Frauen, die uns inspirieren«Es war in meiner Kindheit nie cool, afrikanisch zu sein.»

Sexismus ist auch in der DJ-Szene kein Fremdwort. Wir haben uns mit DJ Juba darüber unterhalten. Mit ihrem Podcast will sie handeln und aktiv etwas an diesen Problemen ändern.

DJ Juba im Interview über ihren neuen Podcast «ASSURANCE».

Jubas Assurance Podcast: Das Wichtigste in Kürze:

  • Juba begann mit einer Dokumentation über DJs im globalen Süden, der Podcast «Assurance» ist eine Fortsetzung davon
  • Sexismus in der Musikszene: Da Buchungen und Veranstaltungen hauptsächlich von Männern kontrolliert werden, können Frauen in manchen Räumen der Szene keinen Fuss fassen
  • Den Podcast hörst du hier 
  • DJ Juba ist Teil der #shareherpower Kampagne von Zalando und adidas, mit dem Ziel, das Bewusstsein für Frauenrechte zu schärfen

Ein lauter Beat, ein DJ-Pult, bunte Neon- und Strobolichter und tanzende Menschen. Dieses Bild hat man vor Augen, wenn man an die DJ-Szene denkt. Doch wie sieht die Person am DJ-Pult in unserem Gedankenexperiment aus? Ist es eine Frau?

Vermutlich nicht, denn wir stellen uns das vor, was wir kennen und gesehen haben. In der DJ-Szene sind Frauen, wie in vielen Bereichen, unterrepräsentiert – vor allem weibliche DJs aus dem globalen Süden. Auf dieses Problem macht DJ Juba mit ihrem Podcast «Assurance» aufmerksam. Wir haben uns mit ihr über die Szene, ihre Geschichte und ihre Vision unterhalten.

Du bist DJ mit nigerianischen Wurzeln und lebst in Berlin. Wie kamst du zu diesem Beruf?

Das kam eher durch Zufall. Ich habe Geschichte und Spanisch an der Uni studiert und wollte eigentlich Journalistin werden. Nach meinem Abschluss war es jedoch schwer, einen Job zu finden. Das hat mich ziemlich deprimiert. Nach zwei Jahren hatte ich es satt, mich so down zu fühlen. Ich beschloss, mich auf die Dinge zu konzentrieren, die mich glücklich machen.

Und was macht dich glücklich?

Ich habe schon immer gerne getanzt und an der Uni Partys organisiert. So kam ich auf die Idee, mich als DJ auszuprobieren. Am Anfang lernte ich aus Spass, Sets aufzulegen. Jetzt, fast 5 Jahre später, bin in DJ und wohne (ganz dem Stereotyp entsprechend) in Berlin.

Musik ist also ein grosser Teil deines Lebens. Was bedeutet sie dir?

Mit Musik kannst du sehr viel über die Kultur und Gesellschaft der Leute lernen. Die Musik und der Tanzraum können auch politisch sein. Viele unterdrückte Menschen benutzen Musik, um sich auszudrücken. Aber es ist auch Spass, Genuss, Gemeinschaft und Flucht. Für mich ist Musik ein Werkzeug zur Selbstdarstellung sowie Geschichte und Identität.

Du ermutigst andere Kreative aus dem globalen Süden dazu, ihre Geschichte zu teilen. Was ist deine?

Aufgewachsen bin ich in Essex. Vor meinem Umzug nach Berlin habe ich ein Gap Year in Ecuador und Argentinien gemacht. Das war für mich prägend, denn ich konnte mich immer für die Gesellschaft und Kultur begeistern. Ich studierte Geschichte, weil mich historisch kulturelle Ausdrucksformen sehr interessieren – das setze ich heute auch als DJ fort.

Es war in meiner Kindheit nie cool, afrikanisch zu sein.

Zu meiner Geschichte gehören aber auch meine nigerianischen Wurzeln. Es war in meiner Kindheit in England nie cool, afrikanisch zu sein. Schwarze Leute wurden mehr anerkannt, wenn sie aus der Karibik oder den Vereinigten Staaten stammen. Leute aus Nigeria, Ghana oder Uganda genossen keinerlei Anerkennung.

Nicht-Afrikaner denken immer noch, Afrika sei ein einziges Land. Sie verbinden es mit Krieg, Armut, Oxfam, Namen, die man nicht aussprechen kann und starken Akzenten. Die Realität sieht anders aus. Afrika ist ein riesengrosser und vielfältiger Kontinent mit vielen verschiedenen Ländern und Kulturen

Wie äussert sich die Geschichte und deine Erfahrung in deiner Musik?

2007 kam ein neuer Afrobeats Sound aus Nigeria und Ghana, der anders als der Afrobeat aus den 60ern und 70ern war. Tolle Stimmen wie die der nigerianischen Künstler P Square, D'Banj, Wizkid. Sie gaben uns afrikanischen Kindern, die in der Diaspora lebten, ein neues Bild von Afrika. Eines, auf das wir stolz sein konnten. 

Den Podcast von DJ Juba könnt ihr auf Spotify oder auf ihrer Seite hören.

