Meins!Eifersucht – Leid oder Leidenschaft?

Wenn man versteht, welches menschliche Bedürfnis hinter dem emotionalen Exklusivitätsanspruch steckt, kann man verstehen, warum Eifersucht nicht nur eine Last, sondern manchmal auch eine Notwendigkeit ist. Psychotherapeut Dr. Krüger erläutert.

Eifersucht bekämpfen

Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft. 

Der österreichische Schriftsteller Franz Grillprazer drückte mit diesem Vers aus, was viele Paare fühlen. Eifersucht ist die Sucht nach emotionaler Kontrolle, die leider viel zu oft ausser Kontrolle gerät.

Das schmerzliche Gefühl die Liebe oder Anerkennung eines anderen Menschen zu verlieren, kann Menschen in emotionale Ausnahmesituationen drängen. Man liest die SMS des Partners, spioniert ihm hinter her oder versucht ihm den Kontakt mit anderen zu verbieten. Im schlimmsten Fall können die bedrückenden Gefühle Menschen zum Äussersten drängen. US-Wissenschaftler glauben, dass fast jeder vierte Mord aus krankhafter Eifersucht verübt wird.

Ist Eifersucht eine Sucht?

Tatsächlich kann das nagende Gefühl einem Rauschzustand gleichkommen. Denn wie der Wortstamm vermuten lässt, kann Eifersucht tatsächlich eine Form von Sucht sein. Dabei ist nicht jedes eifersüchtige Verhalten krankhaft.

Es kann auch nützlich sein, wie Dr. Wolfgang Krüger, Psychotherapeut und Autor des Buches «Das Geheimnis der Treue» erklärt: «Man muss zwischen der leichten, der mittleren und der krankhaften Eifersucht unterscheiden. Die leichte Form ist ein berechtigtes Warnsignal, wenn die Liebe bedroht ist. Nur die krankhafte Eifersucht ist ein ernst zu nehmendes Suchtverhalten. Personen die mit letzterer zu kämpfen haben, sind in der Kindheit oft zu wenig geliebt worden. Sie haben ständig das Gefühl, dass die Liebe bedroht sein könnte, haben grosse Verlustangst. Und so kreisen sie nonstop suchtartig um den Partner».

Dass bei übermässigem Argwohn von Eifersucht gesprochen wird, findet seinen Ursprung in der Sprache des Althochdeutschen. Das Wort setzt sich auch aus «eiver» (Bedeutung: Das Herbe oder Bittere) und «suht» (Bedeutung: Seuche) zusammen. Heute wissen wir, dass Eifersucht eine doppelte Bedeutung hat: Sie ist ein Wächter der Liebe, kann aber auch krankhafte Züge annehmen und das was sie zu beschützen wünscht zerstören.

Angeboren oder sozial erlernt?

Das Thema Eifersucht, beschäftigt nicht nur viele Paare, auch Wissenschaftler setzen sich mit Ursprung und Ursache von eifersüchtigem Verhalten auseinander. Ging man einst lange davon aus, dass Eifersucht ausschliesslich eine sozial geprägte und erlernte (also beeinflussbare) Verhaltensform ist, weiss man heute, dass uns die Anlage zur Eifersucht buchstäblich in die Wiege gelegt wurde.

Ein Experiment zeigte, dass selbst Babys ein eifersüchtiges Verhalten aufweisen wenn sich ihre Eltern zu lange oder zu intensiv mit einer lebensecht wirkenden Babypuppe beschäftigt haben. Forscher zogen draus den Schluss, dass Eifersucht genetisch im Menschen verankert ist – und damit einen biologischen Sinn und eine Daseinsberechtigung haben muss.

Männer und Frauen sind unterschiedlich eifersüchtig

Im biologischen Erbe sahen Wissenschaftler auch lange Zeit den Unterschied zwischen weiblicher und männlicher Eifersucht begründet. Danach reagieren Frauen auf emotionale Untreue ihrer Partner intensiver, während sich Männer bei körperlicher Untreue eifersüchtiger zeigt.

