Frauen, die uns inspirieren«Mich so zerbrechlich zu zeigen, hat viel Überwindung gekostet»

Sie trat in Musicals auf, tanzte bei der DJ Bobo World Tour mit und nahm mit 13 ihre erste CD auf. Heute singt sie voller Gefühl, spielt mit Genres und befasst sich mit den wichtigen feministischen Themen des 21. Jahrhunderts.

Sängerin Melday

Die 22-jährige Sängerin Anina Kühnis, auch bekannt als Melday, macht schon ihr halbes Leben lang Musik. Ihre Single «Greatest Torture» wurde auf Spotify über 400.000 Mal gestreamt. Im Interview spricht die gebürtige Aargauerin mit uns über Feminismus, wie sie ihre persönliche Erfahrung in Liedern verarbeitet und was die Coronapandemie an ihr und ihrer Musik verändert hat.

Du singst, seit du elf Jahre alt bist. Was steckt hinter deinem Künstlernamen Melday?

Mein Künstlername wurde mir praktisch in die Wiege gelegt. Als ich elf war, trat ich als Eventsängerin auf und nannte mich Anina Melody, abgeleitet von meinen Vornamen. Später wurde aus Melody einfach Melday. 

Wie kamst du zur Musik?

Laut meiner Mama stand ich eines Tages einfach vor ihr und hatte beschlossen, Gesangunterricht zu nehmen. Meine erste Cover-CD nahm ich mit 13 auf, trat in Musicals auf und durfte auf einer DJ Bobo World Tour als Background-Tänzerin dabei sein. Musik, Schauspiel und Tanz begleiteten meine Jugend.

Mit welchen Themen beschäftigen sich deine Musikvideos und Songs?

Ich verbinde damit sehr persönliche Themen. Als ich «Stand or Fall» geschrieben habe, hatte ich auch in meinem Privatleben zu kämpfen. Ich führte eine toxische Beziehung und wurde missbraucht – die starke Frau, die ich sein wollte, war ich damals nicht. Also verarbeitete ich diese Emotionen in meinen Songs, denn ich weiss, dass ich nicht die einzige bin, die so etwas erlebt hat. Diese Tatsache motiviert mich, meine Erfahrungen mit anderen zu teilen.

Du sagst, du befasst dich mit Feminismus im 21. Jahrhundert. Welche Klischees am Feminismus stören dich und was bedeutet er für dich persönlich?

Ich stelle mir immer wieder viele Fragen zu dem System, in dem wir leben. Ist es tatsächlich eine gleichberechtigte Gesellschaft, wenn Frauen gerade mal 25-30% aller Regierungsmitglieder ausmachen? Warum werden weibliche Nippel zensiert? 80% der Musikbranche ist von Männern besetzt. Was können Frauen nicht, was Männer können? Ist es überhaupt möglich, als Frau in etwas besser zu sein, wenn wir in einem gesellschaftlichen Konstrukt leben, dass von Männern aufgestellt wurde? Mich nervt das Klischee, dass Feministinnen Männer verabscheuen würden. Dass Feministinnen kompliziert wären, weil wir ja gleichberechtigt seien. Denn ganz offensichtlich, sind wir es nicht. 

Mir geht es darum, die Weiblichkeit zu emanzipieren. Viele denken, Feministinnen würden stärker und irgendwie männlicher sein – eine falsche Annahme, finde ich. Wir könnten uns optimal ergänzen, wenn der gegenseitige Respekt da wäre und auf die Stärken und Schwächen des anderen Geschlechts eingegangen würde. 

Wegen der Coronapandemie war Vieles, was zum Alltag von Musiker*innen gehört, nicht möglich. Hat das Jahr 2020 vieles für dich verändert?

Ich denke, als Artist verändert sich die ganze Zeit etwas. Musik zu kreieren, ist ein niemals endender Prozess. Die Person, die ich gestern war, bin ich heute nicht mehr. Ich möchte Musik machen, die die Menschen emotional berührt. Dafür muss ich meine Emotionen auch sehr klar reflektieren und offen legen. In diesem besonderen Jahr ist mir das klarer, denn je. Die wenigen Konzerte, fanden 2020 im kleinen Rahmen statt. Ich arbeite nebenbei Teilzeit, von der Musik kann ich noch nicht leben. Aber ich hab das Jahr genutzt, um an neuen Songs zu schreiben.

Was unterscheidet deine Musik von anderen Schweizer Künstler*innen?

Ich möchte mich nicht auf ein bestimmtes Genre begrenzen oder in eine Schublade gesteckt werden – dazu tendiert generell viel zu sehr. Zurzeit würde ich mich folgendermassen beschreiben: eine romantische Popsängerin mit einer Note Soul unter dunklem Glitzerregen. Es gab aber auch schon Zeiten, da wollte ich die Punk-Queen der Schweiz werden. Darum: glaub mir kein Wort – das wird sich auch weiterhin immer ändern.

Wer ist dein Vorbild und warum?

Ein Vorbild das irgendwie immer geblieben ist, ist definitiv Christina Aguilera. Eine unglaubliche Powerfrau. Und gesangstechnisch sehr inspirierend. 

Tipp der Redaktion: Redakteurin Jenny, die das Interview führte, hört nur noch den Song «Fire», der im März mit Meldays Album «Stand or fall» herauskam.

Titelbild: zVg flavio leone 

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