Zwei Männer und eine FrauVerliebt in den besten Freund des Ex

Der Freundeskreis des Ex-Freunds ist auf der Suche nach neuen Liebschaften tabu. Eigentlich! Denn nicht selten trifft man gerade bei alten Bekannten auf neue Gefühle. Verliebt in den (besten) Freund des Ex: Der Beginn einer grossen Liebe? Oder das Ende einer Männerfreundschaft?

Jules et Jim

Verliebt in den besten Freund des Exfreunds: diese Situation ist brenzlig, «aber keinesfalls selten», weiss Dr. Wolfgang Krüger, Psychotherapeut und Autor des Buchs «Wie man Freunde fürs Leben gewinnt». Denn etwa «40 Prozent aller Beziehungen entstehen innerhalb des Freundeskreises. Der Grund dafür liegt auf der Hand. (...) Man kennt einander gut, vertraut sich und kann sogar auf eine gemeinsame Vergangenheit zurück blicken.» Es sei daher nicht unnatürlich, wenn sich aus einer solchen Vertrautheit das Gefühl von Liebe entwickele, sagt der Paartherapeut. Selten und abnormal ist die das neue Liebesglück unter Freunden von (Ex-)Freunden also nicht, aber ist auch in Ordnung?

Verbotene Liebe: Moralische Grenzen

Doch die Tatsache, dass Liebe unter Freunden nicht selten ist, gibt ihr deshalb noch lange keinen moralischen Freifahrtschein. Kollidiert das junge Liebesglück mit dem Scherbenhaufen einer gescheiterten Beziehung, sind schliesslich nicht allein zwei, sondern drei Herzen im Spiel. Für denjenigen, der ertragen muss, dass seine verflossene Liebe nun mit dem eigenen besten Freund glücklich ist, gleicht dieses Szenario einer emotionalen Tragödie. Die Probleme, die in solchen Konstellationen auftreten, sind dabei wesentlich vielschichtiger als blosse Eifersucht: Eine Freundschaft wird massiv beschnitten, der Umgang mit der Exfreundin muss neu definiert werden. Manchmal entstehen darüber hinaus sogar Selbstzweifel an der eigenen Liebes- und Bindungsfähigkeit.

Freundschaftscodex: (Ex-)Partner sind tabu

Beste Freunde verbindet ein Ehrenkodex, der da lautet: Der Partner des besten Freundes ist ein Tabu. «Solche Treueschwüre halten jedoch nur auf dem Papier», sagt Dr. Krüger und ergänzt: «Man kann sich gegen ein Verlieben kaum wehren. Die Liebe schlägt zu, wie eine Naturgewalt und ist fähig selbst den heiligsten Kodex aus den Angeln zu heben.» Wer sich in den Ex-Partner seines besten Freundes verliebt steckte dann in der Zwickmühle: „Natürlich will niemand seinem besten Freund ein Messer ins Herz rammen. Wahrscheinlich wird es aber darauf hinaus laufen. Wer sich richtig verliebt hat, wird der Logik seines Herzens folgen und die Freundschaft zugunsten seiner neuen Liebschaft riskieren.» Auch das ist völlig normal. Die Liebe ist nunmal untrennbar mit dem Lebensglück verbunden. Aus zuviel Rücksichtsnahme werden am Ende vielleicht alle drei unglücklich.

Leidenschaft schlägt Freundschaft?

Doch was passiert nun mit der Freundschaft? Dr. Krüger prognostiziert einen massiven Einschnitt: «Freundschaften leben von Gesprächen. Doch genau diese Existensgrundlage wird der Freundesbeziehung nun genommen. Schliesslich wird es dem frisch Verliebten kaum möglich sein, über seine neue Leidenschaft zu berichten. Die Kränkung seines besten Freundes wäre zu gross.» Andersherum könne man auch nicht verlangen, dass der andere Verständnis für das junge Liebesglück aufbringt. Die Freundschaft wird auf eine enorm harte Probe gestellt. Der Ausgang bleibt ungewiss. Um ihr noch eine Chance zu geben, rät der Experte bestimmte moralische Regeln zu beherzigen.

Take away

Nichts überstürzen, Rücksicht nehmen und offene Gespräche - das rät der Experte.

+ Richtiger Zeitpunkt: Liebe lässt sich zwar nicht planen, dennoch ist es in Herzensangelegenheiten oft hilfreich, nichts zu überstürzen. Gerade bei Liebschaften, die den Ex-Partner verletzen könnten, ist hier eine gründliche Bedenkzeit ratsam. Dr. Krüger erklärt, warum sich das Warten auch für die frisch Verliebten lohnt: «Neue Beziehungen, die rasch nach einer Trennung entstehen, sind ohnehin meist nur eine Antwort auf die zerbrochene Liebe.» Erst wenn man die Trennung emotional verarbeitet hat, sei man für eine  neue Bindung bereit. «Der Volksmund sagt immer, man solle warten, bis die Betten nicht mehr warm sind. Da jeder mit emotionalen Verlusten anders umgeht kann man hierfür letztlich keine zeitlichen Vorgaben machen. Man spürt es meist, wenn die Verarbeitung vorbei ist», so der Experte.

+ Offene Kommunikation: Heimlichkeiten und Lügen vernichten jede Freundschaft. So hart die Wahrheit auch sein mag, wer seine Freundschaft ernst nimmt, bleibt ehrlich. Auch das prekäre Liebesglück sollte daher in einer Freundschaft offen kommuniziert werden. Dr. Krüger rät: «Ein offenes Gespräch hat dabei nicht nur zwischen den besten Freunden stattzufinden. Auch zwischen dem ehemaligen Liebespaar ist eine ehrliche Kommunikation wichtig, in der zur Sprache kommen sollte, dass man aneinander mit Wertschätzung, Respekt und Dankbarkeit für die bisher gemeinsam verbrachte Lebensphase begegnet.»

+ Rücksichtsnahme: «Wer verliebt ist, ist ein Plappermaul und möchte am liebsten der ganzen Welt von seinem Glück erzählen. In der geschilderten Situation ist dieses Vorgehen jedoch der falsche Weg. Der Experte rät dem Verletzten eine Art Schonfrist einzurichten. «Man sollte dem Ex-Partner bzw (ehemaligen) besten Freund nicht zumuten, das Liebeglück ansehen zu müssen. Zärtlichkeiten in seiner Gegenwart sollten unterbleiben. Die Rücksicht darf sogar soweit gehen, dass man auf Wunsch des Verletzten jegliche Treffen vermeidet.» Natürlich sollte diese Schonfrist nicht ewig dauern, ein ungefähren Zeitraum von einem halben Jahr gilt dem Paartherapeut als angemessen.

+ Kränkungen ernst nehmen: «Der verletzte Ex-Partner bzw. (ehemalige) beste Freund hat in dieser Situation ein Recht auf Kränkung. Es ist wichtig dieses ernst zu nehmen und ihm ggf. bei der Verarbeitung zu helfen.» Wie dieser Verarbeitungsprozess verlaufen soll, sollte von den Wünschen und Bedürfnissen des Verletzten abhängig sein. Gemeinsame Gespräche können helfen. Es gilt es aber auch zu akzeptieren, wenn der Betroffene jeglichen Kontakt abrechen möchte. Sind die Fronten stark verhärtet, besteht auch die Möglichkeit, einer gemeinsamen Beratung durch einen Experten. Mediatoren und Psychologen können Orientierung und Unterstützung bieten.

Autor: Linda Freutel

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