Erklärt wird diese Differenz mit dem Bedürfnis der Frau nach gewissenhafter und allumfassender Absicherung, welche ihren Ursprung vor allem in einem emotionalen und sozialen Verbund hat. Beim männlichen Geschlecht diene eifersüchtiges Verhalten hingegen seit Urzeiten eher dazu, sicherzustellen, dass ausschliesslich das eigene Erbmaterial an die auserwählte Herzensdame weiter gegeben wird.

Zwei Geschlechter, dasselbe Gefühl

Neuere Studien ergaben jedoch, dass das biologisch bedingte Eifersuchtsverhalten von Männern und Frauen heute nur noch minimal von einander abweicht. Tatsächlich laufen bei beiden Geschlechtern die gleichen Prozesse im Gehirn ab, wenn sie in eine Eifersuchtssituation geraten. Ob physische oder emotionale Untreue dabei ursächlich für die negativen Gefühle ist, ist für die Hirnaktivität hinfällig.

Biologisch betrachtet, scheinen beide in ihrem Eifersuchtsverhalten also annähernd gleich. Trotzdem gibt es Unterschied zwischen dem männlichen und weiblichen Verhalten bei diesem Thema. Frauen reagieren beispielsweise tatsächlich stärker auf emotionale Untreue als Männer. Dies zeigt sich vor allem in Gesellschaften, in denen Frauen in starker Abhängigkeit von ihrem Mann leben.

Finanziell abhängige Frauen müssen ihren emotionalen Exklusivitätsanspruch stärker bewahren, als unabhängige, weshalb sie ihr Eifersuchtsverhalten daran anpassen. Umgekehrt zeigt das Phänomen der «Ehrenmorde» in anderen Gesellschaften, wie sehr auch die Kultur unsere Emotionen steuern kann. Insofern schlussfolgert die Wissenschaft, dass Eifersucht in uns zwar biologisch verwurzelt, aber in seiner Ausprägung abhängig von unserer sozialen und kulturellen Umwelt ist.

Eifersucht bekämpfen oder akzeptieren?

Dass die Ausprägung von Eifersucht an gesellschaftliche Wertesysteme geknüpft ist, lässt vermuten, dass durch eine Anpassung der eigenen und/oder gesellschaftlichen Moralvorstellung von Treue auch das Eifersuchtsverhalten des Einzelnen geformt werden kann. Nach dem Motto: Wenn Untreue seinen Ruf verliert, hat es auch mit den beengenden Gefühle endlich ein Ende. Klingt gut, funktioniert aber nicht ganz so einfach.

Dass sich Mutter Natur (und damit die eigenen Emotionen) nämlich nicht so leicht austricksen lassen, wissen wir spätestens seit den  Studentenbewegungen in den späten 60er Jahren. Damals hat eine ganze Generation versucht, die freie Liebe zu propagieren und den emotionalen Störenfried zu bekämpfen und kollektiv abzuschaffen – grossartige Idee, jedoch leider ohne nachhaltigen Erfolg. Die eifersuchtsfreie Polygamie hat sich nicht durchsetzen können.

Dr. Krüger kennt den Grund für das Festhalten an monogamen Beziehungen: «Solch starke Gefühle lassen sich nun mal nicht einfach abschalten. Und meist auch nicht verdrängen oder so leicht bekämpfen. Sie sind nämlich nicht nur eine Last, sondern manchmal auch eine Notwendigkeit. Wir brauchen sie, um unsere Einzigartigkeit und Wichtigkeit bestätigt zu sehen und auch, um ein Warnzeichen zu haben, wenn die Stabilität unserer Beziehung ins Wanken gerät.»

Emanzipation versus Eifersucht

Wenn wir die Eifersucht als Warnsignal brauchen, kann also auch ein Mangel daran durchaus problematisch für eine Beziehung sein. Denn wenn es uns rein gar nichts ausmacht, dass unser Partner alles was er mit uns teilt, auch mit anderen austauscht, worin liegt dann der Sinn in der Beziehung? Trotzdem wird das Gefühl von Eifersucht in westlichen und emanzipierten Gesellschaften verpönt.

