Goodbye Orangenhaut!Was wirklich gegen Cellulite hilft

Jedes Jahr cremen, peelen und massieren wir, was das Zeug hält. Vergebens, denn bislang hilft nur wenig gegen Cellulite. Und das hat einen guten Grund.

Gegen Cellulite hilft Pflege allein wenig.

Typisch Frau, sagt die Wissenschaft dazu. Denn Männer bleiben von Cellulite verschont. Je nach Studien wird das Orangenhautpotential auf 80-98 Prozent bei Frauen über 20 Jahren geschätzt. Geteiltes Leid ist halbes Leid: Wenn alle Frauen davon schon allein aufgrund ihres biologischen Geschlechts davon betroffen sind, könnten wir doch lernen uns damit abzufinden?

Aber wer will schon gelassen bleiben, wenn die Spannung nachlässt und an jeder Ecke Heilung versprochen wird? Ob in acht Tagen oder vier Wochen, Gel, Cremes und Öle verführen uns mit immer neuen Inhaltsstoffen und «bewiesener Wirksamkeit» zu glauben, Cellulite sei eine Frage der richtigen Pflege.

Cellulite wegcremen hilft nicht

Nachdem Prinzip Glaube, Liebe, Hoffnung cremen wir was das Zeug hält. Und das obwohl laut Stiftung Warentest keine der in 2009 getesteten Produkte irgendeine sichtbare Auswirkung auf die Cellulite habe. Durch Placebotests wurde klar, Anti-Cellulite-Crèmes wirken nicht besser, aber auch nicht schlechter als eine gewöhnliche Bodylotion. Sie machen die Haut fühlbar sanfter und geschmeidiger, durchdrückende Fettpolster können aber auch Sie nicht wegzaubern.

Auch Ökotest gelangte zu einem wenig schmeichelhaften Testurteil. «Glatt gelogen» lautet das Fazit zum Test von 2013. Ursache für die miese Erfolgsquote dürfte eine Binsenweisheit sein. Man kann an der Oberfläche nicht bekämpfen, was im Innern entsteht. Denn Cellulite hat seinen Grund in der Art und Weise, wie im weiblichen Körper Fett gespeichert wird, sowie einer damit einhergehenden natürlichen Bindegewebsschwäche und einer schlechteren Durchblutung an Bauch, Beinen und Po.

Die Ursachen von Cellulite

Schuld sind mal wieder die Hormone, die dafür sorgen, dass Männer ein festes Bindegewebe haben und wir Frauen ein eher dehnbares und damit folgerichtig Cellulite. Das schwächere Bindegewebe ist allerdings wichtig, wenn sich Bauch und Becken einer Frau während einer Schwangerschaft ausdehnen müssen. Cellulite ist deshalb auch keine Krankheit, sondern ein ganz natürliches biologisches Phänomen, das weder Schmerzen noch bedenkliche Schäden im Körper verursacht.

Trösten mag uns das beim Bikini anprobieren wohl kaum, die Ursachen der Cellulite zu kennen, hilft aber so manches falsche Versprechen der Kosmetik-Industrie zu durchschauen. Denn wenn wir schon in den Kampf gegen Cellulite ziehen, dann doch wenigstens mit den richtigen Mitteln.

Ursache des schwächeren Bindegewebes ist die Fettspeicherung. Frauen speichern Fett bevorzugt direkt unter der Haut am Po und den Oberschenkeln. Die Ober- und Lederhaut ist dort dünner ausgeprägt als bei Männern, zudem sind die Fettzellen in der Regel grösser. Weil nun das weibliche Bindegewebe besonders hier nicht allzu widerstandsfähig ist, zeichnen sich die Fettzellen als Hubbel bzw. Grübchen in der Haut ab. Je älter wir werden und je mehr Fett sich dort anlagert, desto sichtbarer zeigt sich in der Regel der Orangenhaut-Effekt.

Was Sie gegen Cellulite tun können und ob der Beauty-Doc helfen kann, erfahren Sie auf Seite 2.

Was Sie gegen Cellulite tun können: Ernährung, Fitness und Massagen

Weil sich Cellulite im Körperinneren bildet, macht es Sinn, die Massnahmen auch darauf auszurichten. So gilt Bewegungsmangel und Übergewicht bzw. ein relativ hoher Fettanteil im Körper als einer der Hauptkatalysatoren von Cellulite, neben der unterschiedlich stark ausgeprägten Veranlagung. Als Königsweg die Cellulite in Grenzen zu halten, gilt deshalb eine fettarme, gesunde Ernährung sowie regelmässiger Sport, der Kalorien verbrennt und unsere Muskeln an Bauch, Beinen und Po definiert (z.B. Laufen, Schwimmen, Rad fahren oder gezielte Workouts).

Die Stiftung Warentest rät zudem die Durchblutung anzuregen. Helfen können zum Beispiel regelmässige Warm-Kalt-Wechselduschen oder Cellulite-Massagen mit einer Bürste. Oft wird auch vergessen, dass Zigaretten und Alkohol die Durchblutung und das Bindegewebe schwächen können.