Der Podcast von Juba wird sechs Folgen umfassen.

Meine ersten Schritte als DJ habe ich mit eben solchen Afrobeats gemacht. Ich war verliebt in diese Stimme und den neuen Tanz, der mit den Songs verbunden war. Als ich mit dem Auflegen begann, spielte ich fast nur Afrobeats aus Nigeria und Ghana. Jetzt hat sich mein Musikgeschmack erweitert und ich spiele elektronische Musik aus Ländern wie Angola (Kuduro), Südafrika (Gqom, Afrohouse und Amapiano) sowie aus Grossbritannien.

Wie ist deine Verbindung zu deinem Herkunftsland?

Für viele afrikanische Kinder in der Diaspora war das Aufkommen des neuen Afrobeat-Sounds das erste Mal, dass sie eine wirkliche Verbindung mit ihren Herkunftsländern fühlten. Ich persönlich war als Kind viel in Nigeria gewesen und stolz auf meine Wurzeln. Aber diese Musik hat meine Verbindung noch verstärkt.

Was ist die Vision deines Podcasts Assurance?

Weibliche DJs aus der ganzen Welt kämpfen gegen Sexismus in dieser Industrie, doch normalerweise konzentrieren wir uns auf Frauen aus der nördlichen Hemisphäre. Mein Fokus liegt auf dem globalen Süden, denn diese Stimmen werden in der Diskussion oft ignoriert. Somit ist der Podcast ein Projekt aus Leidenschaft.

Du gibst weiblichen DJs eine Stimme in deinem Podcast. Was willst du damit bewirken?

Ich hoffe, dass die Zuhörer*innen durch meinen Podcast etwas Neues über Länder lernen, die ihrer Aufmerksamkeit entgehen und sie davon inspiriert werden. Für mich ist es wichtig, nicht nur zu reden, sondern zu handeln.

Erfahrene DJs geben Leuten, die auch auflegen möchten, praktische Tipps und sie geben einen «Shout-out» für Kollektive, Leute und Gruppen, damit deren Arbeit eine bessere Repräsentation erfährt. So kann dieser Podcast hoffentlich auch den Leuten, die bereits in der Szene tätig sind, die verdiente Aufmerksamkeit geben.

Sexismus in der DJ-Szene ist ein Thema deines Podcasts. Welche Hindernisse haben Frauen als DJ konkret?

Da gibt es verschiedene Nuancen und nicht nur ein Problem. Meiner Meinung nach besteht ein grosses Problem bei den «Gatekeepers», also bei den Personen, die Buchungen und Veranstaltungsorte kontrollieren. Die sind überwiegend männlich.

Dadurch fällt es Frauen schwer, in bestimmten Räumen überhaupt Fuss zu fassen. Es führt auch dazu, dass sich viele Frauen aus Bereichen der Musikindustrie ausgeschlossen fühlen und dass es sehr männlich dominiert bleibt, insbesondere in den Positionen der Entscheidungsträger.

DJ Juba will mit ihrem Podcast auf die DJ-Szene im globalen Süden aufmerksam machen.

DJ Juba will mit ihrem Podcast auf die DJ-Szene im globalen Süden aufmerksam machen.

Als Teil der #shareherpower Kampagne schärfst du das Bewusstsein für Frauenrechte. Was ist dir bei der Zusammenarbeit wichtig?

Ich will, dass wir einander zuhören und dass wir zusammenarbeiten, um eine echte und gute Veränderung zu bewirken. Ich glaube, dass wir immer etwas von anderen Leuten lernen können. Deshalb finde ich es auch wichtig, dass wir eine Kultur schaffen, in der wir frei und offen Kenntnisse und Perspektiven teilen können.

Was ist dein Tipp für junge Kreative, die sich nicht trauen ihren Traum zu verwirklichen?

Mein Motto lautet: «Wer nicht wagt, der nicht gewinnt». Ich verliere nichts, wenn ich es versuche – ich kann nur verlieren, wenn ich mich von meinen Zweifeln zurückhalten lasse. Vom Scheitern kann man viel lernen.

Du wärst überrascht von deinen eigenen Fortschritten, wenn du dich deinem Ziel verpflichtest. Ich bin ein Fan davon, anderen meine neuen Ideen und Pläne zu erzählen. Oft kennen sich die Leute aus und geben mir Tipps oder sie kennen jemanden, der mir weiterhelfen kann. 

Welche Rolle spielte dein Netzwerk, als du DJ geworden bist?

Ich erzählte erst einer Freundin davon, sie hat mich dann mit DJ Mina zusammengebracht, die zu dieser Zeit Frauen das Auflegen beibringen wollte. Mein Ziel in Zukunft ist es, selbst zu produzieren. Auch das habe ich einer Freundin erzählt, die mir einen Producer-Kurs für Anfänger geschickt hat.

Vielleicht wären mir diese Gelegenheiten entgangen, wenn ich nicht über meine Absichten gesprochen hätte und ich wäre nie DJ Juba geworden. Und in Zukunft Produzentin Juba.

Titelbild: zvg 

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