Krüger spricht hierbei von einer Art Unfähigkeit zur Eifersucht. «Dies ist ein Phänomen, das ursprünglich bei Männern gehäufter vorkam, als bei Frauen. Inzwischen zeigt es sich nicht selten, dass Frauen ebenfalls ihre starke Eifersucht versuchen zu bekämpfen oder zu unterdrücken».

Dahinter steckt in der Regel ein Mechanismus des Verdrängen. «Spürt man Eifersucht, zeigt einem dieses Gefühl, dass das eigene Glück und Wohlergehen vom Partner abhängig ist. Diese emotionale Abhängigkeit wollen sich immer weniger Menschen eingestehen oder sehen sie sogar als Zeichen von Schwäche. Oft fühlt es sich für die Betroffenen emotional angenehmer an, die Eifersucht zu verdrängen oder zu kontrollieren, als sich selbst bei dem Gefühl der Abhängigkeit zu ertappen.»

Die Dosis macht das Gift

Dieser emotionale Fluchtversuch macht sich jedoch meist nicht bezahlt. Denn auch eine fehlende Eifersucht tut ihre Wirkung. «Der Partner, um den man nie Angst hat, wird sich vielleicht nicht mehr wichtig genug fühlen. Ihm wird das Gefühl der Einzigartigkeit abhanden kommen, das die Paarbeziehung sonst stabil hält», mahnt Krüger und erklärt weiter: «Eifersucht ist, ebenso wie Angst, ein Warnsignal. Nicht mehr und nicht weniger. In einem milden Rahmen helfen uns diese Gefühle eine Bedrohung zu erkennen.»

Erst wenn sie in einer extremen Form auftreten, werden sie zu sprichwörtlich schlechteren Beratern und zerfressen das Seelen- und meist auch das Beziehungsleben. In diesem Fall sollte unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden, um deine Eifersucht zu überwinden oder so gut es geht in den Griff zu bekommen. «Wir müssen es schaffen mit der Eifersucht lebensklug umzugehen. Dafür gilt es zu lernen, Selbstwertgefühl zu stärken und den Mut zu einer ausreichenden Selbständigkeit aufzubringen.»

Diese Schritte sind, laut Experte Dr. Krüger, nicht nur die wichtigste Antwort auf den Dämon Eifersucht, sondern auch von jedem umsetzbar, der eine glückliche Beziehung führen will.

Krankhafte Eifersucht bekämpfen: Hilfreiche Tipps gegen den emotionalen Argwohn

Unterstellungen vermeiden: Deine Eifersucht findet oft nur im Kopf statt. Prüfe genau, ob du wirklich einen Grund hast für die negativen Gefühle und die Angst oder du vielleicht die eine oder andere Situation auf die Goldwaage gelegt hast. Unbegründete Unterstellungen verletzen und verunsichern den Partner oft schwer.

Offene Gespräche suchen: Berichte deinem Partner oder deiner Partnerin von deiner Eifersucht und bitte ihn/sie um Hilfe. Wenn dein Gegenüber die Situationen kennt, in denen du eifersüchtig reagierst, kann er/sie gezielt Sicherheit vermitteln und helfen deinen Argwohn zu überwinden.

Selbstbewusstsein stärken: Dir kann so schnell niemand das Wasser reichen. Werde dir dieser Tatsache bewusst, dann wirst du Konkurrenz weniger fürchten. Oft genügen dafür schon kleine Gesten: Mach dich hübsch, geh zum Sport oder zum Coiffeur. Sobald du dich wohler in deiner Haut fühlst, bist du weniger verletzlich.

Anzeichen erkennen: Lass es gar nicht erst so weit kommen, dass du eifersüchtig reagierst. Sobald du merkst, dass unbegründete Eifersucht in dir aufsteigt, solltest du diesem Gefühl ein produktives Ventil geben. Idealerweise besprichst du die Thematik frühzeitig mit deinem Partner oder deiner Partnerin.

Foto: Unsplash

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