Weil die Durchblutung einen wichtigen Einfluss auf die Ausprägung von Cellulite hat, sieht die Dermatologin Tatjana Pavicic von der Universität München zusätzlich durchaus Chancen für Anti-Cellulite-Kosmetika, die Koffein enthalten. Koffein könne Fett schmelzen lassen und Erscheinungen von Cellulite mindern. Jedoch gelte dies nur für zweiprozentige Koffeincreme, weil sie in Liposomen verpackt tatsächlich in das Fettgewebe gelange.

Wer sicher sein will, dass seine Koffein-Creme zweiprozentig ist, sollte sich in der Apotheke erkundigen, rät Pavicic. Zudem gebe es durchaus Studien, die eine positive Wirkung gegen Cellulite für das Vitamin A1 (Retinol) bestätigen. Bei allen Massnahmen, ob Ernährung, Sport, Massagen oder Koffeincreme ist allerdings Durchhaltevermögen gefragt, wenn eine dauerhafte Wirkung erzielt werden will.

Cellulite von der Forschung vernachlässigt

Allen Pflegeprodukten gegen die Cellulite abzuschwören, hält die Dermatologin für verfrüht. Zwar sind kaum Produkte auf dem Markt, die einen nachweisbaren Effekt auf Cellulite haben, dass sei jedoch nicht in erster Linie eine Frage der Möglichkeit, sondern der Forschung. Unabhängige Forschungsinstitute vernachlässigten ästhetische Fragen des Hautbilds nachwievor. Laut dem Spiegel existiere Cellulite in der medizinischen Fachliteratur gar nicht.

In der Folge obliegt die Cellulite-Forschung der Beauty-Industrie, die mit dem komplexen Ursachen (Bindegewebschwäche, Durchblutungsstörungen, Hormone, die Dicke der Haut und Wassereinlagerungen) schlicht überfordert sei und auch aus ökonomischen Gesichtspunkten kein allzu grosses Interesse an fundierten Langzeit-Studien habe. Um eine Pflegeprodukt mit «erwiesener Wirksamkeit» auf den Markt zu bringen, genügt es, wenn sich etwa 30 Probandinnen subjektiv positiv zum Testprodukt äussern.

Auch ein weiteres Problem, der wirkungslosen Cellulite-Behandlung ist hausgemacht. Denn tatsächlich, soll es Inhaltsstoffe geben, die das fehlende Kollagen im Bindegewebe wieder rückbilden können. Diese sind auch schon in vielen Cremes enthalten, ob Anti-Aging oder Anti-Cellulite, sie bleiben allerdings als Creme auf der Haut und gelangen nicht in die Regionen, die für das Nachlassen der Hautfestigkeit verantwortlich sind. Vermutet wird, dass sich gerade die Kosmetikindustrie gegen weitere Forschung und Entwicklung wehrt, weil ein Pflegeprodukt, dass in tiefere Hautschichten eindringen kann, keines mehr ist, sondern ein Medikament, das nur in Apotheken verkauft werden darf.

Hilft der Beauty-Doc? Fettabsaugung und andere Cellulite-Therapien

Weil die oberflächliche Behandlung von Cellulite nicht wirkt, lassen viele Frauen das Cremen gleich sein und erhoffen sich Abhilfe vom Beautysalon oder Schönheitschirurg. Laut den letzten bekannten Zahlen von 2007, entfielen von insgesamt 6 Milliarden Umsatz der Anti-Cellulite-Industrie allein fünf auf Fettabsaugungen, Laserbehandlungen oder endermologische Massagen. Die Kosten für solche Cellulite-Behandlungen sind hoch. Für eine einmalige endermologische Laserbehandlung muss man mindestens 100 Franken rechnen, eine Fettabsaugung kostet zwischen 1500 und 2000 Franken.

Wenn es hilft, ist es vielleicht das Geld wert? Doch das ist in Fachkreisen mehr als umstritten. Weder für die endermologische Massage noch für die Laserbehandlung, gibt es derzeit genügend Studien, die eine Wirksamkeit bestätigen. Insbesondere von der Fettabsaugung gegen Cellulite sei abzuraten, sie schade unter Umständen mehr als sie nütze, bilanziert die Stiftung Warentest.

Sparen wir uns also lieber das Geld und verwenden wir unsere Energie lieber auf Fitness und eine gesunde Ernährung sowie das wichtigste von allem: eine gesunde Einstellung zu uns selbst. Die ist übrigens kein Phantom, sondern gut 40 Jahre her. Wie die Brigitte  in einem Frühlingsheft von 2007 erforschte, gab es bis in die 70er Jahre Cellulite als Problem nämlich gar nicht. Erst die Vermarktung der ersten Anti-Cellulite-Mittels 1970 setzte uns den Floh ins Ohr, unsere Haut müsse ewig glatt und straff bleiben. Noch 1962 galt das erste Bond-Girl Ursula Andress als eine der schönsten Frauen der Welt. Und was sehen wir an ihren Schenkeln, als sie aus dem Wasser kommt? Genau, eine schöne Frau mit ganz normalen Makeln.

Bild: iStock

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