HAPPY MIDLIFE CRISIS!Wenn aus 20-something 30-nothing wird
Der 30. Geburtstag: Zeit für die erste Bilanz. Und die heisst: Krise! Wer jetzt nicht verzweifelt, ist wohl am Verdrängen. Denn 30 Jahre ist der neue Zeitpunkt für eine alte Bekannte: Die Midlife Crisis. Unsere Redakteurin stellt sich einer Zahl und hat dabei eine ganze Generation hinter sich.
Ich werde im nächsten Jahr 30, stecke aber jetzt schon in einer Krise. Genau wie der Rest meiner Generation. Daher bitte ich Sie: Lesen Sie weiter. Geteiltes Leid, ist schliesslich halbes Leid!
Wie alles begann...
Gehört habe ich ja schon öfter von der Midlife Crisis. Nur vorgestellt habe ich sie mir anders. Es ist – jedenfalls bei mir- nicht wie in Hollywood. Nichts in meinem Leben erscheint mir gerade wie Hollywood. Warum also das? Ich bin nicht eines Morgens in meinem Designerbett aufgewacht und habe gedacht: Mist, ich stecke in der Krise. Im Gegenteil: Der Einbruch kam schleichend, aber dafür umso gnadenloser.
Erst war ich happy. Ich habe mein Studium beendet, habe einen Job, einen Freund, sogar einen Hund. Und nun auch noch ein fettes Problem. Denn all das, was mich die letzten Jahre so unwahrscheinlich erfüllt hat, tut nun es nicht mehr - ausser der Hund! Erst war es der Job, den ich angezweifelt und dann voller Inbrunst über Bord geworfen habe (Rückblickend war das übrigens eine anstrengende, aber gute Entscheidung). Nun ist es meine Beziehung, die mich – und mit mir den Rattenschwanz meines restlichen Lebens – ins Straucheln bringt. Soll es das gewesen sein? Etwa für immer? Mit diesem (eigentlich sehr netten) Mann? An diesem Ort? Aber doch nicht etwa in dieser Wohnung?
30 ändert alles
All dies sind Gedanken, die ich mir erst jetzt mache. Und daran ist 30 Schuld. Denn während die freundlich-fröhliche 20 mich noch unbeschwert hat treiben lassen, stellt 30 plötzlich unangenehme Fragen. Mein Umfeld gleich mit ihr. Dabei geht es immer wieder um die gleichen gehaltvollen Worthülsen, wie Verantwortung, Zukunft, sich Festlegen und Weichen stellen. Einige nennen das Erwachsen werden, anfühlen tut es sich wie Einengung. Und würde ich den Unterschied kennen, wäre ich wohl nicht 30, sondern weise. Ich bin aber weder noch. Ich bin eine junge(!) Frau. Und damit stecke ich direkt im nächsten Schlamassel. Frauen bekommen Kinder. Oder auch nicht.
Wie dem auch sei: Frauen müssen sich entscheiden, was sie wollen. Gerade fällt mir auf: Hören Sie auch dieses Ticken? Es ist ziemlich laut. So laut, dass es die meisten Frauen in meinem Freundeskreis aufhorchen lässt. Und die, die es nicht hören, haben vom vielen Arbeiten einen Tinitus. Das ist weder angenehmer, noch aussichtsvoller. Denn hinter dem lauten Tinitus warten meist leise Bedenken. Soll es das gewesen sein? Mit diesem Job? Mit diesem Gehalt? Doch nicht etwa in diesem Büro?
Midlife-Crisis: Mit 30 zu früh?
Wie man es also dreht und wendet: 30 bedeutet Bedenkzeit. Aber ist das nicht etwas früh? Hatte man früher nicht Schonfrist bis 40? Und überhaupt: War früher nicht ohnehin alles besser? Diese Aussage hört man doch ständig. Sie kann aber eigentlich nicht stimmen. Denn wenn dem so wäre, hätten die Generationen vor uns wohl kaum so aufopfernd für die Emanzipation gekämpft. Früher war nicht alles besser, sondern nur fester. Man kannte seinen Weg und ging ihn. Ob man wollte oder nicht. Heute sind wir freier und dankbar dafür, aber damit trotzdem manchmal etwas überfordert. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass sich dieMidlife Crisisum zehn Jahre verfrüht hat. Unsere Generation befindet sich im Zwiespalt. Da gibt es die einen, die die neue Freiheit geniessen und sich treiben lassen. Und die anderen, die sich von der Autonomie fürchten und deshalb alles so schnell es geht dingfest machen: Kind, Karriere, Bausparvertrag.
Treffen tun sich beide Gruppen spätestens am 30. Geburtstag; mit einem Glas Schampus in der Hand, zwei Lebenswegen im Gepäck und der gleichen Frage im Kopf. Was jetzt? Gerade, weil das Leben nicht mehr gradlinig verläuft werden Wege und Weichen jetzt in Frage gestellt. Zweifelhaft ist plötzlich alles, gewiss ist nur eines: Das Leben wird wellenförmig weiter laufen. Der Emanzipation sei Dank. Das bedeutet zwar nicht, dass man deshalb die Orientierung verlieren muss. Doch die Qual der Wahl bleibt. Und kommt wieder. Immer wieder. Das ist ja das Schöne.
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Happy-end: Eine Frage der Einstellung
Krisen tun zwar weh. Sie sind – in unserem Fall - aber auch ein Zeichen von Freiheit. Und Freiheit ist Luxus. Denn Krisen sind, rein rational betrachtet, nichts anderes als Wegweiser. Sie wollen weder Angst machen, noch gehässig sein. Sie wollen einfach nur verschiedene Möglichkeiten aufzeigen. Links? Rechts? Oder doch lieber die Mitte? Wer Verzweiflung gegen Vorfreude tauscht wird schnell feststellen, dass alle Wege irgendwie bunt und attraktiv sind. Auf ihre Weise. Das ist schön und zeigt eigentlich nur eines. Nämlich, dass man im Leben gar keine Fehler, sondern nur Erfahrungen machen kann.
Und wenn ich mit knapp 30 schon so altklug daher rede, dürfen Sie sich ruhig ein bisschen freuen, wenn ich mit 40 in der nächsten Krise stecke. Dann werden Sie von mir lesen und hoffentlich wieder mein Leid und auch meine Meinung teilen. Denn die heisst: Es geht weiter. Immer! Nur Stillstand ist der Tod. Stehen Sie also endlich auf und feiern Sie Ihren 30sten! Den gibt es nämlich nur einmal. Zum Glück!
Foto: Jennifer Garner im Film «30 über Nacht» (©Columbia TriStar)