der Mensch dem Affen voraus hat, ist die Wissenschaft alarmiert: dafür muss es einen evolutionären Grund geben!

It’s a Match! Küssen für die Partnerwahl

Viele Wissenschaftler, sehen im Kuss eine Art biologischen Code, der uns ähnlich wie Pheromone nonverbale Informationen darüber gibt, ob wir mit dem Partner genetisch zusammenpassen. Dieser Austausch von in Speichel verpackten Daten sei dabei sogar so wichtig, dass wir beim Knutschen das Risiko einer viralen oder bakteriellen Ansteckung vollkommen ignorieren. Eine These, die weit verbreitet, aber keinesfalls unbestritten ist. Denn wenn Kuss überlebenswichtig wäre, würden dann nicht ausnahmslos alle Völker auf der Welt küssen? So ist es aber nicht.

Küssen als Einstieg zu mehr

Eine zweite These besagt, dass Küssen dazu dient, den Partner vor dem Akt zu entfesseln. Dafür spricht, dass Frauen das Küssen insgesamt wichtiger ist als Männern. Dagegen, dass die leidenschaftliche Art des Küssens wie westliche Kulturen sie kennen, in asiatischen, arabischen und afrikanischen Völkern viel weniger verbreitet ist.

Küssen dient der Bindung

Die dritte, weit verbreitete These begreift den Kuss als Überbleibsel unseres frühkindlichen Bedürfnisses nach Bindung. Wir vermissen Mamas Brust und sind umso erquickter, wenn wir unser Saugbedürfnis an fremden Lippen stillen dürfen.

Oder. Oder. Oder. Einleuchtende und interessante Erklärungsversuche gibt es viele. Ebenso wie dutzende Anleitungsversuche zum Thema: Wie küsst man richtig? Nur eines scheint sich im gesamten Internet nicht finden zu lassen: Eine Wahrheit – es sind tausende.

Denn genetische Codes oder Bindungstheorien sind uns ja beim Küssen selten bewusst, und wir Küssen ja auch, ohne gleich unter die Gürtellinie gehen zu wollen. Am Morgen, am Abend, zur Begrüssung, zum Abschied. Zumindest hierzulande. Denn die Unterschiede zwischen den Kulturen sind gewaltig. Südeuropäer küssen durchschnittlich sieben mal am Tag, Asiaten einmal alle zwei Tage. Und in den eisigeren Regionen wie Lappland und Sibirien küsst man sich gar nicht auf die Lippen, sondern praktiziert sogenannte Riechküsse, bei dem man die Nase auf die Wange des anderen legt und den Atem des anderen tief einatmet.

Der Kuss hat also je nach Kultur eine unterschiedliche und keine universelle Bedeutung. Und nirgendwo hat er eine so hohe, wie in westlichen Ländern, wo ein Kuss in unterschiedlichen Formen Zuneigung ausdrückt.

Das letzte Geheimnis der Liebe

Aber wie geht er überhaupt, der perfekte Kuss? Wer da weiterforschen will, landet schnell da, wo der Austausch von Körperflüssigkeiten seinen ungeübten, neugierigen Anfang nimmt: auf Teenie-Ratgeberseiten. Dort werden Step-by Step und in How-To-Videos verschiedene Techniken erklärt, wie man beim Zungenkuss runde Kreise im Mund des anderen dreht, usw.... Anleitungen, die junge Gemüter vielleicht mit grösstem Interesse studieren, die für romantisch veranlagte Erwachsene aber zumindest befremdlich sind.

Für Erwachsene gibt’s Beziehung- und andere Ratgeber en masse, aber keine guten Texte zum Küssen, als wäre es das letzte Geheimnis der Liebe. Warum ist das so? Und ist es vielleicht gut so? Brauchen Erwachsene keinerlei Nachhilfe? Können wir sicher sein, das unsere Partner unsere Küsse geniessen?

Auf der Suche nach Antworten für Erwachsene begegnete uns Studien und Forschungen, was dem leidenschaftlichen Kuss eigentlich mehr als zuwider sein müsste: Man trifft auf klinische Untersuchungen und diverse soziologische, ethnologische, biologische und psychologische Deutungsversuche, die so gar nichts mit der Erwartung in unserem Kopf zu tun haben. Es gibt nicht eine Antwort, es gibt tausende.

Gegenfrage: Warum wollen wir das überhaupt wissen, wie man richtig küsst? Warum sind wir nicht bereit es einfach zu erproben? Vielleicht weil uns all die Buchstaben, Statistiken und Interviews regelmässig Angst machen. Schlechte Küsser sind Loser! Wer das Knutschniveau in seiner Beziehung nicht mindestens auf dem von Scarlett O’Hara und Rhett Butler hält, steht praktisch schon vor dem Beziehungsaus aus. Denn das sagen Studien unisono: Küssen ist ein Beziehungsbarometer (Lies auch: Was der erste Kuss über die Beziehung verrät). Wird nicht mehr geküsst, stimmt auch etwas in der Partnerschaft nicht. Und schon stehen wir wieder unter Stress.

Küssen mag gewiss wichtig sein. Es sollte aber wohl vor allem eines sein, dass wir es auch geniessen können: etwas Natürliches. Lassen wir eines der letzten Geheimnisse über die körperliche Liebe ungelüftet. Machen wir es einfach oder nicht. Denn richtiges Küssen gibt es gar nicht. Ebenso wenig wie schlechtes Küssen. Es passt oder es passt nicht. Denn das Schönste am Küssen ist, dass es vollkommen freiwillig geschieht, es hat keinerlei biologisch wichtigen Zweck. Wie die romantische Liebe.

Titelbild: Stockbyte

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